Opec Die Öl-Wette läuft

In einer Woche will sich das Ölkartell auf eine Förderkürzung einigen. Was Experten wochenlang ausgeschlossen hatten, wird nun zum realistischen Szenario. Die Preise steigen. Dabei sind die Auswirkungen mehr als fraglich.

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Der katarische Öl-Minister und amtierende Opec-Präsident hat die Förderkürzung am 28. September in Algier verkündet. Quelle: AP

Frankfurt Es soll der Anfang aus der Misere sein, ein „Weg nach vorn“, wie es der amtierende Opec-Präsident Mohammed Saleh Al Sada am 28. September in Algier ankündigte. Das Ölkartell wolle seine Produktion künftig um knapp 800.000 auf täglich 32,5 bis 33 Millionen Barrel drosseln.

Die Nachricht schlug ein. Nach zwei missglückten Versuchen im Jahr 2016 hatte kaum noch einer damit gerechnet. Und auch danach war die Zahl jener Opec-Optimisten eher überschaubar. Zu zerstritten sei das Kartell, allen voran die beiden größten Mitglieder Saudi-Arabien und Iran. Das Unterfangen sei unrealistisch.

Knapp acht Wochen später sieht das Meinungsbild ganz anders aus. Ein Abkommen gilt jetzt als wahrscheinlich. Der Ölpreis steigt wieder. Verbraucher müssen deshalb aber nicht in Panikkäufe verfallen. Mittelfristig ist nicht mit stark steigenden Preisen zu rechnen.

Dabei ließe ein Blick rein auf den Preischart zunächst anderes vermuten. Seit Anfang der vergangenen Woche hat sich ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent wieder um fünf Dollar auf knapp 49 Dollar verteuert. Schuld sind die Spekulationen über die Kürzungen der Opec. Die Investmentbank Goldman Sachs etwa nimmt ein Abkommen bereits als Basis-Szenario an, wie Analysten in einer Untersuchung schreiben.

Doch auch wenn dann die Preise kurz stark nach oben schnellen sollten, dürfte sich der Aufwärtstrend im Zaum halten. „Eine bahnbrechende Einigung auf Produktionseinschränkungen ist von der Opec-Sitzung nicht zu erwarten. Der Ölmarkt dürfte auch nach der Opec-Sitzung noch für einige Zeit überversorgt bleiben, zumal die US-Ölproduktion schon bald wieder steigen wird“, erklären die Rohstoff-Analysten der Commerzbank.

Womit wir bei der Frage wären: Was bringt es eigentlich, wenn die Opec kürzt? Rein an den Zahlen gemessen nicht viel. Ohnehin fördert die Opec derzeit auf Rekordniveau. Drosselt das Ölkartell seine Produktion wie geplant um 800.000 Barrel, entspricht das einem Anteil von 2,4 Prozent seiner Förderung. Zum Vergleich: 2008 oder 1983 kürzte das Kartell jeweils um mehr als zwölf Prozent. Und bezieht man den aktuellen Plan auf die globale Produktion, schrumpft der Anteil sogar auf 0,8 Prozent zusammen. Viel mehr als einen psychologischen Effekt wird das Vorhaben am Ende wohl nicht erreichen.


Wer der wahre Gewinner der Opec-Kürzung ist

Die Opec ist sich dessen sicher bewusst. Nicht umsonst buhlt sie um die Unterstützung anderer wichtiger Ölstaaten wie Russland, das übrigens selbst auf Rekordniveau fördert. Die Äußerungen Russlands waren in den vergangenen Wochen widersprüchlich. Experten rechnen derzeit allenfalls mit einem Einfrieren auf dem aktuellen russischen Förderniveau.

Auf Unterstützung aus den USA braucht die Opec indes nicht zu warten. Im Gegenteil: Die Schieferöl-Produzenten dürften die großen Gewinner steigender Preise sein. „Der Ölpreis wird sich kaum über 55 Dollar etablieren können, da die globalen Produzenten, allen voran die USA, dann zurück an den Markt drängen“, schreiben die Goldman-Analysten. Ausgerechnet die Schieferöl-Produzenten. Erst ihr Boom hatte den Fall des Ölpreises von 110 auf 27 Dollar zwischen 2014 und Januar 2016 ausgelöst. Genügend Material für weiteren Preisdruck haben die Amerikaner zudem: Erst vor wenigen Tagen wurde in Texas mit dem „Wolfcamp“ das größte Ölfeld der US-Geschichte entdeckt. Das ist mit 20 Milliarden Barrel Öl reich gefüllt. Aktueller Marktwert? Eine Billion Dollar.

Zwar könnte der Preis für die Nordseeölsorte Brent Anfang 2017 auf mehr als 56 Dollar steigen, er werde bis Ende des Jahres aber wieder um fünf Dollar fallen, glauben die Analysten. Und das liegt nicht nur an den Schieferöl-Unternehmen. Zudem belaste der starke Dollar den Preis. Verteuert sich die US-Währung gegenüber anderen Währungen, verteuern sich für deren Länder zugleich die Ölimporte. Schließlich wird Öl überwiegend in Dollar gehandelt.

Und nicht zuletzt ist Goldman zufolge eine Kürzung – so sie denn kommt – nur von kurzer Dauer. Bereits im nächsten Jahr könnte das Ölkartell wieder mehr Öl pumpen. Klingt unlogisch, ist es eigentlich aber nicht: In der zweiten Hälfte 2017 rechnet die Opec damit, dass die Nachfrage am Ölmarkt das Angebot übersteigt. Die stabilisierende Kraft des Kartells bräuchte der Preis dann nicht mehr. Der „Weg nach vorn“ ebnet sich dann von ganz allein.

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