Riedls Dax-Radar Ohne Zinsängste in die nächste Anstiegsphase

Die Aktienmärkte stecken die Schwäche der Technologieaktien und die amerikanische Zinserhöhung locker weg. Für die nächsten Wochen haben sich die Aussichten an den Börsen wieder aufgehellt.

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Janet-Yellen Quelle: AP

Die Zinserhöhung der Fed kommt gut an bei Börsianern. Es sieht ganz so aus, als ob Janet Yellen erfolgreich etwas vermieden hat, vor dem viele Auguren seit Jahren Angst haben: Dass der gesamte Börsenaufschwung in sich zusammenbrechen könnte, wenn die Zinsen einmal steigen. Nun hat die amerikanische Notenbank die Zinsen wieder erhöht – und weltweit zeigen die Aktienindizes nach oben.

Zinserhöhungspause zum Durchatmen

Janet Yellen hat nicht nur die Zinsen hochgesetzt, sie hat auch durchblicken lassen, dass es wahrscheinlich so schnell nicht gleich wieder eine weitere Zinserhöhung geben wird. Zwar ist die Arbeitslosigkeit, das klassische Kriterium der Zinspolitik, in den USA niedrig; doch die Inflation will einfach nicht ins Laufen kommen. Und besonders dynamisch war die US-Wirtschaft zuletzt auch nicht. Im Zinserhöhungsprozess könnte nun eine etwas längere Pause folgen.

Die Dax-Favoriten der Woche

Am US-Anleihemarkt hat die jüngste Fed-Entscheidung nichts an den bisherigen Trends verändert. Seit März sind die Renditen für zehnjährige Anleihen von 2,6 Prozent auf 2,1 Prozent gesunken. In den nächsten Wochen könnten sie sich um zwei Prozent einpendeln.

Auf den Währungsmärkten ist der Euro seit zwei Monaten auf der stärkeren Seite. Nun gibt es immer mehr Spekulanten, die auf ein Comeback des Dollars setzen. Allerdings, da die Fed erst einmal die Zügel nicht weiter anziehen dürfte und es andererseits auch von der EZB nicht mehr nur expansive Signale gibt, ist ein Dollaranstieg derzeit keine ausgemachte Sache. 

Es muss ein Leben nach dem Smartphone geben

Die Zinserhöhung hat an den Aktienmärkten die zuletzt aufkommenden Ängste vor einem Ende der Technologie-Hausse erst einmal überdeckt. Der Dow Jones notiert am Allzeithoch, der S&P 500 bestätigt seinen Aufwärtstrend. Allein am Technologiemarkt Nasdaq kam es zu größeren Verlusten. Auslöser sind Zweifel an der langfristigen Wachstumsgeschichte Apples, immerhin die schwerste Aktie weltweit.

Nach dem steilen Anstieg der High-Tech-Aktien in den vergangenen Monaten ist eine Korrektur keine Überraschung. Weltweit sind vor allem große Anleger hoch investiert in zentralen Technologietiteln. Diese Gewichtung könnte sich in den nächsten Monaten zugunsten defensiver Aktien etwas verschieben.

Vieles spricht gegen eine Wende

Im Dax kamen SAP, Infineon und Siemens unter Druck. Im Zuge einer klassischen Korrektur könnte SAP in den nächsten Wochen in den Bereich 90 bis 85 Euro nachgeben, Siemens auf 120 Euro und Infineon auf etwa 18 Euro. Erst wenn es danach nicht zu einer schnellen Erholung käme, könnte sich die Korrektur im zweiten Halbjahr noch einmal ausweiten.

Die Kurskorrektur bei Apple, Microsoft, Amazon und anderen High-Tech-Aktien kommt nicht aus heiterem Himmel und kann sie ein Fünftel des Börsenwerts kosten. Dann aber kann sich daraus eine Einstiegschance ergeben.
von Anton Riedl

Die Stärke der Megatrends (Digitalisierung, künstliche Intelligenz, Cloud-Geschäft, autonome Mobilität) spricht aber gegen eine Wende. Diese Entwicklungen sind so nachhaltig, dass sie es ohne weiteres verkraften, wenn sich die Aussichten für einzelne Unternehmen etwas eintrüben. Selbst wenn es sich um ein Erfolgsunternehmen wie Apple handelt, dem es bisher noch immer nicht gelungen ist, Anlegern eine glaubhafte Vision für die Zeit nach dem Smartphone vorzustellen.

12.500 Punkte im Dax sollten in den nächsten Wochen halten

Die amerikanische Zinserhöhung und der Schwächeanfall der Technologieaktien haben nichts an der kurzfristigen Schwankungsbreite des Dax verändert, die zwischen 12.500 und 12.900 Punkten liegt. 23 von 30 Dax-Aktien verlaufen deutlich oberhalb ihrer 200-Tage-Linie. Das ist eine gute Hausse-Quote von 77 Prozent. Schwach sind derzeit die Autowerte. Sie leiden unter den Abgasskandalen und der Unsicherheit, wie es mit der neuen Mobilität weiter geht.

Wie wenig Vertrauen Anleger hierbei in klassische Techniken haben und wie grenzenlos die Hoffnungen gleichzeitig in neue Technologien sind, zeigt der groteske Unterschied zwischen der extrem hohen Bewertung des verlustreichen E-Mobilbauers Tesla im Vergleich zu den sehr niedrigen Bewertungen hochprofitabler Klassiker wie Daimler und BMW. Die aktuelle Stärke der Tesla-Aktie und die Schwäche der Auto-Werte hierzulande legen nahe, dass dieser Spread noch einige Wochen anhalten kann. Früher oder später aber muss Tesla echte Gewinne liefern – und Daimler und BMW alltagstaugliche und attraktive E-Autos zu verträglichen Preisen.

Fazit zum Dax: Niedrige Zinsen, ein gutes Währungsumfeld und die Aussicht auf passable Unternehmensergebnisse stützen den Aktienmarkt. Rückschläge wie die bei Technologieaktien führen insgesamt dazu, dass die Börse Überspekulationen abbaut. Für die gesamte Aufwärtsbewegung ist das vorteilhaft. In der nächsten Woche wäre es gut, wenn der Dax mindestens das Niveau um 12.500 Punkten hält.

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