Repo-Markt Das Frühwarnsystem der Finanzwelt zeigt Stress an

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"Too big to fail"

Für größere Verwerfungen am Kreditmarkt ist heute kein Unfall à la Lehman mehr nötig. Unter Umständen reichte schon ein Zinsanstieg oder eine Ausweitung der Credit Spreads, also ein höherer Renditezuschlag für risikobehaftete Anleihen, sagt Manish Kapoor vom New Yorker Hedgefonds West Wheelock Capital. Kapoor war bis zum Schluss Mitarbeiter von Lehman und hat den Untergang des einstigen Traditionshauses hautnah miterlebt.

Neben Banken wären heute auch die Hedgefonds von einem Run auf den Repo-Markt betroffen. Dort sollen sie sich geschätzt mehr als 1000 Milliarden Dollar an Fremdgeldern besorgt haben. Seit der von der Federal Reserve Bank of New York organisierten Rettung von LTCM im September 1998 gilt für große Hedgefonds ebenfalls, dass es zu riskant wäre, sie pleitegehen zu lassen („Too big to fail“).

Feiner Unterschied: Damals reichten 3,6 Milliarden Dollar, um die Wall Street von der LTCM-Pleite abzuschirmen. Heute aber steckt ungleich mehr Geld in Hedgefonds: Anfang der Neunziger verwaltete die Branche Vermögenswerte von 40 Milliarden Dollar, heute dürften es über 2600 Milliarden Dollar sein.

2007, im Jahr vor dem Lehman-Crash, erreichte der Kreditboom seinen Höhepunkt, als immer wahnwitzigere Finanzinnovationen zur Schuldenfinanzierung auf den Markt kamen. Das wurde damals von den meisten Anlegern nicht zur Kenntnis genommen. So ist es auch heute wieder.

Der jüngste Kurseinbruch von Junk-Bonds, also Anleihen von bonitätsschwachen Unternehmen, ist durchaus vergleichbar mit den Problemen, in die zwei von der Investmentbank Bear Stearns aufgelegte „High Grade“-Kredit-Hedgefonds im Juni 2007 geraten waren. Auch dort spielte die fehlende Liquidität eine entscheidende Rolle. Die beiden Fonds konnten sich nicht mehr refinanzieren, um ihre Positionen aufrechtzuerhalten. Am 31. Juli 2007 beantragten die Fonds Gläubigerschutz. Bear Stearns landete im Mai 2008 unter dem Dach von JP Morgan und entging nur so demselben Schicksal, wie es Lehman wenige Monate später ereilte.

Schwer verkäufliche Bonds

Investoren müssen sich nur daran erinnern, dass riskante Wertpapiere auch ein Risiko tragen, dann sorgen Verkäufe automatisch für weitere Verkäufe. Die Rekordabflüsse aus Junk-Bonds in den vergangenen Wochen deuten darauf hin, dass dieser Prozess bereits angelaufen sein könnte. Für einige Anleihen gibt es kaum noch einen Markt. Es kann hier jederzeit zu einer Panik kommen, die schnell auf andere spekulative Segmente des Kreditmarktes übergreifen kann – etwa auf verbriefte Subprime-Autokredite.

Wie Immobilienkäufe vor der Finanzkrise werden in den USA heute Autokäufe im Schnitt zu mehr als 100 Prozent auf Pump finanziert, sprich: Die alte Karre ist noch nicht abbezahlt, da steht die neue schon vor der Tür. Die Bonität vieler Kreditnehmer ist bedenklich schlecht. Banken halten rund ein Drittel des auf 250 Milliarden Dollar geschätzten Marktvolumens. Die US-Aufsicht Office of the Comptroller of the Currency hat die Banken bereits vor den Risiken der Autokredite gewarnt.

Dass sich die Aufsichtsbehörde für das US-Bankensystem überhaupt damit beschäftigen muss, scheint erstaunlich. Hierzulande reicht ein Blick in die Gebrauchtwagen-Statistik des ADAC, und schon wird klar: Ein neues Auto verliert automatisch und rasch an Wert. Sobald das Nummernschild angeschraubt ist, sind 10 bis 20 Prozent der Kaufsumme futsch. Als 100-Prozent-Sicherheit für einen Kredit ist ein Auto ungeeignet – mag der Crashtest auch noch so gut ausgefallen sein.

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