Howard Marks von Oaktree Capital Group ist es wichtiger, kein Geld mit „Ramsch“- Anleihen zu verlieren, als die Chance auf höhere Erträge zu haben. Damit steht er nicht alleine da: Otto Normalverbraucher schlagen sich zunehmend auf seine Seite.
Investmentfonds-Anleger haben vergangene Woche wieder die Jagd nach qualitativ hochwertigen Unternehmensanleihen aufgenommen. Die Investoren steckten 1,7 Milliarden Dollar (1,3 Milliarden Euro) in solche Papiere, während sie gleichzeitig Mittel aus riskanteren, höher rentierenden Schuldtiteln abzogen.
Diese Risikoaversion inmitten des sechsten Jahres eines quasi Nullzinses der Federal Reserve zeigt, wie wenig Vertrauen die Anleger haben, dass die Rekordimpulse für die Konjunktur durch die Zentralbank in ein rapide beschleunigtes Wachstum münden werden.
Mit anderen Worten: Sie sind Willens, Anleihen zu kaufen, die unter steigenden Zinsen stärker leiden dürften, weil sie lieber einem kreditwürdigeren Schuldner ein Darlehen gewähren als spekulativ eingestufte Anleihen mit Renditen nahe Rekordtiefs zu kaufen.
„Die Frage ist: Worum sollten wir uns heute mehr Sorgen machen, Geld zu verlieren oder eine Gelegenheit zu verpassen?“, fragte Marks, der die Investmentfirma mit Schwerpunkt auf notleidende Firmenschulden mitbegründet hat, in der vergangenen Woche in einem Gespräch mit Stephanie Ruhle und Erik Schatzker von Bloomberg Television. „Ich sehe keine so großartigen Gelegenheiten, dass ich mir Sorgen machen müsste“, diese zu verpassen, fügte er hinzu.
Anleger sorgen sich mehr um Kreditrisiken als um höhere Zinsen
Oaktree, der weltgrößte Investor in notleidende Schuldtitel mit einem verwalteten Anlagekapital von 91 Milliarden Dollar, will informierten Personen zufolge zehn Milliarden Dollar für einen neuen Fonds einsammeln. Geplant sei, an dem Großteil des Kapitals festzuhalten, bis die Märkte den Kurs wechselten, sagten mit dem Vorgang vertraute Personen im September gegenüber Bloomberg News. Demnach sollen drei Milliarden Dollar sofort investierbar sein, während der Rest als Reservepool gehalten wird, falls mehr notleidende Gelegenheiten aufkommen sollten.
Die Investoren in Anlagefonds scheinen generell mit Marks auf einer Linie zu liegen. In diesem Jahr haben sie 72,2 Milliarden Dollar in Anleihen der Güteklasse „Investment Grade“ gepumpt und 14,7 Milliarden Dollar aus Hochzinsanleihen herausgenommen, zeigen von Wells Fargo & Co. zusammengestellte Daten.
Die Renditen hochwertiger und spekulativer Schuldpapiere befinden sich jeweils maximal 0,41 Prozentpunkte von ihren Allzeittiefs entfernt. Dennoch scheinen sich die Anleger mehr um die Kreditrisiken zu sorgen als um die Auswirkungen höherer Zinsen. US-Anleihen erstklassiger Bonität, die Zinsschwankungen gegenüber empfindlicher sind, haben im bisherigen Jahresverlauf einen Ertrag von 6,5 Prozent eingebracht und sich damit besser entwickelt als so genannte „Ramsch“-Anleihen mit einem Plus von 5,3 Prozent, wie die Indexdaten von Bank of America Merrill Lynch belegen.
Die Zentralbanken können zwar die Finanzierungskosten dämpfen. Doch wenn man dem Geld folgt, zeigt sich, dass sie Probleme damit haben, unter einigen Anleihekäufern einen wahren Optimismus zu verbreiten.