Regulierung virtueller Währungen US-Börsenaufsicht warnt Krypto-Investoren

Die Börsenaufsicht SEC warnt die Anbieter sogenannter ICOs: Die US-Wertpapiergesetze könnten auch die Finanzierungsrunden der Kryptowährungs-Szene betreffen. Die Zeit des staatlichen Wegschauens ist damit vorbei.

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Die Börsenaufsicht hat die Regulierung des Digitalwährungs-Marktes angepackt. Quelle: Reuters

Düsseldorf Die US-Behörden nehmen sich den bisher weitgehend unregulierten Markt für Kryptowährungen vor. In einer am Dienstag veröffentlichten Mitteilung erklärt die Börsenaufsicht SEC, bestimmte sogenannte Tokens, eine digitale Anlageform, seien Wertpapiere gewesen. Damit fallen sie unter die Aufsichtshoheit der Washingtoner Behörde. Auf die Anbieter von ICOs kommen damit neue Pflichten zu.

ICO steht für „Initial Coin Offering“, eine analog zum Börsengang, dem IPO („Initial Public Offering“), gebildete Abkürzung. Der Begriff aus der Digitalwährungs-Szene wird für unterschiedliche Arten von Finanzierungsrunden gebraucht. Verkauft werden dabei nicht Aktienanteile eines neu gegründeten Unternehmen. Vielmehr geht es oft um das Investment in eine neue Digitalwährung, deren Anteile für Bitcoins oder Ethereum gekauft werden können. Zum Teil stellen die bei einem ICO verkauften Tokens auch lediglich das Versprechen dar, an zukünftigen Produkten oder Gewinnen des Anbieters beteiligt zu werden. Im Kern schenken die Investoren dem Anbieter also Geld in der Hoffnung auf eine zukünftige Belohnung.

Viele Start-ups, die den Weg einer ICO-Finanzierungsrunde wählen, bieten nicht viel mehr an als ein Geschäftskonzept, ein sogenanntes Whitepaper. Ein fertiges Produkt – sei es eine neue Kryptowährung, eine neue Handelsplattform oder eine andere Dienstleistung – gibt es in den meisten Fällen noch gar nicht. Je früher die Nutzer einsteigen, desto mehr Tokens erhalten sie für ihr Geld. Mit den Tokens kommen die Investoren im besten Fall, wenn das Geschäftskonzept aufgeht, billiger an die neue Kryptowährung, oder kaufen günstiger auf dem neuen Marktplatz ein. Im schlechtesten Fall sind die Tokens wertlos, ist das investierte Geld weg. Immer öfter fälschen auch Betrüger Geschäftskonzepte, um an Investorengeld zu gelangen, das direkt in die eigene Tasche umgeleitet wird: eine als „Scam“ bekannte Masche.

Die Börsenaufsicht will nun offenbar nicht weiter vom Rand aus zusehen. In ihrer Mitteilung stellt die SEC klar: „Virtuelle Münzen oder Tokens können Wertpapiere sein und den Bundes-Wertpapiergesetzen unterliegen. Die föderalen Wertpapiergesetze enthalten Offenlegungsanforderungen und andere wichtige Schutzmaßnahmen für Investoren.“ Die SEC weist auf den Straftatbestand des Investmentbetrugs hin. Neue Technologien könnten dafür eingesetzt werden, „um Investmentsysteme aufzubauen, die nicht mit den Bundes-Wertpapiergesetzen übereinstimmen könnten.“ Das stellt eine klare Warnung an die Anbieter von IPO-Finanzierungsrunden dar, dass sie in Zukunft mit einer Überprüfung durch die Aufsicht zu rechnen haben.

Die SEC hat erstmals einen Tokens-Verkauf auf Herzen und Nieren geprüft, denjenigen des Start-up „The DAO“. Das Ergebnis? Es habe sich um den Verkauf von Wertpapieren gehandelt. Gemäß den Regeln der SEC hätte das Angebot damit der Aufsicht angezeigt werden müssen, auch hätten Vorabinformationen für Investoren veröffentlicht werden müssen. Die SEC stellt klar, dass sie in diesem Fall keine Anklage erheben wird, mit der Veröffentlichung aber die Branche und die Marktteilnehmer sensibilisieren wolle. „Investoren brauchen die wesentlichen Fakten hinter jeder Investitionsmöglichkeit, so dass sie vollständig informierte Entscheidungen treffen können“, sagt SEC-Direktor William Hinman. Die Offenlegungsvorschriften betreffen damit künftig auch den Markt rund um die neue Blockchain-Technik.

„Die SEC untersucht die Auswirkungen von innovativen Technologien und ermutigt die Marktteilnehmer, auf uns zuzukommen“, stellt SEC-Chef Jay Clayton dar. „Wir bemühen uns, innovative und nützliche Wege zur Kapitalbeschaffung zu fördern und dabei in erster Linie zu gewährleisten, dass Investoren und unsere Märkte geschützt bleiben.“

In den Kryptowährungs-Foren und auf Twitter wird die Mitteilung lebhaft diskutiert. Einige Nutzer sehen darin einen großen Vorteil für etablierte Anbieter und Währungen. „Das sind tatsächlich großartige Nachrichten für den Bitcoin!“, schreibt ein Nutzer. Diese könnten durch eine strengere Regulierung gegenüber neuen Produkten aufgewertet werden, das Vertrauen der Anleger in die Platzhirsche dürfte steigen.

Es gibt jedoch auch Kritik am Schritt der SEC. So wird der Behörde vorgeworfen, durch das Gleichsetzen von Tokens mit klassischen Wertpapieren Äpfeln mit Birnen zu vergleichen. „Als nächstes wird die SEC Donuts zu Wertpapieren erklären, einfach so, ,Weil wir es können'“, lautete ein Kommentar. „Bringt eure Anteile an [der Café-Kette] Dunkin Donuts in Sicherheit.“

ICOs sind in der Kryptowährungs-Szene deshalb so beliebt, weil zahlreiche Spekulanten hoffen, durch den möglichst frühzeitigen Einstieg bei einem neuen Produkt das große Geld zu machen. Im Netz kursieren Berichte wie der über einen australischen Fitnesstrainer namens Jordan Travers, der aus einem 2.000-Dollar-Investment in Ethereum binnen weniger Jahre aufgrund des Kursanstiegs der Internetwährung eine Million Dollar gemacht haben will. Gleichzeitig gibt es immer mehr Fälle von geprellten Anlegern, die Geld an betrügerische Anbieter oder im Zuge von Kursabstürzen verloren haben.

Mit dem Eingreifen der Aufsichtsbehörden könnte die Zeit des Wilden Westens auf dem Kryptowährungs-Markt langsam enden. Erst Anfang der Woche hatte die US-Derivateaufsicht CFTC eine Genehmigung für Absicherungsgeschäfte mit der virtuellen Währung erteilt, und sie damit erstmals anerkannt. Mit dem jüngsten Schritt packt nun auch die bisher eher zögerlich agierende Schwesterbehörde SEC die Regulierung des Marktes an.

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