Rekordbörsen Dax im 10.000-Punkte-Hype - viel Lärm um nichts?

Seite 3/3

EZB warnt vor sich selbst

Die besten Hauptversammlungs-Anekdoten
Verschlusskappen von Berentzen Apfelkorn-Flaschen Quelle: dpa
Markenbindung Berentzen ist längst nicht das einzige Unternehmen, welches sich auf Hauptversammlungen großzügig gibt. Je kleiner die Konzerne, desto eher versuchen sie, Aktionäre durch ein ansprechendes Rahmenprogramm an die eigene Marke zu binden. Stolz tragen Aktionäre die ausgehändigten Geschenktüten nach Hause. Bekannt für ausgefallene Aktionärs-Give-Aways ist auch das Erotikunternehmen Beate Uhse. Die Knüller der vergangenen Jahre waren unter anderem String Tangas und ein Sex-Kartenspiel. Quelle: dpa/dpaweb
Eine Geschenktüte von Douglas Quelle: dpa
Warren Buffett Quelle: REUTERS
Kartoffelsalat Quelle: Blumenbüro Holland/dpa/gms
Kulinarischer Aktionärsführer"Zom Fressa gern" – zum Fressen gern. So lautete der Titel eines kleinen Büchleins der Schwäbischen Bank in Stuttgart. Es war ein Gastroführer für Aktionäre, der genau darüber informierte, auf welcher HV es das beste Essen gab. Den Unternehmen gefiel das nicht, sie wollten lieber mit dem gestiegenen Ebit werben als mit ihrem vorzüglichen Kalbsbraten. Deshalb musste die Schwäbische Bank den Gastroführer leider einstellen. Quelle: AP
Ticket für den Tarifbereich AB in Berlin Quelle: ZBSP

Während Analysten von einem Crash nichts wissen wollen, ließ sich die EZB selber zu einer Warnung hinreißen. Es bestehe die "Möglichkeit eines scharfen und ungeordneten Abbaus der jüngsten Kapitalflüsse", schreibt die Zentralbank in ihrem am Mittwoch veröffentlichten Bericht zur Stabilität der Finanzmärkte. Schuld sei die Suche der Investoren nach Rendite. Die EZB als Verursacherin dieses Trends liefert also die Warnung gleich mit.

Tatsächlich dürften Anleger in den kommenden Wochen mit mehr Schwankungen an den Börsen rechnen müssen. Gut möglich, dass bei Überschreiten der 10.000-Punkte-Marke einige Anleger Gewinne mitnehmen und es dadurch zu Volatilitäten kommt.

Auch generell dürften die Kurse in den nächsten Wochen stärker schwanken, das bedingt schon allein der traditionell etwas schwächere Sommerhandel. Viele Börsianer haben Urlaub, größere Trades fallen aufgrund des geringeren Handelsvolumens stärker ins Gewicht.

Chancen und Risiken der Dax-30 (Teil 1)

Für vorsichtigere Anleger spricht selbstverständlich einiges dafür, Gewinne mitzunehmen. Dabei sollte allerdings auf den Dividendentermin geachtet werden. Denn viele Konzerne haben in diesen Wochen ihre Hauptversammlung, am Tag danach wird in der Regel die Prämie an die Aktionäre überwiesen. Diese sollten sich Ausstiegswillige natürlich nicht entgehen lassen.

Zwar sind die Versammlungen im Dax soweit durch, in anderen Indizes wie dem Euro Stoxx 50 stehen aber noch Aktionärstreffen aus.

Kein optimaler Einstieg

Höchststände sind keine optimale Gelegenheit für den Einstieg, im Gegenteil: Zyklische Anleger sagen zu dem Zeitpunkt schon wieder auf Wiedersehen. In diesem Fall ist ein baldiger Crash zwar unwahrscheinlich. Dennoch sollten Käufer selektiv vorgehen.

Bei der Auswahl spielen unter anderem die Bewertungen eine Rolle, welche im Laufe der Rally kontinuierlich gestiegen sind. Die Zeit der Schnäppchen ist vorbei.

Dennoch finden sich noch günstig bewertete Papiere, wie eine Allianz mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 9,1 für das laufende Jahr oder Aktien von VW, bei denen nur knapp das Neunfache des Gewinns für eine Aktie fällig ist.

Chancen und Risiken der Dax-30 (Teil 2)

Insgesamt kommt der Dax aktuell auf ein KGV von rund 18. Der 30-jährige Durchschnitt liegt bei 19, der Index ist also gerade durchschnittlich bewertet und auf der Schwelle, leicht teuer zu werden. Verglichen mit den Bewertungen zu bisherigen Blasenzeiten ist das noch kein Anlass zur Sorge. "Die 10.000 Punkte beim Dax stellen keine spekulative Übertreibung dar", meint Jörg Krämer. Das könne man nicht mit der Blase 1999/2000 vergleichen. "Heute bieten die höheren Unternehmensgewinne eine solidere Basis für den Kursrekord."

Ein mittelfristiges Risiko sieht Krämer allerdings - wenn die Fed im Herbst ihre Anleihekäufe einstellt und es zu Spekulationen über höhere US-Leitzinsen kommen könnte. Aber: "Für Anleger könnten das gute Einstiegsmöglichkeiten sein", sagt Krämer. 

Richtig gefährlich wird es erst, wenn die Börse aufgrund der neuen Rekordmarken wieder zum Gesprächsthema an jedem Esstisch wird und Anleger nur aufgrund des Höchststandes meinen, auf den Börsenzug aufspringen zu müssen. Allerdings haben viele eine Lehre aus ihren Erfahrungen mit der Dotcom-Blase gezogen und halten sich seitdem vom Parkett fern. Die Rückkehr zu einer Volks-Börse gilt als unwahrscheinlich.

Letztlich ist der Rekordmarken-Hype viel Lärm um nichts. Vermutlich wird der Dax so weitermachen wie bisher, vermutlich eben nur etwas langsamer als zuvor.

Von Blase oder Crash kann allerdings noch nicht die Rede sein.

Der Autorin auf Twitter folgen:

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%