Rangliste Welche Analysten etwas taugen - und welche nicht

Die besten Analysen für Dax-Aktien kommen von internationalen Brokern. Bei Nebenwerten dominieren dafür heimische Anbieter. Insgesamt fällt die Bilanz aber ernüchternd aus.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Wertpapierhändler im Frankfurter Börsensaal. Quelle: dapd

Frankfurt Wer in diesen unsicheren Zeiten Erfolg haben will, muss besondere Anforderungen erfüllen. Analysten müssen nicht nur schnell veränderte Bedingungen einordnen und zu einem differenzierten Urteil kommen, sondern sich auch gegen zunehmende Konkurrenz behaupten. So skizziert Raj Shah, Spezialist für die Bewertung von Analystenarbeit beim Finanzdatenanbieter Thomson Reuters Starmine, die aktuellen Herausforderungen der Sparte. Starmine hat ein Ranking der besten Wertpapierhäuser für deutsche Aktien erstellt, das dem Handelsblatt vorliegt.

Bezogen auf alle vier wichtigen Aktienindizes Dax, MDax, SDax und TecDax, schafften es zwei deutsche und ein europäischer Broker am häufigsten in die Listen der zehn Besten. Doch schaut man auf den stark beachteten Standardwerte-Index Dax, sieht man vor allem internationale Namen. Die Analysten der japanischen Investmentbank Nomura gaben in den vergangenen zwölf Monaten die besten Aktienempfehlungen ab, gefolgt vom US-Haus Morgan Stanley. Bei der zweiten Kategorie, den Gewinnschätzungen, sind neun der zehn Häuser internationale Anbieter. Ganz oben steht mit der Frankfurter Mainfirst aber eine lokale Bank. Die Commerzbank, die DZ Bank und Unicredit werden insgesamt am häufigsten erwähnt.

Aktuell zählen nach Einschätzung von Starmine-Experte Shah vor allem zwei Dinge: Die Broker brauchen „robuste Systeme, die die Modelle der Analysten eingehend prüfen und schnell überholte Empfehlungen aussortieren“, sagt er. „Und die Analysten müssen schnell genug reagieren.“ Wegen der stark politisch und weniger durch Firmenfakten bewegten Börsen sei es besonders hart für Analysten, die richtigen Aktienempfehlungen abzugeben, meint Shah. So sei die Zahl der Wertpapierhäuser, die mit ihren Tipps Mehrwert für Anleger schafften, so stark gesunken wie seit fünf Jahren nicht: auf nur noch die Hälfte der knapp 200 Brokerhäuser am deutschen Markt.

Der Anteil der „Kaufen“-Empfehlungen nahm bei allen Brokern leicht zu. Gut die Hälfte der Voten bei globalen Wertpapierhäusern lauteten „Kaufen“, bei heimischen Brokern waren es sogar gut zwei Drittel. Das liegt auch daran, dass viele heimische Broker keine „Neutral“-Voten vergeben, globale Broker aber schon. Der Anteil der „Verkaufen“-Voten blieb konstant bei rund zwölf Prozent.

Das Analysehaus Starmine, untersuchte für das Ranking die Treffsicherheit von Empfehlungen für Aktien aus dem Dax, MDax, SDax und TecDax in den vergangenen zwölf Monaten bis Ende September. Außerdem bewertet die Thomson-Reuters-Tochter die Genauigkeit von Gewinnschätzungen der Analysten.


Commerzbank-Analysten steigen in Topriege auf

Dass sich unter den viel beachteten Dax-Analysten wieder großenteils globale Broker finden, begründet Shah mit starken Systemen, die sich diese meist großen Banken leisten. Als anderen Erfolgsfaktor nennt er die Zusammenarbeit zwischen Ökonomen und Strategen. Zudem haben „internationale Investmentbanken ihr Research für deutsche Aktien zuletzt wieder ausgebaut, nachdem sie zuvor den deutschen Markt teils verlassen hatten“, ergänzt Christoph Dolleschal, Leiter Aktienresearch bei der Commerzbank. Grund: Deutsche Firmen glänzen mit Exporterfolgen, so dass sich große Investoren wieder stärker für deren Aktien interessieren. Globale Häuser beobachten laut Starmine gut zehn Prozent mehr deutsche Aktien als noch vor einigen Jahren, dies aber mit weniger Analysten. Bei lokalen Häusern ist beides eher stabil.

Bei mittelgroßen und kleinen Werten dominieren die heimischen Häuser das Ranking. So gaben im MDax die Analysten der Commerzbank die besten Aktienempfehlungen ab, die Experten der BHF Bank die genauesten Gewinnschätzungen. Starmine-Mann Shah lobt bei den Wertpapierhäusern die lokale Präsenz und tiefe Kenntnis der Industrien und der Märkte. So schauen sich etwa die Analysten von Nomura gerade mal 14 MDax-Aktien an, die DZ Bank dagegen 49 der 50 Titel. Der Mix aus lokaler Präsenz und Marktkenntnis hat der Commerzbank nach Ansicht von Shah dazu verholfen, zu den besten Brokern aufzusteigen. Für besondere Kontinuität im Analystenteam steht zudem die DZ Bank. Beim dritterfolgreichsten Haus, der Unicredit, hebt Shah die Verzahnung des ökonomischen Researchs mit der Aktienanalyse hervor.

Der Wettbewerb unter den Analysehäusern scheint unterdessen härter zu werden. Die Zahl der im Ranking erscheinenden Broker ist gegenüber dem Vorjahr um ein Drittel auf 35 gestiegen. Zudem gibt es viel Bewegung in den Rankings von Jahr zur Jahr. Die Anforderungen an Analysten steigen, „da sie auch die immer wichtigeren Absatzmärkte deutscher Firmen außerhalb von Europa und den USA einschätzen können müssen“, sagt Dolleschal.

Generell schaffen es nur wenige Analysehäuser, dauerhaft in den Bestenlisten zu erscheinen. Auf diese Broker sollten Anleger achten, rät Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Allerdings bildeten Analystenempfehlungen nur einen Puzzlestein für eine Anlageentscheidung, meint er. „Eine Meinung muss sich jeder selbst bilden.“

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%