Von guter Stimmung ist am deutschen Aktienmarkt derzeit keine Rede. Wenn man die Nachrichten aus den Börsensälen, die Kommentare von Analysten und die Äußerungen von Anlegern filtert, ist eine große Verunsicherung zu spüren, zum Teil sogar eine regelrechte Verängstigung. Von ungetrübter Zuversicht wie im Jahr 2007 oder gar Überschwang wie im Jahr 2000 sind die Börsen derzeit Welten entfernt.
Krise allenthalben: Krieg im Nahen Osten und Flüchtlingsfrage, ungeliebter Euro und zerbröselnde EU, China-Abschwung und Ölpreis-Crash, Minus-Zins und Währungszweifel. Alles Argumente, die für negative Perspektiven und Ängste an den Asset-Märkten herhalten müssen. Und dann ist da noch dieser schräge Kandidat für die nächste Präsidentschaft im weltweit führenden Land.
Und was machen die Wertpapiermärkte aus dieser brisanten Gemengelage? Der Bund-Future steht bei Notierungen von über 160 Prozent so hoch wie nie zuvor; der Dax ist zwar nicht ganz auf Rekordniveau, doch unter langfristigem Blick sind 10.000 Punkte kein Weltuntergang.
Wenn man etwas Abstand nimmt von den verbreiteten Ängsten, gibt es sogar eine Reihe von Argumenten, die für den Dax sprechen – und die insgesamt dazu beitragen, dass Aktien für 2016/2017 eine bessere Perspektive haben als vielfach befürchtet.
Erster Grund: Der moderate Wirtschaftsanstieg hilft den Kursen
Geht es nach dem Frühjahrsgutachten, wächst die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr um 1,6 Prozent statt um 1,8 Prozent. Für nächstes Jahr sollen es dann 1,5 Prozent werden.
Nun, ein moderates Wachstum ist im Grunde das Beste, was der Börse passieren kann. Es trägt dazu bei, dass die Zinsen auf niedrigem Niveau bleiben; zudem gibt es immer die Chance, dass sich der Wachstumskurs sogar beschleunigt. Dieser Effekt wirkt an den Märkten umso besser, je schlechter die allgemeine Stimmung ist.
Sogar aus China kommen wieder positivere Nachrichten. Um 6,7 Prozent soll die Wirtschaft im ersten Quartal gewachsen sein. Natürlich sind diese offiziösen Zahlen nicht mit den Werten vergleichbar, die westliche Industrienationen abliefern. Zudem sind sie wesentlich den administrativen Maßnahmen geschuldet, also gibt es sofort Zweifel an der Nachhaltigkeit. Dennoch, nachdem China schon als Untergangs-Kandidat gehandelt wurde, ist jede noch so vorübergehende Stabilisierung eine Stütze für den Markt.
Selbst chinesische Aktien haben in den vergangenen Monaten Tritt gefasst und mehr als zehn Prozent gewonnen. Auch der Renminbi konnte sich um 13,60 bis 13,70 gegenüber dem Euro stabilisieren. Klar, ein endgültige Wende nach oben ist das noch nicht; aber bemerkenswert ist es schon, dass man hierzulande über robustere Kurse in China nichts liest, während jeder Rückschlag weitschweifig kommentiert wird.