Riedls Dax-Radar

Abwärtstrend an der Börse bleibt intakt

Die Angst vor der Zinswende ist verflogen, das hilft den Kursen. Doch vorbei ist deshalb die Baisse noch nicht. Die jüngst Erholung ist bestenfalls eine Bärenmarktrally.

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Die Zitterpartie an den Märkten ist keineswegs schon vorbei. Quelle: REUTERS

Die amerikanische Wirtschaft hat in den vergangenen Monaten spürbar an Kraft verloren. Die Gründe dafür sind, wie abzusehen war, der stabile Dollar und der schwache Ölpreis. International tätige Unternehmen haben das schon lange gemerkt, jetzt zeigt es sich auch in der Gesamtwirtschaft, die zuletzt nur noch mit einer Jahresrate von 0,7 Prozent gewachsen ist.

Die Zweite schwere Belastung der US-Wirtschaft ist der niedrige Ölpreis. Durch den Boom im Schiefergestein, der wesentlich zum Verfall des Ölpreises seit Mitte 2014 beigetragen hat, sind die USA ein Rohstoffland geworden. Und das führte nicht einfach nur zur bequemen Unabhängigkeit von Lieferungen aus arabischen und afrikanischen Ländern, sondern zu einer neuen Abhängigkeit von den Märkten.

Was Analysten für das Anlagejahr 2016 erwarten
Deutsche Bank Quelle: REUTERS
Deka BankDie Fondsspezialisten der Sparkassen erwarten, dass der Goldpreis im kommenden Jahr deutlich unter die kritische Marke von 1000 Dollar fallen wird. S&P 500: 2000 Punkte Nikkei: 17000 Punkte Gold: 960 Dollar Öl: 57 Dollar Euro/Dollar: 1 Dollar Bundesanleihen 10 Jahre: 1 Prozent US-Treasury Rendite 10 Jahre: 2,9 Prozent Quelle: dpa
PostbankIm Gegensatz zur Deka Bank ist die Postbank beim Goldpreis etwas optimistischer. Ein möglicher Impuls kommt von der Schmucknachfrage, da die Konjunktur in Indien zuletzt deutlich besser lief als erwartet. S&P 500: 2250 Punkte Nikkei: 21750 Punkte Gold: 1100 Dollar Öl: 57 Dollar Euro/Dollar: 1 Dollar Bundesanleihen Rendite 10 Jahre: 1,0 Prozent US-Treasury Rendite 10 Jahre: 2,75 Prozent Quelle: dpa
Berenberg BankDeutschlands älteste Privatbank ist im Vergleich zur Konkurrenz vergleichsweise optimistisch, was den Euro angeht. S&P 500: 2200 Punkte Gold: 1150 Dollar Öl: 55 Dollar Euro/Dollar: 1,15 Dollar Bundesanleihen 10 Jahre Rendite: 1,1 Prozent US-Treasury Rendite 10 Jahre: 2,8 Prozent Quelle: obs
SantanderS&P 500: 2250 Punkte Gold: 1050 Dollar Öl: 55 Dollar Euro/Dollar: 1 Dollar Bundesanleihen Rendite 10-jährige: 0,9 Prozent US-Treasury Rendite 10-jährige: 2,75 Prozent Quelle: AP
Credit Suisse Quelle: REUTERS
Commerzbank Quelle: dpa

Dass die amerikanische Notenbank in dieser Situation wieder umsteuert, verwundert nicht. Eigentlich wollte Janet Yellen die Zinsen in vier kleinen Schritten anheben. Daraus aber dürfte nun nichts mehr werden. Ob es im März noch einmal einen kleinen Schritt gibt, ist derzeit offen; doch insgesamt hat sich die Perspektive am US-Zinsmarkt wieder verändert: Langfristig zeigt die Erwartung nun bis auf weiteres nicht mehr nach oben. Mit 1,76 Prozent ist die Rendite zehnjähriger US-Anleihen wieder weit unter die Zwei-Prozent-Marke gerutscht.

Besonders deutlich zeigt sich die neue Richtung im Euro-Dollar-Verhältnis. Seit wenigen Wochen hat der Euro von 1,06 auf 1,14 Dollar gewonnen, weil die Erwartungen an einen amerikanischen Zinsanstieg verflogen sind. In den vergangenen Tagen gab der Euro wieder etwas nach – weil nun Mario Draghi ebenfalls wieder weitere Lockerungen in Aussicht stellt. Mit anderen Worten: Der alte Zusammenhang, der Abwertungswettlauf der Notenbanken, hat wieder eingesetzt. Man könnte auch sagen: Yellens Versuch, die Zinswende einzuleiten, ist gescheitert.

Langfristig kann das problematische Folgen haben. Denn die Zinswende wäre eigentlich die Rückkehr zur Normalisierung gewesen – mit Renditen, die sich etwa auf dem Niveau von Wachstum plus Inflation einpendeln. Nun aber schrumpft das Wachstum, die Inflation ist am Boden – und die Aussicht auf eine Zinswende ist wieder dahin.

Allianz angeschlagen, Daimler gedämpft, SAP spitze

An den Aktienmärkten führt das erst einmal zu einer Erleichterung. Allerdings sind die Kurse in den vergangenen Tagen nicht nur deshalb gestiegen, weil die Aussicht auf endlos niedrige Renditen sie beflügelt haben. Der Kursanstieg war auch eine Reaktion auf die zuvor massiven Verkäufe. Von Anfang Dezember bis Mitte Februar ist der Dax um 2730 Punkte gesunken. In einer klassischen Reaktion könnte er davon jetzt an die 40 Prozent wieder gutmachen und damit in Richtung 9700 steigen – und noch immer ginge die Grundrichtung des Marktes nach unten.

Die Zitterpartie ist noch nicht vorbei

Viele große Werte im Dax legen einen solchen Verlauf nahe. Der Allianz-Aktienchart etwa hat im vergangenen Jahr eine klassische Doppelspitze gebildet, aus der die Notierungen nach unten herausgefallen sind. Dazu passen die jüngsten Zahlen: Der Gewinn ist zwar um sechs Prozent gestiegen, aber doch nicht so stark, wie im Durchschnitt erhofft. Die Dividende steigt, aber nicht so deutlich, wie erwartet. Dazu sind die Aussichten verhalten; und das Problem der leidigen Vermögensverwaltungstochter Pimco ist noch immer nicht gelöst.

Mit diesem Portfolio ging der Starinvestor in die Krise

Für Allianz-Aktien heißt das: Das schon bisher eingetrübte Kursbild bestätigt sich, in den nächsten Wochen dürfte die Aktie weiterhin schwächer als der Markt laufen. Bevor sich die Notierungen nicht wieder stabilisieren (etwa in der breiten Zone zwischen 140 und 120 Euro), kommt die Aktie für kurzfristige Anleger nicht in Frage. Und auch langfristige Investoren können sich für einen Einstieg Zeit lassen.

Kräftig nach unten zieht es nun auch die Daimler-Aktie. Hier sind die operativen Aussichten eigentlich gut, doch eine Sammelklage in den USA drückt auf die Stimmung. Rechtsrisiken in den USA, das zeigen die Beispiele Volkswagen und Deutsche Bank, können sich für eine Aktie zu einer längeren Belastung entwickeln. Für Daimler bedeutet das konkret: Der Kurs sollte sich in den nächsten Wochen spätestens zwischen 55 und 60 Euro wieder stabilisieren. Sollte das wider Erwarten nicht gelingen, wäre das sogar ein Zeichen für eine längere Baisse.

Durch den Kursanstieg der vergangenen Tage hat sich an der mittelfristigen Abwärtstendenz im Dax nichts geändert. Noch immer verlaufen 80 Prozent der Dax-Aktien unterhalb der 200-Tage-Linie, das ist klare Baisse-Tendenz. Von denen, die darüber verlaufen, sind vor allem Adidas und SAP besonders stark. Adidas ist allerdings ziemlich sportlich bewertet – die Aktie ist doppelt so teuer wie der Durchschnitt im Dax. SAP dagegen ist weiterhin der Dauerläufer im Dax. Die Aktie ist derzeit einer der wenigen klaren Kaufkandidaten im Dax. Die frühzeitige und richtige Wende hin ins Cloud-Geschäft wird sich in den nächsten Jahren mehr und mehr auszahlen.

Fazit: Nach zehn Wochen starken Kursrückgängen wären jetzt vier bis sechs Wochen stabile bis leicht steigende Notierungen durchaus möglich. Die obere Zone könnte hierbei in den Bereich 9500 bis 10.000 reichen. Dann aber dürfte mindestens noch einmal ein Test der alten Tiefpunkte anstehen. Die Zitterpartie an den Märkten ist noch keineswegs vorbei.

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