Riedls Dax-Radar

Der Dow Jones gibt die Vorlage für eine Jahresendrally

Trotz Unsicherheiten bei den bisherigen Technologie-Favoriten überwiegen nach der US-Wahl an den Aktienmärkten die Gewinner.

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US-Aktienmarkt Quelle: AP

Während Volkswirte nach der Wahl von Trump überwiegend negativ reagieren, politische Kommentatoren mehrheitlich entsetzt sind, schießt der amerikanische Aktienmarkt, gemessen am Dow Jones, auf ein neues All-Time-High.

Dabei sah es zunächst auch an den Aktienmärkten ganz anders aus – auch an dieser Stelle überwog vor der Wahl die Skepsis gegenüber Trump. Doch nach seinem überraschenden Sieg kam es nicht zu einem Crash, sondern nur zu Turbulenzen. Mehr noch: Im Laufe des Tages zog die Dynamik der Gewinne an. Und mit 18.808 Punkten (Schlusstand 10. November) hat der Dow Jones letztlich ein neues Hoch erreicht.

Ein Aktienmarkt, der einen solchen Verlauf zeigt, obwohl die allgemeine Lage angespannt und unsicher ist, signalisiert enorme Stärke. Und Stärke ist am Aktienmarkt (im Gegensatz zu überschäumender Euphorie) stets ein gutes Zeichen.

Vatikan betet für Erleuchtung Trumps
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon „Nach einem hart umkämpften und oft spaltenden Wahlkampf lohnt es, daran zu erinnern und sich neu bewusst zu machen, dass die Einigkeit in Vielfalt in den Vereinigten Staaten eine der größten Stärken des Landes ist“, sagte Ban laut Mitteilung am Mittwoch in New York. „Ich rufe alle Amerikaner dazu auf, diesem Geist treu zu bleiben.“ Die Vereinten Nationen erwarteten von den USA, dass sie sich auch weiterhin an internationale Kooperationen halten und unter anderem den Kampf gegen den Klimawandel und die Stärkung der Menschenrechte vorantreiben. Ban bedankte sich auch bei der unterlegenen Präsidentschaftsbewerberin Hillary Clinton. „Sie ist ein mächtiges Symbol für Gleichberechtigung von Frauen und ich habe keinen Zweifel, dass sie weiterhin zu unserer Arbeit weltweit beitragen wird.“ Quelle: REUTERS
Mexikos Präsident Enrique Peña Nieto„Mexiko und die USA sind Freunde, Partner und Verbündete, die weiterhin zusammenarbeiten sollten für die Wettbewerbsfähigkeit und die Entwicklung von Nordamerika“, schrieb Nieto am Mittwoch auf Twitter. „Ich vertraue darauf, dass Mexiko und die USA ihre Beziehungen in Kooperation und gegenseitigem Respekt weiter ausbauen.“ Quelle: REUTERS
Kanadas Premierminister Justin Trudeau Quelle: REUTERS
Chinas Präsident Xi Jinping Quelle: AP
Russlands Präsident Vladimir Putin Quelle: REUTERS
Bundespräsident Joachim Gauck Quelle: dpa
Bundeskanzlerin Angela Merkel, CDU Quelle: REUTERS

Quer durch den Markt geht die Stärke nicht, sie konzentriert sich auf bestimmte Branchen. Besonders gut laufen Banken, weil sich nun die Hoffnung auf weniger Regulierung breit macht; Pharmawerte, weil die Angst vor Clintons Preisdeckelung bei Medikamenten verflogen ist; Bau- und Eisenbahnaktien (die in den USA sogar richtig unter Dampf stehen), die von möglichen Infrastrukturmaßnahmen profitieren; und Rüstungsaktien, die allerdings wahrscheinlich auch unter Clinton kein schlechtes Investment gewesen wären.

Verlierer sind bisher die großen High-Tech-Konzerne wie Apple, Google oder Amazon, die eine Begrenzung ihrer Marktmacht und Einschnitte im Geschäftsmodell fürchten. Entsprechend sieht der Nasdaq-Index seit einigen Tagen gedämpfter aus als der Dow Jones.

Angesichts der Exzentrik von Trump ist es wenig sinnvoll, aus seinen bisherigen Äußerungen ein konzises Wirtschaftskonzept lesen zu wollen und sich als Anleger daran zu orientieren. Diese Lektion haben die Märkte zunächst einmal den Untergangspropheten erteilt.

Andererseits heißt das aber nicht, dass die Trump-Risiken vom Tisch wären: der Protektionismus, das Abwürgen moderner Technologien, die Förderung überkommener Industriezweige, und womöglich der Versuch, sich die Notenbank als politisches Instrument gefügig zu machen.

Trumps wirtschaftspolitische Pläne

Es wird Wochen dauern, bis Trumps wirtschaftliches Programm greifbar wird, und Monate, bis absehbar ist, was er davon durchsetzen kann und was nicht. Die Stärke des Dow Jones sollte sich bis dahin als wichtiger Stabilisator für die Anlagemärkte weltweit erweisen und dafür sorgen, dass die großen, nach oben gerichteten Trends intakt bleiben. Bisher gibt es keine Anzeichen dafür, dass sich an dieser Grundrichtung etwas ändert.

Und wer weiß, vielleicht erweisen sich auch die Ängste bezüglich der High-Tech-Aktien als übertrieben. Gut möglich, dass hier letztlich der Pragmatismus der Amerikaner die Oberhand behält – und der Nasdaq-Index nach einigen Wochen relativer Schwäche wieder seinen Aufwärtstrend einschlägt. Ohne Frage, gerade bei den High-Techs wird es spannend bleiben. Mehrmals in den nächsten Wochen dürften sich Anleger fragen, ob sie vor Trump nicht zu viel Angst haben¬¬ - oder ob sie sich ihn andererseits vielleicht nicht schon wieder zu schön reden.

Mehr Gewinner als Verlierer am deutschen Aktienmarkt

Am deutschen Aktienmarkt kam es zwar zu heftigen Turbulenzen, insgesamt aber haben die vor der Wahl gesetzten Grenzen gehalten – im Dax vor allem die wichtige Unterstützungszone um 10.000. Hier verläuft, mittlerweile deutlich steigend, die 200-Tage-Linie, sowie (auf der Zeitachse etwas nach rechts verschoben) der seit Januar bestehende Aufwärtstrend.

Von beiden wichtigen Trendlinien hat der Dax etwas Abstand, ist aber andererseits noch nicht zu weit davon entfernt. Das bedeutet: Der Markt ist stark, aber noch nicht übertrieben gelaufen. Technisch ist das eine ausgesprochen günstige Konstellation, geradezu eine klassische Vorbereitung einer Jahresendrally.

Beim Blick auf die Einzelwerte sieht es ebenfalls nicht schlecht aus. Versicherungsaktien werden weiter von der Aussicht auf das Ende des Zinsverfalls beflügelt, die zuletzt guten Ergebnisse der Allianz heizen die Kurse zusätzlich an. Bei den Banken mischt sich Hoffnung auf weniger Regulierung dazu – wenngleich der substanzielle Einfluss der US-Administration auf europäische Aufsichtsregeln so hoch auch wieder nicht ist.

Die US-Börsen erreichen einen Tag nach dem Sieg von Donald Trump bei den Präsidentschaftswahlen Spitzenwerte.

High-Techs wie SAP und Infineon werden etwas gebremst, nach den bisher hohen Gewinnen ist das zunächst aber kein Problem. Bei den großen Exporteuren BMW, Daimler, Volkswagen halten sich die Folgen bisher in Grenzen. Als Ausgleich für die Unsicherheit am US-Markt kommen derzeit gute Absatzzahlen aus China wie gerufen.

Eine wichtige Hilfe ist dem Dax die Stärke der Siemens-Aktie. Die hat ausgerechnet mit guten Geschäften in Amerika zu tun und der Aussicht auf große Infrastruktur-Aufträge. Kein Wunder, dass Siemens derzeit zu den Unternehmen gehört, die der neuen US-Regierung sehr aufgeschlossen gegenüber stehen. Andererseits liegt darin auch ein Risiko, sollte es zu einer Bevorzugung einheimischer Unternehmen kommen, vor allem des großen Rivalen General Electric. Unterm Strich aber spricht derzeit mehr dafür, dass Siemens zu den Trump-Gewinnern zählt. Fundamental wie technisch ist die Aktie ein Kern-Investment im Dax.

Der Sieg des "Börsenschrecks" Donald Trump bei der US-Präsidentschaftswahl macht die Aktienmärkte nervös. Neben den asiatischen Börsen, ragierte auch der Dax am Morgen zunächst deutlich, erholte sich aber schnell.

Fazit: Der zwischenzeitliche Anstieg des Dax auf die kurzfristige Obergrenze bei 10.800 als Reaktion auf die Trump-Wahl ist ein gutes Zeichen für die nächsten Wochen. Damit dürfte der Aktienmarkt stark genug sein, die aktuellen Unsicherheiten zu überstehen. Dazu gehört neben der neuen US-Administration auch die Frage, ob es im Dezember zu einer Zinserhöhung in den USA kommt oder nicht. Sollte die US-Konjunktur Schritt halten, wäre es verwunderlich, wenn Janet Yellen nichts unternimmt. Zu den Favoriten einer Jahresendrally zählen derzeit besonders Siemens, Allianz und die Münchener Rück.

Der nächste Dax-Radar erscheint erst wieder in der vierten November-Woche.

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