Parfüm-Aktien Mit dem Duft von Dividende

Zum Fest ein feiner Duft: Parfüms sind beliebte Weihnachtsgeschenke. Dabei stammt oft aus dem Chemielabor, was nach Natur duftet. Anleger, die auf das Parfümgeschäft setzen wollen, brauchen den richtigen Riecher.

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Vom Duft des Geldes: Parfüm-Aktien. Quelle: Getty Images

Mit ihrem Fingernagel ritzt sie die Schale der Frucht an, die für diesen Moment mehr als 8600 Kilometer nach Deutschland geflogen ist. Sofort strömt aus dem Riss der Duft von grünem Thai-Curry: frisch wie eine Limette, weniger süßlich, aber würziger. Jeder, der einmal versucht hat, ein Curry ohne eine entsprechende Fertigpaste zu kochen, wird sofort daran erinnert, dass genau diese Zutat fehlte: eine Kaffir-Limette. Suthathip Thedvichienchai hat die Zitrusfrucht, die bis auf ihre tiefen Furchen einer Limette ähnelt, aus ihrer Heimat Thailand nach Holzminden einfliegen lassen. Die 29-Jährige absolviert dort ihre Parfümeurs-Ausbildung bei Symrise, dem MDax-Konzern, der Düfte und Aromen herstellt. Aus der Kaffir-Limette destilliert Thedvichienchai ein Öl, mit dem sie einen neuen Duft komponieren möchte.

Rund 5000 Rohstoffe können Parfümeure für Düfte einsetzen: von natürlichen Produkten wie Orangenöl oder Sandelholzöl bis zu chemischen Aromastoffen, deren Namen wie Iso E Super eher an Tankstelle als an Drogerie erinnern.

Der Duftmarkt ist heiß umkämpft, weltweit setzen Konzerne jährlich 51 Milliarden Euro mit Parfüms und Kosmetik um, zeigen Schätzungen von Bain und Altagamma. Deutsche Parfümerien machen ein Fünftel ihrer Umsätze in der Zeit vor Weihnachten.

Elf Parfüm-Aktien, die nach Rendite riechen

Nur: Prominente Namensgeber für ein Parfüm wie Lady Gaga oder James Bond ziehen als Verkaufsargument nicht mehr. „Es gibt zu viele austauschbare Düfte, die zu stark beworben werden“, sagt Frank Schnitzler, der in Düsseldorf als Berater für die Parfüm- und Kosmetikindustrie arbeitet. Kunden suchen Qualität: über individuelle Düfte mit natürlichen Inhaltsstoffen. Weil die ätherischen Öle für Parfüms aber Kilopreise erreichen können, die dem von Gold entsprechen, und sie den Bedarf teilweise gar nicht decken können, ist die Branche auf synthetische Duftstoffe angewiesen. Die Folge: Parfüm, das wie frisch vom Lavendelfeld geerntet duftet, stammt aus den Labors der Chemiekonzerne.

Was hinter dem Label steckt

Bis 2020 soll insbesondere der Absatz von Luxusdüften um 4,4 Prozent pro Jahr zulegen, zeigen Daten von Euromonitor. Kunden aus Asien kompensieren den stagnierenden Absatz in den Kernmärkten USA und Europa. Um sie mit neuen Duftkreationen zu bedienen, leisten sich nur wenige Luxushäuser wie Hermès eigene Parfümeure. Weltweit gibt es überhaupt nur rund 600 Parfümeure – und die meisten von ihnen arbeiten in globalen Chemiekonzernen: IFF und Symrise beschäftigen etwa jeweils zehn Prozent der Parfümeure.

Der Mittelständler Heinz-Glas produziert in deutscher Dorfidylle für die Größen der Parfümindustrie. Vor-Ort-Einblicke in die Produktion.

So sind an der Produktion eines neuen Duftes meist mehrere Parteien beteiligt: das Unternehmen, das unter seinem Label einen Duft auf den Markt bringen möchte, ein Unternehmen, das diesen Duft vermarktet, und ein Unternehmen, das den Duft komponiert und herstellt. Der Weg zum fertigen Parfüm liest sich dann so: Meisterparfümeur Carlos Benaïm arbeitet beim Dufthersteller IFF und entwickelt dort im Auftrag von Armani das Parfüm Code, das anschließend von L’Oréal vermarktet wird.

Wo viele ihre Nase reinstecken, dauert die Entwicklung schon mal ein Jahr. Herstellungspreis und Verkaufspreis können weit auseinander liegen: Der Handel kann ein Parfüm für 100 Euro anbieten, während die Herstellung fünf Euro kostet. Entsprechend verdienen alle Beteiligten, ob Duftkonzern oder Kosmetikvermarkter: Symrise machte mit Duft- und Pflegeprodukten 2015 etwa 41 Prozent seiner Umsätze, verdiente damit aber 46 Prozent des Betriebsertrags. Auch Glashersteller verdienen am Parfümabsatz, denn um sich von der Masse in den Regalen abzusetzen, geht es nicht ohne ausgefallene Flakons.

Düfte für den Massenmarkt

Als letztes Glied in der Kette verdient schließlich noch der Handel, etwa Drogeriemärkte. Denn nicht nur ein Parfüm muss duften, auch Hautcremes, Duschgel, Waschmittel oder Spülmittel. Symrise produziert für Bestellungen seiner Waschmittelkunden Duftkonzentrate von bis zu 35.000 Kilo, die in deckenhohen Tanks zusammengemischt werden. Für die Produktion eines Parfüms genügt ein Konzentrat von 500 bis 1000 Kilo.

Vielleicht schafft es im kommenden Jahr auch Thedvichienchais Duftkomposition in eine der Drogerien. Für ihr Abschlussprojekt an der Parfümerie-Schule von Symrise will sie mit dem Duft der Kaffir-Limette ein Spülmittel kreieren. Selbst Spüli muss auf dem globalen Duftmarkt eine Geschichte erzählen, um aufzufallen: „Die Kaffir-Limette wächst direkt neben dem Haus meiner Eltern, und die Bedeutung der Frucht, die wir in vielen thailändischen Gerichten verwenden, möchte ich jetzt in meinem Projekt wiedergeben“, lautet Thedvichienchais Geschichte.

Ein weiterer Trend: Nach Raumdüften für Unternehmensfilialen und Hotels erhält jetzt das Auto mit Duftnoten eine Wohlfühlatmosphäre. Andreas Baron Freytag von Loringhoven, Gründer Azur Fragrances, hat dazu mit Opel einen Duft für den Astra entwickelt: Aus der Fahrerkonsole strömt der sanfte Geruch von Holz oder grünem Tee. Symrise hat ein ähnliches Modul für Mercedes-Modelle von Daimler entwickelt – vorbei die Zeiten der Duftbäume.

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Von der Natur inspiriert

Während einfache Duftmischungen mit 20 Komponenten auskommen, kann ein Parfüm schnell 100 Stoffe enthalten. „Düfte sind immer ein Mix aus Natur und Synthetik“, sagt Marc vom Ende, Senior-Parfümeur bei Symrise. Verhältnis: etwa ein Drittel Naturstoffe, zwei Drittel synthetisch. Das ist gut für die Chemiekonzerne, die diese Duftstoffe herstellen. „Wenn man hochwertige Öle nimmt und weniger chemische Bestandteile einsetzt, kostet ein Parfüm schnell über 200 Euro“, sagt von Loringhoven. Für viele Kunden zu teuer: So kosteten 43 Prozent der Düfte, die 2014 und 2015 in Frankreich, Großbritannien und den USA auf den Markt kamen, weniger als 40 Euro je Fläschchen, zeigen Daten von Mintel. In einigen Fällen lässt sich der Einsatz von künstlich geschaffenen Duftstoffen gar nicht vermeiden. „Der Duft des Maiglöckchens lässt sich aus den Blüten nicht extrahieren“, sagt vom Ende. Dann dienen Kombinationen aus synthetischen Stoffen als Ersatz.

Einen neuen Duftstoff patentieren

Neben den raren Rohstoffen ist die Entwicklung der synthetischen Duftstoffe auch deshalb nötig, weil natürliche Stoffe Allergien auslösen können. Die Europäische Union reglementiert ihren Einsatz immer stärker. Zudem verflüchtigen sich natürliche Duftstoffe auf der Haut schnell. Auch die Konstanz der Düfte ist mit rein natürlichen Zutaten schwer zu erreichen. Schließlich wollen Kunden, dass ihr Lieblingsparfüm nach Jahren noch gleich duftet.

Senior-Parfümeur Marc vom Ende setzt rund 1500 Rohstoffe für seine Duftkompositionen ein. Darunter auch geschützte Moleküle, die Symrise entwickelt hat und zunächst exklusiv als Duftstoff anbietet. Neue Moleküle, die bislang in der Natur nicht identifiziert wurden, lassen sich per Patent schützen. Pro Jahr entwickelt Symrise zwei bis drei solcher Moleküle. Die Kosten dafür: etwa eine Million Euro pro Molekül.

Preise-für-die-teuersten-Parfümrohstoffe

Die Welt der künstlichen Düfte kennt keine Grenzen: So arbeitet vom Ende gerade mit dem Künstler Mike Bouchet zusammen an einer Ausstellung zum Thema Geld. Den Ausstellungsraum der New Yorker Marlborough Chelsea Gallery soll ein unverwechselbarer Geruch erfüllen: der Duft des Geldes. Ledrig also? Oder muffig?

Egal. Der Duft des Geldes, er gefällt Anlegern. Unsere Analyse zeigt, wo sie auf mehr als ihre Kosten kommen. Duftkonzerne setzen vor allem auf Übernahmen, um zu wachsen.

  • Givaudan ist mit 19 Prozent Marktanteil der führende Hersteller für Duft- und Geschmacksstoffe. Für Anleger ist der Schweizer Chemiekonzern eine sichere Bank: 2015 schüttete Givaudan 78 Prozent seiner Nettogewinne von 590 Millionen Euro an Aktionäre aus. Bis 2020 wollen die Schweizer ihren Umsatz von heute 4,1 Milliarden Euro im Schnitt um vier bis fünf Prozent erhöhen.
  • IFF schüttete für 2015 zwar nur 39 Prozent der Gewinne an Aktionäre aus, diese Spanne soll bis 2020 aber auf 50 bis 60 Prozent steigen. Nach Givaudan und dem Privatunternehmen Firmenich ist IFF der drittgrößte Dufthersteller, vor Symrise auf Platz vier. Mit Zukäufen will IFF bis 2020 seinen Umsatz von zuletzt 2,7 Milliarden Euro um 500 Millionen bis eine Milliarde ausbauen.
  • L’Oréal verdient als größter Kosmetikkonzern der Welt an knapp neun Prozent der weltweiten Parfümverkäufe. Der Konzern ist fast schuldenfrei und schüttet seit 2013 immer gut 50 Prozent der Gewinne an Aktionäre als Dividende aus. Wie alle Duftkonkurrenten setzt auch L’Oréal auf Zukäufe – übernahm im Sommer den Luxusparfüm-Hersteller Atelier Cologne. Die Franzosen wollen bis 2020 eine Milliarde neue Kunden weltweit gewinnen – in Onlineshops, mit Herren als neuer Kundengruppe und größerem Absatz in Schwellenländern.
Nach der überraschenden Anhebung des Gewinnziels haben sich Anleger am Donnerstag mit Aktien von Beiersdorf eingedeckt.
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