Rally bei Hochzinspapieren Anleger greifen zu Junk-Anleihen

Mieses Rating? Hohes Risiko? Egal! Die weltgrößten Fondsgesellschaften gehen davon aus, dass der Run auf Hochzinsanleihen europäischer Firmen anhält. In diesem Jahr soll es Rekordzuflüsse geben – gut für die Unternehmen.

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Heiß begehrt: Anleger greifen vermehrt zu Unternehmensanleihen mit hohen Zinsen, die als sogenannter „Junk“, also Müll oder Ramsch, eingestuft werden. Quelle: dpa

London Die weltgrößten Fondsgesellschaften erwarten, dass der Junkbonds-Boom in Europa anhält. Die Aussicht auf weitere Zinssenkungen und das nachhaltige Interesse an Anlagen mit höheren Renditen werden die Emission von Hochzinsanleihen auf ein Rekordvolumen treiben, heißt es.

Bluebay Asset Management in London rechnet für dieses Jahr mit einem Emissionsvolumen von über 100 Milliarden Dollar (etwa 76 Milliarden Euro) bei Hochzinsanleihen von europäischen Unternehmen, was den Rekord von 2011 mit 70,5 Milliarden Dollar (etwa 54 Milliarden Euro) laut Bloomberg-Daten brechen würde. Die bonitätsschwachen Unternehmen wollen die derzeit günstigen Finanzierungskosten festschreiben.

Pacific Investment Management Co. (Pimco), Legal & General Investment Management und LNG Capital sagen ebenfalls das beste Jahr für Junkbonds-Emissionen voraus – solange sich die Staatsschuldenkrise in der Euro-Region nicht verschärft. „Wenn der Markt so vorteilhaft bleibt wie er jetzt ist und der Trend anhält, dann werden wir dieses Jahr ein Rekordvolumen bei den Emissionen sehen“, sagt Axel Potthof, Hochzins-Portfoliomanager bei Pimco in München. Es gebe noch viele Unternehmen, die sich refinanzieren müssen und dies derzeit zu sehr niedrigen Kosten tun können, da sich die Zinsen auf Rekordtiefs befinden, ergänzte er.

In diesem Jahr haben Unternehmen – nicht eingerechnet sind diejenigen aus dem Finanzsektor – Hochzinsanleihen im Volumen von bislang 38 Milliarden Dollar in Euro, Pfund und Dollar an den Markt gebracht – so viel wie nie zuvor in diesem Zeitraum. Mit 5,6 Prozent rentieren die Papiere nahe an ihren Rekordtiefs. Und während es in den USA offenbar zu einer großen Umschichtung nach dem Motto „Raus aus Festverzinslichen, rein in Aktien“ kommt, bewegt sich das Geld in Europa in die umgekehrte Richtung.

Investoren haben in der vergangenen Woche fast 760 Millionen Euro in europäische Hochzins-Anleihefonds gepumpt – die achte Woche in Folge mit Zuflüssen, wie die Analysten um Ioannis Angelakis bei Merrill Lynch in einer Studie schrieben. Das Anlagevolumen der Fonds sei in diesem Jahr um fast sieben Milliarden Euro gestiegen, im Vergleich zu einem Plus von weniger als 800 Millionen Euro bei Aktienfonds.


Je länger die Rally, desto höher das Risiko

Die Investoren gehen auch höhere Risiken ein, je länger die Rally andauert. So werden Anleihen mit den bonitätsschwächeren Ratings „B“ und „CCC“ gegenüber dem bonitätsstärkeren „BB“-Rating favorisiert, wie die im Vergleich deutlich sinkenden Risikoprämien zeigen.

„Wir tendieren derzeit zu den 'B'-Ratings aber wir haben den gesamten Markt im Blick“, sagt Potthoff. „CCC“ sei viel riskanter, die Ausfallquote viel höher, während „BB“ derzeit mit sehr niedriger Rendite gehandelt werde. „Wenn wir eine beträchtliche Volatilität erwarten würden, wären wir wahrscheinlich bei 'BB' übergewichtet“, fügte er an.

Die Ausfallrate für Hochzinsanleihen in Europa ist in den vergangenen zwölf Monaten (Stichtag 31. März) auf 1,8 Prozent gesunken, nach zwei Prozent zum Ende des vierten Quartals. Das geht aus einem Bericht der Ratingagentur Moody's hervor. Die Kosten für Ausfallversicherungen auf europäische Unternehmensanleihen, die überwiegend ein Junk-Rating haben, sind im März auf ein 20-Monats-Tief bei 402 Basispunkten gefallen, wie der Markit iTraxx Crossover Index auf 50 Unternehmensanleihen zeigt.

Europäische Hochzinsanleihen haben den Investoren im laufenden Jahr 2,4 Prozent eingebracht, im Vorjahreszeitraum waren es sogar neun Prozent. Doch damit haben sie immer noch besser abgeschnitten als Anleihen der Kategorie Investmentgrade, die ein Prozent Rendite erreichen. Zum Vergleich: Mit Aktien des Euro Stoxx 50, in dem die 50 größten Unternehmen des Euroraums gelistet sind, kamen Investoren auf ein Plus von 1,5 Prozent.

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