Riedls Dax-Radar

Die Börse wählt Emmanuel Macron

Ein Wahlsieg Emmanuel Macrons käme der europäischen Wirtschaft und den europäischen Aktienmärkten zugute. Der nicht auszuschließende Sieg Marine Le Pens ist ein Restrisiko.

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Ein Wahlsieg Emmanuel Macrons käme der europäischen Wirtschaft und den europäischen Aktienmärkten zugute. Quelle: REUTERS

An den Börsen ist die Präsidentschaftswahl in Frankreich schon entschieden. Die hohen Kursgewinne europäischer Aktien und die in den vergangenen Wochen ausgeprägte Stärke französischer Papiere nehmen einen Sieg Emmanuel Macrons vorweg.

Geht es nach den jüngsten Umfragen, wird Macron gut 60 Prozent bekommen, Marine Le Pen knapp 40 Prozent. Das mag ein beruhigender Vorsprung sein, doch eine abgemachte Sache ist die Wahl noch nicht. Zudem sind an die 40 Prozent für Le Pen – auch wenn darunter etliche Protestwähler sein sollten, die partout nicht Macron wählen wollen – ein Zeichen für die kritische Stimmung in Frankreich. Obwohl Macron gewinnen dürfte und sich danach als „Präsident aller Franzosen“ vorstellen dürfte, wird das kein leichter Start für die absehbare Regierung.

Nicht nur europäische Aktien werden vom möglichen Wahlausgang in Frankreich beflügelt, auch der Euro hat mittlerweile den höchsten Stand seit fast sechs Monaten erreicht. Von Parität zum Dollar und einer sterbenden europäischen Währung spricht derzeit kaum noch jemand.

Renaissance für den Euro

Im Gegenteil: Nachdem das Pfund Sterling durch den Exit der Briten schwer gedrückt wurde und sich in Amerika die Wirtschaft nur langsam erholt, erlebt der Euro eine Renaissance. Gut möglich, dass er bei einem Sieg Macrons in den nächsten Wochen gegenüber dem Dollar bis an den oberen Rand seiner mittelfristigen Schwankungen steigt, der bei 1,16 Dollar liegt.

Die Dax-Favoriten der Woche

Die Stärke des Euro ist umso bemerkenswerter, da von der EZB keine Signale zum Ende der laxen Zinspolitik kommen. Dahinter könnte, positiv interpretiert, eine Wiederbelebung des europäischen Gedankens stecken – eben weil sich das alte Europa durch den Sonderweg der Briten, die Unberechenbarkeit der Amerikaner und nationale Entwicklungen in Osteuropa und der Türkei wieder enger zusammenrauft.

Der starke Anstieg an den europäischen Aktienmärkten und speziell im Dax erstaunt manchen Beobachter. Professionelle Investoren trifft das genauso. Es gibt eine ganze Reihe bekannter Fondsmanager, die in den vergangenen Monaten ihre Aktienbestände abgebaut haben – explizit mit Verweis auf die Risiken dieses Jahres, vor allem die Wahlen.

Skepsis an den Aktienmärkten stützt Aufwärtstrend

Natürlich sind diese Risiken nicht vom Tisch, doch offensichtlich lassen sich die Börsen davon nicht nach unten zwingen. Im Gegenteil: Der Anstieg nach der ersten Wahlrunde in Frankreich war auch deshalb so stürmisch, weil sich viele Profis abgesichert hatten. Und wieder galt die alte Weisheit: Abgesicherte Märkte sind nicht nur immun gegen Kursrückschläge; ihn ihnen steckt die Power für einen weiteren Anstieg.

Die Tops und Flops seit dem Allzeithoch 2015

Von der fundamentalen Seite kommt Unterstützung. Die Unternehmensergebnisse, die derzeit vorgelegt werden, sind insgesamt gut. Vor allem sind sie besser, als es die vorsichtige, ja zum Teil krisenfixierte Stimmung nahelegen sollte.

Vor allem die Wirtschaft in Europa ist derzeit für positive Überraschungen gut. Sie wächst sowohl in ihren Kernländern als auch in ehemaligen Krisenregionen wie Spanien und Portugal stärker als erwartet. Dass es auf der anderen Seite mit Britannien schwer nach unten geht, kann als Bestätigung der EU interpretiert werden; auch das hilft den Aktienkursen.

In den USA macht sich eine Verlangsamung bemerkbar. Allerdings, überbewerten sollte man die jüngste Schwäche nicht. Nach dem Trump-Hype der vergangenen Monate ist eine Ernüchterung natürlich. Ohnehin können sich die von Trump geplanten und eingeleiteten Konjunktur-Maßnahmen wahrscheinlich erst 2018 auswirken. Weder im Dow Jones noch bei den Technologieaktien sind derzeit ernsthafte Schwächezeichen zu sehen.

Fazit: Stabile Dax-Entwicklung

Der Aufwärtstrend ist hochdynamisch und ausgesprochen stabil. Ein kurzer Rücksetzer bis 12.300 ist jederzeit möglich, würde aber an der mittelfristigen Aufwärtsbewegung nichts ändern. Geht man von einem Wahlsieg Macrons aus, könnte der Dax noch in die Nähe der 13.000er-Marke kommen, bevor es dann in der Sommerpause eine mehrwöchige Korrektur geben dürfte. Mit Ausnahme der Loser-Aktien E.On und Thyssenkrupp (die man wirklich nicht im Depot haben muss) verlaufen bei jedem Dax-Wert die aktuellen Notierungen oberhalb der 200-Tage-Linie. Das ist schlichtweg eine robuste Marktverfassung – die völlig im Gegensatz zu den nach wie vor verbreiteten Krisenängsten steht.

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