Riedls Dax-Radar

Steigende Chancen für die Jahresendrally

Trotz wackliger China-Wirtschaft, höheren US-Zinsen und Wahlkampf in Amerika hält sich der Dax. Ein gutes Vorzeichen für die nächsten Wochen.

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Börse-Frankfurt Quelle: REUTERS

Große Unsicherheit für den Dax kam diese Woche von der chinesischen Wirtschaft, besonders nach dem Einbruch der Exporte. Nun, ebenso wie zur US-Wirtschaft sind die Meldungen hier schon seit Monaten gemischt. Noch vor wenigen Wochen war davon die Rede, dass die chinesische Wirtschaft erstaunlich robust sei. Und auch heute, am 14. Oktober,  sehen die Daten zu Erzeuger- und Verbraucherpreisen wieder gut aus.

Auch hier gilt: Tagesmeldungen sollten nicht überschätzt werden, noch zeigt der Trend der chinesischen Wirtschaft nach oben – egal, ob es nun in diesem Jahr sechs oder sieben Prozent Wachstum (nach chinesischer Lesart) werden. Warnungen vor Überspekulation, zu teuren Immobilien und wachsender Verschuldung in China gibt es seit Jahren. Sie sind deshalb nicht falsch, nur ist es für Anleger wenig sinnvoll, daran die Aktienstrategie auszurichten.

Seitdem die chinesische Wirtschaft vor etwas mehr als fünfzehn Jahren ihren Take-Off geschafft hat, wird sie von Übertreibungsängsten besonders europäischer Beobachter begleitet. Ein Kontrapunkt ist hier übrigens Vermögensverwalter Jens Ehrhardt, der von der chinesischen Konjunktur eine wesentlich geringere Gefahr für die Weltwirtschaft ausgehen sieht als von der US-Wirtschaft.

Das sind die fortschrittlichsten Dax-Konzerne
Allianz SE Quelle: REUTERS
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Öl, US-Zinsen und Dollar werden stärker

Und die ist aktuell im Wahlkampf-Fieber. Obwohl die Chancen des Kandidaten Trump in den vergangenen Tagen gesunken sind, hat sich an der Markttendenz in Amerika nichts geändert. Der Dow hat das Niveau um 18.000 knapp verteidigt und sollte bis zur Wahl nicht unter die 200-Tage-Linie bei 17650 rutschen. Je mehr Abstand er zu dieser Untergrenze hält, desto größer sind seine Chancen für einen Anstieg nach der Wahl.

Bei den US-Technologiewerten kam es zu einem Rückschlag unter die Hochpunkte vom August. Das ist kein Scheitern am großen Trend; vielmehr ist es typisch, dass Märkte um langjährige Widerstandszonen längere Zeit schwanken. Es ist gut möglich, dass es vor der Wahl keinen ernsthaften Angriff der Tech-Aktien auf das Top bei 4900 Punkten im Nasdaq-100-Index gibt.

Dies hat vor allem zwei Gründe: Die schrittweise nach oben drehenden Zinsen am langen Ende und, damit verbunden, die Stärke des Dollars. Zehnjährige US-Staatsanleihen haben mit 1,75 Prozent den seit Anfang des Jahres bestehenden Abwärtstrend beendet. Ähnlich wie in der ersten Hälfte des Jahres könnte es zunächst im Bereich zwischen 1,60 und 2,00 Prozent zu mehrmonatigen Schwankungen kommen.

Den Dollar dürfte das weiter stützen. Er macht derzeit vor allem gegenüber dem Euro Boden gut. Innerhalb der mittelfristigen Bandbreite, die zwischen 1,05 Dollar und 1,16 Dollar liegt, tendiert die europäische Währung nun wieder mehr zur Unterseite.

Eine Triebkraft für die US-Zinsen sind steigende Ölpreise. Vor allem Öl der Nordseesorte Brent kann sich immer deutlicher über der 50-Dollar-Marke festsetzen. Die Gaspreise ziehen ebenfalls an. Insgesamt dürfte sich damit wieder eine leichte Inflationstendenz einstellen. Die aktuelle Stärke der Öl- und Rohstoffaktien ist dafür eine Bestätigung.

Dem Dax kommen gelinde Inflationstendenzen, stabilere Ölpreise und ein nachgebender Euro zugute. Gewinner ist dabei besonders BASF, deren jüngste Zahlen besser als erwartet waren. Sollte der Euro unter 1,10 Dollar abdriften, sind weitere Zusatzgewinne für die großen Exporteure in Sicht.

Allianz entkommt der Abwärtswende

Noch immer liegt im Dax die Quote derjenigen Aktien, die oberhalb ihrer 200-Tage-Linie verlaufen, nur marginal über 50 Prozent. Der Markt in seinen Einzelwerten ist wackliger als die Dax-Kurve selbst. Umso wichtiger ist, dass sich nun einige taktgebende Einzelwerte stabilisieren.

Spannend wird es bei den Versicherern. Der große Kursverlauf der Allianz zeigt mit Schwankungen zwischen 120 bis 170 Euro seit drei Jahren das mögliche Bild einer großen oberen Wende. Die Probleme der Versicherer passen dazu: Auslaufmodell Lebensversicherung, niedrige- oder sogar negative Zinsen.

Indes, bisher ist es der Allianz gelungen, auch in den für die Branche schweren Zeiten gutes Geld zu verdienen. Entsprechend günstig ist die Bewertung der Aktie, die Dividendenrendite ist hoch. Es müsste schon zu einem außergewöhnlichen Geschäftsrückschlag kommen, damit die Allianz ihre Dividende kürzt. Und wenn nicht, was wahrscheinlich ist, bietet sie aktuell mehr als fünf Prozent Rendite. Wer so etwas als Anleiheinvestor haben will, muss tief in die Ramschkiste greifen.

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von Annina Reimann

Ein Kaufsignal gäbe die Allianz-Aktie, wenn sie in den nächsten Wochen über die Marke von 140 Euro käme. In einer ähnlichen Situation befindet sich die Münchener Rück. Hier liegt die Entscheidungszone  zwischen 170 und 175 Euro.

Neue Spekulationen um Linde

Zu den Hoffnungskandidaten im Dax gehört Linde. Die Enttäuschung nach der gescheiterten Fusion mit Praxair war herb, doch erstaunlicherweise ist die Aktie danach nicht ins Bodenlose gefallen. Mit gutem Grund, denn es ist wenig wahrscheinlich, dass Linde-Stratege Wolfgang Reitzle nach dieser Niederlage alles wie bisher laufen lässt.

Eher dürften unter Hochdruck neue Pläne für Linde geschmiedet werden. Ob es einen zweiten Anlauf mit Praxair gibt, bleibt abzuwarten. Linde ist eine Spekulation im Dax. Solange sich die Aktie über 135 Euro hält, ist das Wende- Szenario intakt.

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von Daniel Stelter

Fazit für den Dax: Kurzfristig bleibt es unentschieden mit leichten Vorteilen nach oben. Optimal wäre es, wenn sich der Dax in den nächsten Tagen gemessen an den Schlusskursen weiterhin oberhalb 10350 bis 10400 hält. Das wäre ein Vorzeichen dafür, dass dann – vielleicht nach der US-Wahl – der Ausbruch über 10750 gelingt. Ein Absinken unter 10350 wäre noch kein Drama, dürfte aber eine mehrwöchige Schaukelpartie zufolge haben. Unterm Strich sind trotz aller Unsicherheiten die Chancen für eine Fortsetzung des langfristigen Aufwärtstrends wieder ein Stück größer geworden als die Gefahr einer Abwärtswende. 

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