Prognose von Sal. Oppenheim Gute Stimmung an Finanzmärkten weicht der Unsicherheit

Die Vorzeichen für 2017 standen an den Finanzmärkten nicht schlecht. Vor allem mit der Hoffnung auf neue Konjunkturprogramme sind die Anleger ins Jahr gestartet. Doch das Enttäuschungspotenzial ist groß.

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An den Aktienmärkten dürften in den nächsten Monaten größere Schwankungen drohen. Quelle: dpa

Frankfurt Die gute Stimmung an den Finanzmärkten der letzten Wochen ist verflogen. Mit dem neuen US-Präsidenten Donald Trump hatten die Anleger auf einen kräftigen Anschub für die globale Konjunktur gehofft. Denn im Wahlkampf hat der Republikaner Steuersenkungen und Infrastrukturprogramme versprochen. Doch seit seiner Amtseinführung am vergangenen Freitag macht er vor allem eine Drohungen wahr – und setzt erst einmal voll auf Protektionismus.

Die Unsicherheit der Investoren ist nun groß, was die politischen Entwicklungen nicht nur in den USA, sondern auch in Europa für die Weltwirtschaft bedeuten. An den Aktienmärkten dürften in den nächsten Monaten größere Schwankungen drohen.

Die US-Wirtschaft hält Martin Moryson, Chefvolkswirt von Sal. Oppenheim grundsätzlich für robust, wie er bei einem Pressegespräch am Dienstag in Frankfurt betonte: „Trump erbt eine gut laufende Volkswirtschaft. Wesentlicher Treiber ist die gute Beschäftigungslage.“

Seit 2010 seien in den USA fast 15 Millionen neue Jobs hinzugekommen, vor allem im Dienstleistungsbereich. 2017 rechnet Moryson mit einem realen Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 2,2 Prozent. Mit Blick auf den soliden Arbeitsmarkts und die zuletzt gestiegenen Inflationserwartungen erwartet er in diesem Jahr drei Zinsanstiege durch die US-Notenbank Fed.

Dennoch macht er sich Sorgen um die Anleger: „Bisher ist die Trump-Politik wohlwollend an den Märkten aufgenommen worden.“ Auch wenn die Volatilität dies momentan nicht widerspiegele, so sei die tatsächliche Unsicherheit hinsichtlich des weiteren wirtschaftspolitischen Kurses sehr hoch.

Vor allem der Protektionismus sei auf dem Vormarsch, er sei Trumps Markenkern. Statt der erhofften Konjunkturprogramme ordnete der neue US-Präsident den Austritt aus dem eben erst verhandelten Freihandelsabkommen mit einigen Pazifik-Staaten (TPP) an. Daneben will er zügig auch die Neuverhandlung des nordamerikanischen Freihandelsabkommens Nafta angehen.

Zugleich meint Moryson, dass die positiven Wirkungen von Konjunkturprogrammen ohnehin überschaubar wären. Steuerentlastungen kämen in erster Linie den Reichen zugute, und Infrastrukturprogramme brächten in Zeiten einer voll ausgelasteten Wirtschaft nicht viel. Maßnahmen in Höhe von ein Prozent des BIP hätten im Mittel einen Wachstumsimpuls von lediglich 0,2 Prozent bis 0,5 Prozent des BIP. Zudem mahnt der Experte, dass die Staatsverschuldung der USA bereits hoch sei.

Insgesamt werde Trump zum Härtetest für die amerikanische Demokratie.


Investitionen bleiben auf niedrigem Niveau

In Europa deuten die Stimmungsindikatoren dagegen „auf eine anhaltende konjunkturelle Belebung“ hin, wie die stellvertretende Leiterin Volkswirtschaft von Sal. Oppenheim, Ulrike Kastens, erklärt. Getragen werde das Wachstum in der Eurozone, das Sal. Oppenheim 2017 auf 1,5 Prozent schätzt, vor allem vom Konsum. Negativ wertet Kastens dagegen, dass die Investitionen noch immer nicht das Niveau von vor der Finanzkrise erreicht haben.

„Die politischen Unsicherheiten in diesem Jahr werden daran wenig ändern“, meint sie - und spielt damit neben Trump vor allem auf die Wahlen in den Niederlanden, Frankreich und Deutschland an. Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) bleibe daher auf expansivem Kurs, obwohl die Notenbank eine leichte Reduzierung der Anleihekäufe angekündigt hat.

Zugleich kritisiert Kastens die ausbleibenden strukturellen Reformen sowie die nach wie vor hohen Staatsschulden in einigen Ländern. Bei einem Zinsanstieg in den nächsten Jahren wäre die Staatsverschuldung vor allem für Italien nicht mehr tragfähig.

Wenig Sorgen machen müssten sich Investoren indes über die Lage in China, ist Sal. Oppenheim-Analystin Katrin Löhken überzeugt: „Durch ihre Konjunkturprogramme haben es die Chinesen geschafft, die Wirtschaftsentwicklung im Vergleich zum Vorjahr zu stabilisieren.“ Gerade zu Anfang des Jahres 2016 wurden die Finanzmärkte wegen einer möglichen Wachstumsschwäche Chinas kräftig durchgeschüttelt.

Es bestehe zwar die Gefahr eines Handelskriegs mit den USA, sagt Löhken. Die Exporte in die USA betragen 18 Prozent der chinesischen Gesamtexporte und stehen für rund 3,7 Prozent des BIP. „Würden die USA Importzölle von 45 Prozent auf alle chinesischen Produkte verhängen, könnte dies die Gesamtexporte Chinas um drei bis fünf Prozent senken.

Die Auswirkungen auf das chinesische BIP hält die Analystin aber für begrenzt. Zudem seien solche drastischen Maßnahmen unrealistisch. Die Experten von Sal-Oppenheim begründen dies mit einem plakativen Beispiel: Etwa 70 Prozent der Schuhe weltweit kämen aus China. Die USA könne die gesamte Produktion nicht sofort ersetzen - und hätte wohl auch kein Interesse daran.

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