Ratingagenturen Die Aufsicht brummt Fitch eine Millionen-Strafe auf

So hart hat die europäische Wertpapieraufsicht noch nie durchgegriffen. 1,38 Millionen Euro muss Fitch Ratings wegen Verstößen gegen die Regeln der Aufsicht zahlen. Was genau der Agentur vorgeworfen wird.

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Die Agentur zeigt sich einsichtig und zahlt die Strafe. Quelle: Imago

Frankfurt Die Fälle liegen schon über vier Jahre weit zurück, aber die Klagen haben es in sich: Verbotene Weitergabe von Informationen, Fehler bei simplen internen Kontrollen und ein Verstoß gegen ein einfaches Zeitlimit. Diese Mängel hat die europäische Wertpapieraufsicht Esma bei der Ratingagentur Fitch festgestellt und lässt die Bonitätswächter dafür zahlen. 1,38 Millionen Euro Strafe muss Fitch Ratings zahlen. Ratingagenturen bewerten die Bonität von Schuldnern. Immerhin hat Fitch Ratings die Mängel schon seit längerem abgestellt. Trotzdem: Strafe muss ein.

Erst seit der Finanzkrise haben Aufseher weltweit die Bonitätsprüfer auf den Prüfstand gestellt. Die Regulierung ist damit eine unmittelbare Folge der Finanzkrise. Damals fielen reihenweise schwach verbriefte US-Hypothekenkredite aus, die von den Bonitätsprüfern zuvor sehr gute Ratings bekommen hatten.

Fitch gehört hinter Standard & Poor’s und Moody’s zu den großen Ratingagenturen, die sich den Markt mehr oder weniger als Oligopol teilen. In den USA zum Beispiel überwacht die Börsenaufsicht SEC die Ratingagenturen seit September 2007, in der Europäischen Union greift die Regulierung seit 2009. Der Esma unterstehen die Agenturen seit gut fünf Jahren.

Es ist erst das zweite Mal, dass die Aufsicht eine Ratingagentur zur Kasse bittet – vor gut einem Jahr musste die kleine kanadische Agentur DBRS 30.000 Euro an die Wertpapieraufsicht zahlen. Damals ging es um unvollständige oder gar nicht eingereichte Protokolle zu Ratingentscheidungen und die mangelhafte Überwachung von Regeln und Prozessen. Die Vorwürfe gegen Fitch sind schwerer – allerdings auch nicht so dramatisch wie es auf den ersten Blick scheint. Konkret geht es um drei Vergehen, für die es jeweils gesonderte Strafen gibt.

Zum einen hatten diverse Analysten für europäische Staatenratings zwischen Dezember 2010 und Juni 2012 Informationen über anstehende Ratingänderungen an hochrangige Mitarbeiter des Fimalac weitergeleitet. Die französische Finanzholding war damals noch Mehrheitseigner von Fitch Ratings. Seit 2015 gehört Fitch zu 80 Prozent der US-Mediengruppe Hearst, Fimalac hat einen Anteil von noch 20 Prozent. Die Esma fand ab Sommer 2011 E-Mails, in denen Fitch-Analysten anstehende Ratingänderungen bei Griechenland, Frankreich, Irland, Italien, Portugal und Spanien – und damit Insider-Informationen – weitergaben.

Ende 2011 – inmitten in der durch Griechenland ausgelösten Euro-Krise – hatten S&P, Moody’s und Fitch haufenweise die Bonität von Staaten der Euro-Zone herabgestuft und dafür viel Kritik einstecken müssen. Keiner der Verstöße habe aber etwas mit dem Ergebnis der Ratings zu tun, betonte Fitch Ratings in einer Stellungnahme zu den Vorwürfen. Für diesen Verstoß muss Fitch 495.000 Euro zahlen.

Zum zweiten wussten Mitarbeiter von Fitch Ratings laut Esma zwischen Juni 2011 und Februar 2011 nicht genügend über eine einfache Regel Bescheid: Wenn die Agenturen ein Rating erstellt haben, mussten sie dem Schuldner bis zum Jahr 2013 zwölf Stunden Zeit geben, um darauf zu reagieren. Die teilweise Unkenntnis darüber wertet die Esma als Verstoß gegen interne Kontrollen und ahndet ihn mit 825.000 Euro.


Einsicht wirkt strafmildernd

Drittens verstießen die Mitarbeiter konkret in einem Fall gegen die Zwölf-Stunden-Regel. Das kostet Fitch jetzt 60.000 Euro. Am 26. Januar 2012 informierten die zuständigen Analysten von Fitch Slowenien darüber, dass eine Herabstufung der Bonität bevorstehe, nannten dafür aber keinerlei Gründe. Die gab es erst einen Tag später am 27. Januar. Ab diesem Zeitpunkt hätten die slowenische Regierung zwölf Stunden Zeit zur Reaktion haben müssen.

Nach drei Stunden veröffentlichte aber Fitch eine Meldung, nach der gleich sechs Länder herabgestuft wurden: Neben Slowenien waren dies Belgien, Zypern, Irland, Italien, und Spanien. Sloweniens Bonität wurde damals um eine Stufe auf „A“ gesenkt, was immer noch einer guten Bonität entsprach. Später gab es weitere – auch formal korrekte - Herabstufungen.

Inzwischen bewertet Fitch das Land mit „BBB+“, was einer mittleren Bonität entspricht. Immerhin ist der Ausblick positiv. Seit Anfang 2014 müssen die europäischen Länder sogar 24 Stunden vorab über anstehende Ratingänderungen informiert werden. Dazu kommt: Die Agenturen müssen auf ein Jahr im voraus bekannt geben, wann sie Ratings der europäischen Staaten überprüfen. Publiziert werden dürfen die Berichte nur freitags – entweder bis eine Stunde vor Eröffnung des Handels in Europa oder erst spät nach dem europäischen Börsenschluss.

Immerhin zeigt sich die Ratingagentur einsichtig. Die Fehler seien passiert, aber inzwischen abgestellt worden. Man sei froh, die Sache jetzt abgeschlossen zu haben, heißt es in einer Stellungnahme. Auch die Esma bescheinigte Fitch bereits eine Besserung. Die Agentur habe bereits seit längerem Maßnahmen freiwillige Maßnahmen ergriffen, um die Mängel zu beheben. Das wirkte sich bei allen drei Verstößen nach Angaben der Wertpapieraufsicht strafmindernd aus.

Für die Strafen gibt es Basisbeträge, die aber auch vom Umsatz der betroffenen Agenturen in dem Jahr abhängen, in dem die Verstöße begangen wurden. Der Basissatz für einen Verstoß gegen die 2011 noch geltende Zwölf-Stunden-Regel beträgt nach Angaben einer Esma-Sprecherin zum Beispiel 100.000 Euro – Fitch 60.000 Euro. Auch insgesamt ist die Strafe von 1,39 Millionen Euro für die Agentur nicht sonderlich problematisch. Im vergangenen Jahr verdiente die Fitch Group rund 200 Millionen Dollar und damit 40.000 Dollar mehr als 2014.

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