Riedls Dax-Radar

Keine Angst vor Kurskorrekturen

Die Unsicherheit an den Aktienmärkten wächst, verstärkt durch die Militäraktion der Amerikaner in Syrien. Dennoch ist der Dax robust genug, auch mittelgroße Rückschläge wegzustecken.

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Der Raketenangriff der Amerikaner in Syrien hat die Anlagemärkte überrascht. Quelle: dpa

Der Raketenangriff der Amerikaner in Syrien hat die Anlagemärkte überrascht, bisher aber nur zu begrenzten Reaktionen geführt. Der Ölpreis steigt leicht, wobei er schon seit dem jüngsten Tief am 24. März kontinuierlich zulegt. Die Aktion der Amerikaner hat weder an der Richtung noch an der Dynamik des Preisverlaufs etwas verändert. Mit fast 56 Dollar pro Fass hat Brent wieder das Niveau der Monate Dezember bis März erreicht. Der zwischenzeitliche Rückschlag, der durch von der Hoffnung auf eine starke US-Förderung ausgelöst wurde, ist weitgehend ausgeglichen.

Die Dax-Favoriten der Woche

Insgesamt spricht dies dafür, dass der Ölpreis in den nächsten Wochen weiter in der Bandbreite zwischen 50 und 60 Dollar verlaufen dürfte. Für die Aktienmärkte wären dies verträgliche Preise, die einerseits den Produzenten (vor allem Russland und Saudi Arabien) passable Einnahmen sichern, andererseits die Käufer nicht zu stark strapazieren.

Dax von Syrien-Beschuss der USA relativ unbeeindruckt

Der Dax rutschte am Morgen direkt nach dem Angriff in Syrien ein halbes Prozent ins Minus. Es gab weder Abgabedruck noch hohe Umsätze. Der Dax bewegt sich bisher weiter im Rahmen einer normalen Marktreaktion, die es in dieser Weise auch ohne die Militäraktion geben hätte können.

"Assad trägt die alleinige Verantwortung"
Kanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident François Hollande haben sich hinter den US-Luftangriff gestellt. Syriens Präsident Baschar al-Assad „trägt die alleinige Verantwortung für diese Entwicklung“, heißt es in einer am Freitag in Berlin verbreiteten gemeinsamen Erklärung Merkels und Hollandes. „Sein wiederholter Einsatz von chemischen Waffen und seine Verbrechen gegen die eigene Bevölkerung verlangten eine Sanktionierung, wie Frankreich und Deutschland sie bereits im Sommer 2013 nach dem Massaker von Ghuta gefordert hatten“, heißt es weiter. Quelle: dpa
Merkel und Hollande hatten am Morgen in einem Telefonat die Situation in Syrien nach dem Giftgaseinsatz vom 4. April und der US-Reaktion besprochen. Beide Länder würden mit ihren Partnern und im Rahmen der Vereinten Nationen ihre Bemühungen fortsetzen, um Assad für seine verbrecherischen Taten zur Verantwortung zu ziehen, kündigten sie an. Merkel und Hollande riefen die internationale Staatengemeinschaft zudem auf, sich gemäß der Resolution 2254 des UN-Sicherheitsrates und des Genfer Kommuniqués geschlossen für einen politischen Übergang in Syrien einzusetzen. Quelle: REUTERS
SPD-Chef und Kanzlerkandidat Martin Schulz Quelle: dpa
Bundesaußenminister Sigmar Gabriel Quelle: dpa
Der russische Präsident Wladimir Putin Quelle: REUTERS
Frankreichs Außenminister Jean-Marc Ayrault Quelle: REUTERS
Der Iran verurteilt den US-Angriff in Syrien scharf, berichtet die Nachrichtenagentur Insa unter Berufung auf einen Sprecher des Außenministeriums. Solche Angriffe würden Terroristen in Syrien stärken und die Lage in dem Bürgerkriegsland und der Region schwieriger machen. Quelle: REUTERS

Bei den klassischen Krisenindikatoren kommt es zu kurzzeitigen Aufschlägen: Stärker beim Gold, das vorübergehend bis zu 20 Dollar gewinnt; etwas schwächer beim Bund Future, der zwar für ein paar Minuten bei 162,80 Prozent ein Zehn-Tages-Hoch markiert, dann aber wieder abtaucht. Insgesamt dürfte der Bund weiter in der Bandbreite der vergangenen zwölf Monate bleiben, die zwischen 158 und 168 Prozent liegt.

Etwas stärker ist der Dollar. Er ist gegenüber dem Euro bis auf 0,94 geklettert, der Euro verliert im Gegenzug bis auf 1,06 Dollar. Auch hier gibt die US-Aktion dem Markt keine neue Richtung, denn der Dollar ist schon seit Ende März wieder auf der stärkeren Seite.

Hauptgrund dafür ist der wieder leicht vergrößerte Zinsvorsprung zehnjähriger US-Bonds, der in den vergangenen Tagen von 2,0 auf 2,1 Prozentpunkte angewachsen ist. Das ist noch kein neuer Trend, signalisiert aber doch, dass die Erholung, die der Euro Ende März einleitete, früher als erwartet zu Ende sein könnte. Für die nächsten Monate dürfte der Euro zwischen 1,04 und 1,09 Dollar bleiben.

Der US-Angriff in Syrien ist auch an den Börsen Thema. Asiatische und europäische Anleger behalten mehrheitlich die Nerven. Gefragt waren am Morgen die vermeintlich sicheren Rohstofftitel, insbesondere Gold und Öl.

Ein Rückschlag bis 11.500 Punkte wäre kein Problem für den Dax

Seitdem der Dax am 3. April bei 12.376 Punkten im Tagesverlauf sein altes Hoch bis auf wenige Punkte erreicht hat, geht es an der deutschen Börse wieder abwärts. Das ist nach acht Tagen mit steigenden Notierungen kein Beinbruch. Im Gegenteil: Es ist typisch, dass Aktienmärkte beim Erreichen alter Top-Marken erst einmal wieder zurückfallen. Wichtig ist zunächst nur, dass der Dax überhaupt bis an das alte Hoch vorgedrungen ist, und nicht schon vorher daran scheiterte.

Die mittelfristige Anstiegsphase im Dax begann im Februar 2016 – nachdem der Markt damals aus Angst vor einer schwachen chinesischen Konjunktur und amerikanischen Zinserhöhungen kräftig in die Knie gegangen war. 3560 Punkte, sage und schreibe 40 Prozent, hat der Dax seit dem Februar-Tief gewonnen. Ein so massiver Zugewinn in nur 13 Monaten ist ein Kraftakt, dem durchaus eine mehrmonatige Korrektur folgen könnte. Kalkuliert man von der Spitze bei rund 12.380 Punkten einen typischen Rücksetzer (38 Prozent von 3560 Punkten), so ergäbe das ein Korrekturniveau um 11.000.

Je größer der Korrekturspielraum, desto sicherer die Aufwärtsbewegung

Allerdings, da die 200-Tage-Linie wegen der hohen Dynamik der vergangenen Monate stark nach oben zieht und schon jetzt bei 11.000 verläuft, wäre es für die Marktverfassung besser, wenn der Dax bei seiner Reaktion nur bis in den Bereich um 11.500 nachgäbe.

Bei diesen Marken handelt es sich weniger um konkrete Zielprognosen; vielmehr beschreiben sie den Korrekturspielraum, den der Dax hat, ohne seine große Aufwärtstendenz zu verletzen. Je größer dieser Spielraum, desto sicherer ist die gesamte Aufwärtsbewegung.

Die Marktbreite stützt den großen Trend

Den Dax-Aufschwung der vergangenen Monate haben die meisten Dax-Aktien mitgemacht – entweder als Protagonisten mit neuen Höchstkursen (SAP, Siemens, Beiersdorf), mit starken relativen Erholungen (BASF, Allianz, Münchener Rück) oder mit spekulativen Turnarounds (Commerzbank, Deutsche Bank). Richtig zurückgeblieben sind eigentlich nur die Versorger (vor allem Milliardenverbrenner E.On) und bezeichnenderweise auch FMC.

Leichte Verunsicherung an der Börse nach US-Militäraktion

Hier könnte sich, vor allem durch die Schwierigkeiten auf dem zentralen US-Markt, ein Stocken des bisherigen Wachstumsmodells ankündigen. Nicht umsonst versucht die Muttergesellschaft Fresenius durch die Expansion in das Krankenhausgeschäft die Abhängigkeit von der Dialyse (und damit auch vom US-Markt) zu verringern. Gegenüber FMC sind derzeit Fresenius-Aktien eindeutig die gesündere Alternative.

Unter Druck stehen die Autokonzerne, obwohl die jüngsten Zahlen richtig gut waren. Dennoch überwiegt bei Anlegern die Angst, die klassischen Fahrzeugbauer könnten bei der Zukunft der Mobilität abgehängt werden. Geht es um konkrete Ergebnisse, dürften BMW und Daimler weiterhin gut abschneiden – Absatzschwierigkeiten in großem Stil sind nicht in Sicht. Die Angst vor negativen Folgen der Diesel-Problematik ist ebenso unbegründet, schließlich steigen dafür die Verkäufe von Benzinern. Kurzfristig machen BMW-Aktien einen stabileren Eindruck als Daimler.

Bei der Deutschen Bank läuft der spekulative Turnaround. Ausgestattet mit acht neuen Milliarden ist das Geldhaus jetzt nicht mehr unterkapitalisiert – allerdings ist auch der Börsenwert mit 32 Milliarden Euro nun angestiegen. Dennoch, sollte die Deutsche Bank langfristig wieder das operative Niveau vergleichbarer europäischer Banken erreichen, wäre wohl ein Börsenwert um 50 Milliarden Euro oder mehr angemessen.

Im Wahlkampf hatte Donald Trump eine Intervention in Syrien noch ausgeschlossen. Nahostexperte Stephan Bierling erklärt Trumps Wandel und wie es im Syrien-Konflikt nach dem US-Militärschlag nun weitergeht.
von Marc Etzold

Nach oben ziehen nun auch wieder ProSiebenSat1 und Vonovia. Große neue Trends haben die Aktien noch nicht eingeschlagen, doch sie dürften das Enttäuschungspotenzial der vergangenen Monate wettmachen. Auch die Deutsche Telekom ist seit einigen Wochen auffallend stabil. Vor allem in einer Phase einer allgemeinen Marktkorrektur könnte sie überdurchschnittlich gut abschneiden.

Fazit: Das große Umfeld für Aktien hat sich weder durch die Aktion in Syrien noch durch die laufenden Gespräche zwischen China und den USA verändert. Der langfristige Aufwärtstrend im Dax ist intakt, die Mehrheit der wichtigen Dax-Aktien zeigt nach oben, für mittelfristige Korrekturen ist genug Spielraum.

Optimal wäre es, wenn der Dax in den nächsten Tagen das Niveau 12.100/12.200 Punkte hält und von dort aus mindestens noch einmal das alte Hoch bei knapp 12.400 anläuft.

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