Von der amerikanischen Notenbank sind auf einmal sehr vorsichtige Töne zu hören. War noch bis vor kurzem von mehreren Zinserhöhungen die Rede, wird es jetzt stiller. Zwar gab es von den Ölmärkten und aus China schon seit Monaten Zeichen der Schwäche, doch der Blick der Fed ging mehr auf die eigene Wirtschaft.
Und die wird von zwei Problemen in die Zange genommen: billiges Öl und ein starker Dollar. Beides trifft Amerika empfindlicher als früher, weil die USA in den vergangenen Jahren über die Ölproduktion aus Schiefergestein zu einem Rohstoffland geworden sind. Der jüngste Niedergang der amerikanischen Ölindustrie, die sich nun erst langsam auf das neue Ölpreisniveau einpendeln muss, macht sich erst jetzt mit Verzögerung bemerkbar.
Diese Belastung wird die US-Wirtschaft so schnell nicht abschütteln. Erstens ist – abgesehen von einer technischen Erholung - eine nachhaltige Aufwärtsbewegung des Ölpreises nicht in Sicht. Zweitens sind die Zyklen in der Branche ziemlich langfristig; von der Erschließung, neuen Investitionen, der Förderung bis zur Raffinierung vergehen mehrere Jahre.
Seit eineinhalb Jahren läuft die Öl-Baisse. Die Anpassung der Ölindustrie hat erst später eingesetzt, da bei den ersten Kursrückgängen die Tragweite der Baisse noch nicht absehbar war. So gesehen dürfte es wahrscheinlich erst ab der zweiten Hälfte 2016 langsam zu einem Einpendeln der Ölindustrie kommen.
Zinsvorteil im Dollar schwindet
Die zweite Belastung ist der Dollar. Er war lange stabil, auch weil die Konkurrenzwährungen reichlich Probleme hatten: Der Euro mit der Finanzkrise, der Renminbi mit dem Abflauen der Dynamik in China.
Der Dollar war in den vergangenen Monaten im Vorteil, weil die Märkte auf den amerikanischen Zinsvorsprung gesetzt haben. Der dürfte zwar auch weiterhin bestehen bleiben, ob er sich aber noch ausdehnt, wird angesichts der Verwundbarkeit der US-Wirtschaft immer unwahrscheinlicher.
Zehnjährige Bunds bringen derzeit 0,4 Prozent, zehnjährige US-Treasuries sind gerade unter die Marke von 2,0 Prozent gerutscht. Die scharfe Gegenbewegung seit dem Zins-Peak im November könnte nun eine Phase einleiten, in der die US-Währung eher zur Schwäche tendiert.
Die bisherige Stärke des Dollars war für die amerikanischen Unternehmen in den vergangenen Monaten eine Belastung. Das zeigt sich in der aktuellen Berichtssaison und dürfte auch im ersten und zweiten Quartal 2016 Spuren hinterlassen. Sollte der Dollar nun an Stärke verlieren, könnte das dann im zweiten Halbjahr zu einer Entlastung führen. Bis dahin aber bleibt die Situation kritisch.
Gefährliche Top-Bildung im Dow Jones
Wie angespannt die Situation am US-Aktienmarkt derzeit ist, spiegelt sich im Dow Jones wider. Noch nie seit Beginn der Hausse im Frühjahr 2009 war die Situation so brenzlig wie derzeit. Der stärkste Rückschlag fand bisher 2011 statt, hier rutschte der Dow aus einer sechsmonatigen kleinen Top-Formation nach unten durch.
Jetzt hat der Dow zwei Jahre hektische Schwankungen zwischen 16.000 und 18.000 Punkten hinter sich und neigt gefährlich zur Unterseite. Ein Durchrutschen könnte den Dow in den nächsten Monaten ohne weiteres in den Bereich 13.500 bis 14.000 drücken. Da von den Gewinnen der US-Unternehmen derzeit wenig Dynamik ausgeht, gibt es kaum fundamentalen Rückhalt, der Aktien auf dem aktuellen Niveau günstig macht. Das wäre erst dann wieder der Fall, wenn der Dow wirklich noch ein ganzes Stück nachgibt.
Schon jetzt gibt es eine Reihe von Dow-Aktien, die kurstechnisch schwer angeschlagen sind: IBM, die Finanzwerte, zuletzt hat es auch Apple und Boeing erwischt. Immerhin können sich die Ölwerte auf niedrigem Niveau halten. Abgestürzte Defensivwerte wie Procter kommen wieder, Klassiker wie GE, Microsoft und Coke sind robust.