Riedls Dax-Radar

Zweiter Dax-Rückschlag steht noch aus

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Sture Zinspolitik

Inwieweit die Fed an dieser Linie angesichts der Schwellenländer-Schwäche festhalten kann, ist offen. Sicherlich hat Janet Yellen kein Interesse daran, wegen einer sturen Zinspolitik die US-Wirtschaft über einen noch stärkeren Dollar und noch schwächere Handelspartner (hier vor allem Brasilien) in die Bredouille zu bringen.

Andererseits darf Yellen natürlich nicht als Papiertigerin dastehen. Sie wird also wahrscheinlich weiterhin laut über Zinserhöhungen nachdenken, diesen Schritt aber auf der Zeitachse immer weiter nach hinten verschieben.

Man könnte meinen, für die Aktienmärkte sei das positiv, weil es die schier endlose Verlängerung der laxen Geldpolitik bedeutet. Dem ist aber nicht so. Denn an den Aktienmärkten wächst mittlerweile die Angst davor, dass mit niedrigen Zinsen (oder sogar noch niedrigeren, wie in Europa) die wirtschaftlichen Probleme nicht mehr zu bewältigen sind.

Baisse-Gefahr kommt vom Dow Jones

An den Börsen ist diese Unsicherheit der Grund dafür, dass die großen Trends schwer ins Wanken gekommen sind. Im Dow Jones hat der jüngste Rückschlag, der Ende August bei 15.666 Punkten sein bisheriges Tief gefunden hat, mittlerweile etwa das Ausmaß des 2011er-Crashs. Damals haben sich die Aktienmärkte nach wenigen Monaten wieder stabilisiert und ihren großen Aufwärtstrend fortgesetzt.

Indes, obwohl sich der Optimismus an den Weltbörsen abgekühlt hat, kann von einer nachhaltigen Stabilisierung jetzt noch nicht die Rede sein. Der Dow Jones ist mittlerweile so weit unter seinen 200-Tage-Durchschnitt gerutscht, dass alle bisherigen Erholungen nur vorübergehende Baisse-Rallys sind. Die 200-Tage-Linie selbst hat seit einer Woche sogar nach unten gedreht. Das letzte Mal, als es eine solche Konstellation im Dow gab, war Frühjahr 2008.

Bei 25 von 30 Dow-Jones-Aktien verlaufen die Kurse derzeit deutlich unterhalb der 200er-Linie. (Positive Ausnahmen sind die Defensiv-Klassiker Home Depot, Nike und Visa; McDonald’s und United Health halten sich noch vage.) Das ist eine Quote von 83 Prozent. Und das ist – ob man will oder nicht – unter mittelfristiger Perspektive stabile Baisse.

Natürlich, gerade die US-Börsen sind bekannt dafür, dass sie sich selbst in auswegloser Lage wie Münchhausen retten – sei es durch eine mitfühlende Notenbank oder erstaunlich starke Käufer, die am Ende einer Sitzung plötzlich koordiniert zuschlagen. Insofern ist das Kreuz über dem Dow noch nicht gemacht. Das aber ändert nichts daran, dass von den US-Märkten jetzt und wahrscheinlich noch in den nächsten Wochen ein ausgesprochen hohes Risiko für die weltweiten Börsen ausgeht.

Deutschland - Insel der Stabilität?

Und davon wird sich der Dax nicht lösen können. Natürlich ist es positiv, wenn die Wirtschaftsaussichten hierzulande nach den jüngsten Indikatoren sogar robuster sind als die Stimmung. Zudem zeigt sich, dass führende Unternehmen wie derzeit Daimler ziemlich unbeirrt an ihrem langfristigen Wachstumskurs festhalten können. (Der mögliche Einstieg des chinesischen Partners BAIC würde diese robuste Perspektive unterstreichen.)

Solche Nachrichten sprechen derzeit zumindest für Deutschland dafür, dass die Aktienmärkte nicht vor einem Crash oder einer langen Baisse stehen, sondern sich mitten in einer scharfen Korrektur befinden. Allerdings fehlt auch am deutschen Markt bisher noch die notwendige Stabilisierung, nach der man an schwachen Tagen einfach kaufen könnte.

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