Ölmarkt Opec kürzt Ölförderung sogar mehr als versprochen

Die Opec setzt ihre Kürzungsquote zu mehr als 100 Prozent um. Was lange als undenkbar galt, wird nun möglich. Das Problem: Diese Nachricht allein kann den Ölpreis kaum mehr bewegen. Die Marktteilnehmer erwarten Größeres.

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Seit Januar haben die Opec und elf weitere Nicht-Opec-Staaten ihre Förderung reduziert. Nun wird über eine Verlängerung des Abkommens gerungen. Quelle: dpa

Frankfurt Seit Monaten verfolgt die Organisation erdölexportierender Länder (Opec) ein Ziel: Sie möchte ihre geplante Förderkürzung zu 100 Prozent erfüllen. So richtig glauben wollten Marktbeobachter das aber nicht, weil frühere Kürzungsabkommen scheiterten. Doch derzeit geschieht offenbar das Undenkbare: Laut Daten von Bloomberg übererfüllt die Opec ihr Kürzungsversprechen bereits, setzt es zu 102 Prozent um.

Die Ölpreise steigen am Mittwochmorgen: Die Nordseesorte Brent etwa verteuert sich um 28 Cent auf 50,74 Dollar je Barrel. Allein: Als großer Sprung kann das nicht gewertet werden. Vor zwei Wochen kostete Öl noch 56 Dollar.

Denn die Opec wird Opfer ihrer eigenen Politik. Zwar kürzt das Ölkartell jetzt mehr als versprochen. Den Ölpreis bewegt das aber kaum noch. Denn der Markt wartet schon auf den nächsten großen Schnitt: Die Verlängerung des bis Ende Juni begrenzten Förderabkommens. Darüber wurde zwar schon viel spekuliert und die Marktteilnehmer preisen den Schritt zum Teil schon ein. Doch noch ist das nicht beschlossene Sache.

Am 25. Mai soll darüber auf dem nächsten offiziellen Treffen des Ölkartells diskutiert werden. Die Erwartungen sind hoch, schließlich hat der saudische Ölminister Khalid Al-Falih Ende April erklärt, dass sich einige Ölproduzenten bereits auf eine Verlängerung der Förderkürzung über Juni hinaus einig wären. Wie viele Länder und welche dies genau sind, erwähnte Al-Falih aber nicht.

Grundsätzlich sei eine Verlängerung aber nötig, räumte vor einigen Tagen auch der Saudi ein: „Obwohl die Kürzung zu einem hohen Level umgesetzt wird, haben wir unser Ziel noch nicht erreicht. Dieses ist, die Öllager auf den Fünf-Jahres-Durchschnitt zu reduzieren.“

Davon ist das Kartell aber noch weit entfernt. Zwar seien die Lagerbestände der OECD, also der wichtigsten Industriestaaten, im Februar leicht gesunken. Doch die Internationale Energieagentur, die die Interessen der größten Ölabnehmerländer vertritt, berichtete jüngst, dass die Lager mit 330 Millionen Barrel noch immer deutlich über dem Fünf-Jahres-Durchschnitt gefüllt sind.


Wird die Förderkürzung nicht verlängert, droht ein Preiseinbruch

Geht es nach den größten Produzenten, wird es nun tunlichst Zeit, dies zu ändern. Kaum anders ist das Vorpreschen Al-Falihs zu erklären. Seine Verkündung einer Vorab-Einigung erhöhte den Druck auf all jene Opec-Mitglieder, die sich noch nicht bereit erklärt haben, über den Juni hinaus zu kürzen. Das von Bürgerkrieg zerrüttete Libyen etwa, das von der aktuellen Kürzung ausgenommen wurde, dürfte abermals um eine Ausnahme bitten. Der Iran erklärte bereits, mehr Öl fördern zu wollen – wohl aber mehr aus verhandlungstaktischen Gründen. Denn das Land fördert heute knapp unter vier Millionen Barrel täglich schon an der Obergrenze seiner derzeitigen Möglichkeiten.

Zudem bleibt eine Teilnahme des wichtigsten Nicht-Opec-Mitglieds an der Kürzung, Russland, nach wie vor ungewiss. Aus Moskau fehlt bislang eine klare Stellungnahme, ob und inwieweit auch weiterhin die Ölproduktion gekürzt wird.

Für die meisten dürften die drohenden Konsequenzen einer Nicht-Einigung allerdings schwerer wiegen als weitere Einschnitte auf dem aktuellen Niveau. Einer Umfrage des Wall Street Journals unter Analysten zufolge könnte der Ölpreis im Falle einer Nicht-Verlängerung wieder unter 40 Dollar fallen. Den Mitgliedsländern des Ölkartells, in deren Budgets beim letzten starken Fall schon Milliarden gefehlt haben, dürfte daran gelegen sein, dies abzuwenden.

Ohnehin gab es von der IEA zuletzt eher motivierende Aussagen: Denn ihnen zufolge zeigen die Kürzungen zwar langsam, aber doch erkennbar Wirkungen. Würden die Kürzungen verlängert, würde sich die Lager rascher leeren, was wiederum die Preise stütze, erklärten die Experten in ihrem jüngsten Monatsreport.

Das käme zwar auch den US-Schieferölproduzenten zugute, die schon jetzt verstärkt an den Markt zurückkommen. Diese Konkurrenz wird die Opec aber nicht wieder los. Damit muss das Kartell leben. Zumindest hat sie den Umgang mit ihnen im Vergleich zum letzten Mal, als die zusätzliche amerikanische Ölförderung den Ölpreis zwischen Juni 2014 und Anfang 2016 von mehr als 110 auf unter 30 Dollar einbrechen ließ, offenbar doch einiges gelernt. Denn wenngleich die Opec ihr Hauptziel noch nicht erreich hat. Eines hat sie geschafft: Die Preise zu stabilisieren. Seit vier Monaten liegt die Bandbreite nun schon zwischen 50 und 55 Dollar und schwankt wesentlich weniger als zuvor.

Nach Ermessen der IEA aus ihrem jüngsten Monatsbericht dürfe nach der im März abgeschlossenen ersten Halbzeit des Kürzungsabkommens debattiert werden, dass das Überangebot allmählich beseitigt sei. „Vor uns liegt eine interessante zweite Halbzeit.“

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