Dieser Zinsrückgang hat einen substanziellen Anteil an der wirtschaftlichen Erholung seit 2008. Er half den Unternehmen bei ihren Investitionen genauso wie den Staaten bei der Bewältigung ihrer Schuldenlast. Parallel dazu vollzog sich an den Aktienmärkten ein klassischer Kursanstieg. Kritisch allerdings wird es, wenn ein Pfeiler dieser Hausse wegbräche.
Genau hier wirken Krisen wie ein retardierendes Moment: Sie verzögern einen schnellen Anstieg der Renditen und dämpfen die kurzen Ausschläge nach oben. Die Grundmischung der Hausse, insgesamt niedriges Zinsniveau und weiteres Wachstum, bleibt damit bestehen.
6. Konjunkturell leben die Börsen (fast) in der besten aller Welten
Auch wenn es in der öffentlichen Diskussion kaum Erwähnung findet, konjunkturell sind die meisten Industrieländer auf einem guten Weg. Mit einem stetigen Wachstum, das hierzulande in diesem Jahr zwischen einem und zwei Prozent liegen dürfte, ist die Wirtschaft für die Börse gerade richtig temperiert: Nicht zu schwach, dass ein Absturz droht; und nicht zu stark, dass es zu einer Überhitzung käme. Zudem dämpft ein nur moderates Wachstum nicht nur die Zinsen, es lässt auch in den Folgejahren Spielraum für weitere Steigerungsraten. Die Hoffnung darauf ist eine der wichtigsten Triebkräfte der Börse.
Auch weltweit sieht es nicht schlecht aus. In China hält der langjährige Aufschwung an, die USA bekommen durch die neue Regierung eine zweite Luft, große Schwellenländer wie Russland und Brasilien werden durch die Erholung an den Rohstoffmärken in ihrem Comeback gestärkt, mit Indien entsteht ein neues ökonomisches Schwergewicht. Insgesamt kommt die Weltwirtschaft auch 2017 gut voran. Damit lässt es sich auch verkraften, wenn einstige Hoffnungskandidaten wie die Türkei in schwere Turbulenzen geraten sind.
7. Die Unternehmensgewinne bekommen durch Trump einen zusätzlichen Schub
Für die Börsen sind echte Zahlen entscheidend. Es gibt keine Kriterien, die den Kursverlauf einer Aktie auf Dauer stärker beeinflussen als der Geschäftserfolg eines Unternehmens (in der Regel sichtbar am Nettogewinn; wobei es Ausnahmen gibt, siehe Amazon) und die allgemeine Liquiditätslage, sichtbar am besten an den Zinsen.
Durch Trump wird es beim ersten Kriterium einen neuen Zuwachs geben. Wenn die von ihm versprochenen Konjunkturprogramme umgesetzt werden, kann das auf Jahre hinaus die Gewinne in vielen Branchen ein weiteres Stück erhöhen. Für Börsianer ist das umso positiver, da sie diesen Effekt bisher noch nicht auf der Rechnung hatten. In den Analyseabteilungen der Banken finden derzeit Hochstufungen statt – und die wiederum wirken sich direkt auf die Kurse aus. In der Regel dauert es mehrere Monate, bis sich ein solcher Hochstufungsprozess an den Märkten durchgesetzt hat.
8. Auch wenn Aktien nicht mehr billig sind, haben die Bewertungen noch Spielraum
Der amerikanische Aktienmarkt hat, gemessen am breiten Russel-3000-Index, seit der Wahl Trumps 1500 Milliarden Dollar an Wert gewonnen. Das ist ein enormer Vertrauensvorschuss. Natürlich gibt es nach einem solchen Schub immer wieder Konsolidierungen und Rücksetzer, vor allem, wenn es zwischendurch auch nach veröffentlichten Zahlen zu Ernüchterungen kommen kann. Doch derzeit deutet mehr darauf hin, dass die US-Wirtschaft mächtig unter Dampf steht und die Unternehmenserträge 2017 einen neuen Rekord erreichen.