Ölpreis und Opec Wie lange wirkt der alte Trick des Ölkartells?

Der Ölpreis fällt und die Opec spricht wieder einmal über ein informelles Treffen ihrer Mitglieder. Die Ankündigung soll den Preisfall stoppen. Doch der Glaubwürdigkeit des Ölkartells hilft das nicht.

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Der katarische Energieminister und Opec-Präsident sucht Stabilität am Ölmarkt. Quelle: Reuters

Frankfurt Die Opec hat es schon wieder getan. Mit der Ankündigung eines informellen Treffens hat sie am Montag erneut am Markt eingegriffen, um den jüngsten Fall der Ölpreise zu stoppen. Ende September, so erklärt der Präsident des Ölkartells Mohammed Saleh Al Sada, werden die Mitgliedsstaaten zu informellen Gesprächen zusammentreffen. Das Kalkül dahinter lässt sich schnell durchschauen: Die Opec will den jüngsten Fall des Ölpreises stoppen und die Einnahmen seiner Mitglieder stabilisieren.

Doch das Manöver ist nicht neu. Für den Moment aber zeigt der alte Trick Wirkung. Der Preis für die Nordseesorte Brent stieg seit Freitag um drei Prozent auf über 45 Dollar je Barrel (159 Liter). Das nordamerikanische Leichtöl legte auf knapp 43,40 Dollar zu.

Doch die Wirkung der Verbalintervention könnte schnell verpuffen. Sie ist in ihrer Absicht weniger konkret als vorherige Versuche, Ort und Zeit des Treffens keine Überraschung. Der Glaubwürdigkeit der Opec dürfte dies nicht gerade helfen. Aber eins nach dem anderen.

Was ist passiert? Noch Anfang Juni schien es, als ob sich der Rohstoff von seinem seit Mitte 2014 anhaltenden Fall endlich erholt hätte. Das Zwölf-Jahres-Tief aus dem Februar hatte sich mit Preisen über 50 Dollar im Eiltempo verdoppelt. Zuletzt aber ging es wieder rapide bergab. Der Preis für die nordamerikanische Sorte WTI fiel am zwischenzeitlich sogar unter 40 Dollar. Analysten wie jene von der amerikanischen Großbank Morgan Stanley prophezeiten gar Preisniveaus um die 35 Dollar in Reichweite. Hegefonds wetten derzeit so stark wie seit 2006 nicht mehr auf den Fall des Ölpreises, wie aus Daten der Commodity Futures Trading Commission hervorgeht, die unter anderem den Rohstoffhandel reguliert.

Also gegensteuern, bevor noch Schlimmeres passiert, dachte sich nun wohl die Opec. Denn die Konsequenzen sind fatal. Wie fatal, lässt sich am jüngsten Beispiel Kuwait ablesen: Wegen des niedrigen Ölpreises hat das Emirat erstmals seit 16 Jahren ein Haushaltsdefizit bilanziert. Im Haushaltsjahr 2015/16 (endete am 31. März) machte Kuwait 4,6 Milliarden Dollar Miese. Die Staatseinnahmen stammen zu neun Zehnteln aus dem Ölexport. Doch genau dessen Einnahmen brachen um die Hälfte ein. Als Hilfsmaßnahme kündigte Kuwaits Finanzminister vor kurzem an, dass das Emirat bis zu zehn Milliarden Dollar über Anleihen auf dem internationalen Markt einnehmen will.

Selbst für den größten Ölproduzenten der Opec, Saudi-Arabien, sieht es nicht besser aus. Das Königreich plant ebenfalls Geld über Schuldverschreibungen im Ausland einzunehmen. Ein Teil seines mächtigen staatlichen Ölkonzerns soll an die Börse gebracht werden, was wiederum Geld in die Haushaltskassen spülen soll. Venezuela steht wegen des gefallenen Ölpreises vor dem Ruin.


„Leeres Gerede“

In Anbetracht der finanziellen Sorgen seiner Mitglieder verwundert es nicht, dass die Opec versucht zumindest verbal am Ölmarkt zu intervenieren. Im Moment deutet jedoch wenig daraufhin, dass dem Treffen Ende September aber tatsächlich Taten folgen. Dafür sprechen schon die Wahl des Termins und die Formulierung des Opec-Präsidenten.

„Die meisten relevanten Marktteilnehmer dürften sowieso beim ministeriellen Treffen des Internationalen Energieforums in Algerien Ende September zusammenkommen“, kommentieren die Analysten der Commerzbank. Nach den gescheiterten Verhandlungen über eine Einfrierung der Fördermengen im April sowie im Juni, blieb Opec-Präsident Al Sada in seiner Wortwahl vorsichtiger. Die Opec arbeite ständig daran, „Stabilität und Ordnung am Ölmarkt wiederherzustellen“, wird Al Sada vom Wall Street Journal zitiert.

Russland sieht indes keinen akuten Handlungsbedarf. Der russische Energieminister Alexander Nowak erklärte sich zwar zu weiteren Gesprächen bereit, falls der Preis weiter fallen sollte. Das Wörtchen „falls“ ist an dieser Stelle allerdings das entscheidende Wort. Eine Vorbereitung zur Krisensitzung klingt anders.

„Letztendlich dürften die Gespräche nur leeres Gerede und die OPEC bei ihrer Politik der Verteidigung der Marktanteile bleiben“, schlussfolgert auch die Commerzbank. Denn das Ölkartell war in den vergangenen Monaten alles andere als untätig. Mit 33,4 Millionen Barrel förderte die Opec im Juli so viel wie noch nie. Allein Saudi-Arabien pumpt fast ein Drittel davon und baut mit rabattierten Preisen für seine asiatischen Kunden Druck im Markt auf. Das kommt nicht von ungefähr. Nachdem die Sanktionen des Westens gegen den Iran Anfang 2016 weitgehend aufgehoben wurden, will das Land seine Förderung wieder auf das alte Niveau vor der Bestrafung heben, also über vier Millionen Barrel (159 Liter) täglich. Seit Jahresbeginn wurde die Produktion bereits um mehr als ein Viertel auf 3,6 Millionen Barrel täglich gesteigert.

Nicht nur, weil bisherige Gespräche über eine mögliche Produktionsgrenze gescheitert sind und das neuerliche Treffen ausgerechnet zum wohl wichtigsten Energieministertreff ausgerufen wurde - auch der Zeitpunkt just zu einem Förderrekord des Kartells dürfte der Glaubwürdigkeit der Opec eher schaden als helfen.

Der alte Trick, die Preise durch verbale Intervention zu beeinflussen mag vorerst gewirkt zu haben. Die Frage ist nur, wie lang.

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