Wenn ein Vorzeigekonzern wie Siemens von trüben Aussichten spricht, ist das für den Gesamtmarkt ein Warnsignal. Der Siemens-Weckruf ist umso ernster zu nehmen, da das Unternehmen bis vor wenigen Wochen noch einen guten Lauf hatte.
Jetzt gibt es mehrere Probleme. Das Geschäft mit Kraftwerken und Windkraftanlagen zeigt Schwächen, die nicht so schnell ausgebügelt sein werden. Das trifft nicht nur Siemens allein, auch der große Konkurrent General Electric hat hier derzeit schwere Probleme. Eine Entwarnung für Siemens ist das keineswegs; eher ein Zeichen dafür, dass die Branche in einem Umbruch steckt, in dem das Geldverdienen erst einmal nicht so leicht fallen wird.
Zweites Problem ist der für nächstes Jahr angepeilte Börsengang der Medizintechnik. Kommt es zu einer Abspaltung, wäre ein wichtiger Gewinnträger im Konzern nicht mehr an Bord.
Beides führt dazu, dass Siemens seine Gewinnaussichten kappt. Und da die Aktie bisher einen Premium-Aufschlag hatte, kehrt erst einmal Ernüchterung ein. Es dürfte einige Wochen dauern, bis sich Siemens zwischen der Untergrenze bei 108 Euro und dem bisherigen November-Hoch um 125 Euro stabilisiert.
Schwaches Programm bei ProSieben, gute Aussichten bei der Allianz
Schwer erwischte es ProSieben Media. Seit zwei Jahren läuft die Aktie deutlich schlechter als der Dax. Immer wieder wurde die Hoffnung auf das Digitalgeschäft geschürt. Nun zeigt sich, dass die neuen Sparten zwar für bunte Meldungen sorgen, aber nicht für nachhaltig schwarze Zahlen. Und das Kerngeschäft mit Fernsehwerbung tut sich immer schwerer.
In den vergangenen zwei Jahren mussten ProSieben-Anleger fünf Kursstürze hinnehmen. Das ist ein klares Signal dafür, dass die ursprünglichen Erwartungen viel zu hochgespannt waren. Als Puffer sollte die Dividende dienen. Doch die muss letztlich auch verdient werden – und daran wachsen jetzt die Zweifel.
Weltweit haben es Medienaktien derzeit nicht leicht. Jetzt antizyklisch in ProSieben zu investieren, ist verfrüht. Es gibt keine Signale dafür, dass sich das operative Geschäft erholt. Bei nicht einmal sechs Milliarden Euro Börsenwert ist der Verbleib im Dax zudem sehr gefährdet. Immerhin, für die Gesamttendenz am deutschen Aktienmarkt spielt ProSieben keine Rolle.
Dass die Allianz als Versicherer die Sturmschäden zu spüren bekommt, verwundert nicht. Insgesamt sind die Kosten hier aber geringer als befürchtet. Lebensversicherungsgeschäft und Vermögensverwaltung laufen gut, in beiden Fällen punktet die Allianz mit einer führenden Marktstellung und operativer Qualität. Dazu wird es 2018 ein neues Aktienrückkaufprogramm geben – ein Polster für den Kurs und ein Ausweis der eigenen Stärke.
In eineinhalb Jahren ist die Aktie steil von 120 Euro auf nun mehr als 200 Euro gestiegen. Das ist eine beeindruckende relative Stärke, der durchaus eine mehrwöchige Korrektur folgen kann, ohne das große, positive Bild zu trüben. Die Allianz bleibt ein Stabilisator im Dax.
Wichtige Hilfe durch US-Technologieaktien
Im Dax gehen die Entwicklungen der einzelnen Branchen nun weiter auseinander: Versicherer und Energiewerte sind derzeit am stärksten, die Chemie dürfte erst einmal auf der Stelle treten (BASF weiter oben, Bayer weiter unten), Autos lavieren (gut sehen hier Continental und Volkswagen aus), Technologiewerte könnten eine Pause vertragen, Banken sind besser als ihr Ruf, Pharma- und Gesundheitswerte siechen dahin – und Thyssenkrupp hat durch das Gezerre um die Stahlausgliederung wieder einmal die Chance auf die Wende an der Börse verspielt. Insgesamt spricht das für eine Schwankungsphase und nicht für eine Abwärtswende.
Zugute kommt dem Dax die robuste Verfassung der US-Börsen. Im Dow Jones ist der Abstand zur 200-Tage-Linie, die bei 21.500 verläuft, so groß wie Ende Februar. Damals kam es im Anschluss daran zu einer dreimonatigen Seitwärtsphase, nicht aber zu merklichen Kursrückschlägen.
Besonders stabil ist die Entwicklung bei den Technologieaktien. Der Nasdaq-100-Index hat in den vergangenen Wochen mehrere Kaufsignale gegeben. Alle führenden Unternehmen haben gute Zahlen geliefert, die Aktien sind kurstechnisch in souveräner Verfassung: Apple, Amazon, Microsoft, Facebook, Google Alphabet, Intel. Außer kurzfristigen Korrekturen sind hier keine wesentlichen Abschläge zu erwarten.
Für den Dax bedeutet das: Nach 1500 Punkten Zugewinn in zwei Monaten ist eine Korrektur typisch. Ginge es nach klassischem Muster ab, wäre eine Gegenbewegung von rund 600 Punkten zu erwarten. Das ergäbe eine theoretische Zielzone um 12.900. So gesehen dürfte es sehr wahrscheinlich sein, dass der Dax mindestens noch einmal testet, wie stabil das Niveau um 13.000 sein wird. Die eher gute Verfassung der führenden Dax-Aktien und die Stabilität der US-Märkte sprechen dafür, dass der Dax dann von diesem Niveau aus wieder nach oben drehen sollte.