Ölpreis auf Vierjahrestief Drei Gründe für das billige Öl

Lange kannte der Ölpreis nur eine Richtung: nach oben. Nun ist er mit etwas mehr als 80 Dollar auf dem tiefsten Stand seit November 2010. Die Gründe sind vielfältig.

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Ölpreis im Sinkflug: Wird Tanken jetzt billiger?

Geht es um die Entwicklung des Ölpreises, scheint derzeit wenig sicher. Glaubten viele Experten bis vor kurzem, dass der Preis in Zukunft nur noch eine Richtung kennen würde, nämlich nach oben, so passiert gerade das Gegenteil. Der Wert des Erdöls sinkt - und zwar rapide. Seit Juni ist der Preis für ein Barrel (rund 160 Liter) um rund 20 Prozent abgesackt, gerade kratzt er an der 80-Dollar-Marke. Seit 2010 war der Rohstoff nicht mehr günstiger.

Die Frage ist: Was hat zu dem Preissturz geführt? Die Antwort ist einfach:

  1. Ein weltweit schwaches Wirtschaftswachstum,
  2. der Ölboom in den USA,
  3. und neuerdings die Weigerung der Verantwortlichen in Saudi Arabien, die bisherigen hohen Ölpreise zu stützen. Denn statt die Produktion zurückzufahren und so das Angebot zu verknappen, hält Saudi Arabien an seinen hohen Förderraten fest, die als Reaktion auf die vielen Krisen in den islamischen Ländern während des arabischen Frühlings hochgefahren wurden.

Das Ergebnis: Auf dem Markt ist derzeit zu viel Öl. Auch die Golfstaaten wie Kuwait machen aktuell keine Anzeichen, ihre Produktion zurückzufahren.

Warum die Scheichs in Saudi Arabien so handeln, darüber spekulieren Experten. Manche meinen, dass sie in einen Preiskampf mit den Amerikanern eintreten wollen, um die Schieferöl-Förderung unrentabel zu machen. Andere wiederum glauben, dass sie durch billigeres Öl der Weltwirtschaft einen Schub geben möchten, um es später wieder teurer verkaufen zu können.

Preiskampf mit USA wird scheitern

Dass die Kalkulation aufgeht, die USA trocken zu legen und dem dortigen Ölboom die Finanzmittel abzuschnüren, glaubt Ed Morse nicht. Er leitet die Rohstoffabteilung bei den Analysten der Citi-Group. Er schreibt in der Financial Times: "Die Ölproduzenten in den USA werden sich als zäher herausstellen, als viele denken." Viele von ihnen würden ohnehin erst ab einem Ölpreis von weit unter 75 Dollar pro Barrel Verluste schreiben, glaubt Morse.

Die Amerikaner in einen Preiskampf zu zwingen, wird also kaum gelingen. Vor allem, weil die Erdölförderer im Nahen Osten selbst auf hohe Ölpreise angewiesen sind. Saudi Arabien braucht nach Schätzungen des Internationalen Währungsfonds einen Ölpreis von rund 90 Dollar, um seine Ausgaben zu finanzieren. 90 Prozent der Einnahmen des Landes kommen aus dem Rohstoffverkauf.

Die Frage ist nun: Sind die sinkenden Ölpreise ein langfristiger Trend? Derzeit signalisieren die Verantwortlichen in Saudi Arabien, dass sie niedrige Preise eine Zeit lang durchhalten wollen und können. Die Kassen jedenfalls sind gut gefüllt. Das Land verfügt über genug Geld auf seinen Konten, um drei Jahre vollständig auf Einnahmen aus dem Ölgeschäft verzichten zu können.

Dass Erdöl vorerst vergleichsweise günstig bleibt, dafür sprechen auch die Vorhersagen der Internationalen Energieagentur (IEA) in Paris. Erst vor wenigen Tagen haben die Experten ihre Nachfrageprognosen nach unten korrigiert. Vor einigen Monaten waren sie noch davon ausgegangen, dass die Ölnachfrage in diesem Jahr insgesamt um 900.000 Barrel pro Tag steigt, also rund ein Prozent der Gesamtförderung. Jetzt geht sie nur noch von einem Wachstum um 650.000 Barrel aus.

Die Frage ist, ob das Öl mit rund 80 Dollar pro Barrel schon günstig genug ist, um diesen Trend umzukehren und die Nachfrage wieder anzukurbeln? Wenn nicht, werden die Preise weiter sinken.

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