Riedls Dax-Radar

Die gefährlichsten Wochen des Börsenjahres

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Die größten Risiken für Aktien kommen vom Anleihemarkt

Auch für das zweite Kriterium, die Überhitzung der Märkte, gibt es Anzeichen. Und die kommen besonders ausgeprägt von den Anleihemärkten. Immerhin hat es auf dem Weg zum aktuellen Minuszins die größte Anleihehausse aller Zeiten gegeben – oder wann in der Geschichte der industrialisierten Staaten sind die Notierungen von Anleihen jemals 35 Jahre lang gestiegen?

Der Blick auf die gigantische Anleihehausse dürfte auch reinen Aktionären zu denken geben. Denn genau in dem Moment, als die Anleihehausse 1981 begann (damals brachten zehnjährige Bundesanleihen elf Prozent Jahresrendite), startete auch der Aktienmarkt seinen großen Aufschwung. Sollte also eines Tages die Anleiheblase platzen, hätte das ohne Frage gefährliche Rückwirkungen auch auf den Aktienmarkt.

An diesem Punkt kommt die Frage nach dem dritten Kriterium ins Spiel: Das konkrete Ereignis. Natürlich lassen sich Terrorakte wie der von 2001 nicht vorhersehen. Doch ein Ereignis gibt es, das an den Märkten seit einiger Zeit immer mitgedacht wird und das früher oder später ansteht: Die Zinswende durch die Notenbanken.

Die schwelenden Krisen für Wirtschaft und Märkte
Realzinskrise Quelle: dpa
Währungskrise Quelle: dpa
Staatsschuldenkrise Quelle: dpa
Vertrauens- und Bonitäts-Krise im Finanzsystem (Bankenkrise) Quelle: dpa
Versorgungs- und Rohstoffpreiskrise (Angebotsinflationskrise) Quelle: dpa
Nachfrageinflationskrise (Lohn-Preis-Spirale) Quelle: dpa
Vermögenspreisblase Quelle: dpa

Schon die empfindliche Reaktion der Börsen auf die erste Zinsanhebung der Fed im Dezember vergangenen Jahres hat gezeigt, welche weitreichende Folgen dies haben könnte. Und sollte Fed-Chefin Janet Yellen noch in diesem Jahr die Zinszügel deutlich anziehen, etwa weil die Arbeitslosenzahlen wieder einmal besser ausgefallen sind, kann es für Aktien eng werden. Andererseits dürfte es genau diese Gefahr sein, die Rückwirkung auf die Assetmärkte, die Janet Yellen vor einer straffen Zinspolitik zurückschrecken lässt. Bisher jedenfalls sieht es eher nach einem weiteren Durchwursteln aus als nach einer harten Wende.

Kurzfristig sollte der Dax nicht unter 10.100 Punkte sinken

Fasst man die drei Kriterien Enttäuschung, Überhitzung und konkreter Anlass zusammen, so ist die aktuelle Lage im Dax zwar keineswegs risikofrei, eine akute Crash-Gefahr aber besteht vorerst nicht. Im Gegenteil: Die vor zwei Wochen eingeleitete Korrektur im Dax verläuft bisher ausgesprochen moderat, der Dax hält sich sogar über der Unterstützungszone bei 10.400 bis 10.500 Punkten. Selbst wenn er in den nächsten Wochen doch noch bis 10.100 Punkte nachgäbe, wäre das immer noch eine klassische Gegenbewegung zur vorangegangenen Anstiegsphase von Ende Juni bis Mitte August.

Sorglos sollten Anleger deshalb nicht werden. So, wie die großen, taktgebenden Indizes Anfang 2016 sich trotz drohender Verkaufssignale wieder nach oben gerettet haben, könnten sie bei einer deutlichen Verschlechterung der Konjunktur und einer ungeschickten Notenbankpolitik auch wieder nach unten abdrehen.

Immerhin, im Augenblick spricht mehr dafür, dass die Aktienmärkte im bevorstehenden Herbst in ihrem aufwärtsgerichteten Trend bleiben. Und wenn sie sich an das klassische Muster ihrer kurzfristigen Bewegungen halten, könnte der Dax nach der jüngsten Kursspitze Mitte August dann in der zweiten Septemberhälfte sein nächstes kurzfristiges Tief bilden – und von da aus dann die nächste Anstiegsphase starten.

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