1. Trump wird in Europa anders wahrgenommen als in Amerika
Gestern, beim Zappen durch das Öffentlich Rechtliche, bin ich bei einer Fernsehsendung des WDR gelandet. Da ging es rückblickend um das Jahr 2016 – und es war von allerhand Katastrophen die Rede, wörtlich. Und als eine der größten des vergangenen Jahres bezeichnete der Moderator die Wahl Donald Trumps zum amerikanischen Präsidenten.
Natürlich, auch hier im Dax Radar wurde Trump in den Monaten vor der Wahl als Risiko eingestuft. Dennoch hat es sich für Anleger bisher wenig ausgezahlt, nach politischen Präferenzen zu handeln und dabei klüger sein zu wollen als die Märkte. Und für die hat Trump einen Mix im Angebot, der vielversprechend ist: Infrastrukturprogramme, Deregulierungen im Finanzwesen, Steuererleichterungen. In manchen Branchen in Amerika entsteht sogar so etwas wie Aufbruchsstimmung.
Das wurde und wird im alten Europa komplett anders wahrgenommen. Hier ist Trump politisch unsäglich – und wirtschaftlich steht er vor allem für Protektionismus. Ohne Frage, es muss sich erst noch erweisen, ob der Trump-Effekt letztlich so positiv für Wirtschaft und Börse ist, wie sich das viele Anleger erhoffen. Vor allem die neue Rivalität mit der Wirtschaftsmacht China könnte sich als problematisch erweisen.
2. Börsen haben eine eigene Logik, die von der allgemeinen Stimmung weit abweichen kann
In Deutschland sind es seit jeher vor allem politische Nachrichten, die die Stimmungslage beherrschen. Die Diskussion um politische und soziale Probleme wird ungleich intensiver und breiter geführt als die Diskussion um Wirtschaftswachstum, Zinssätze und Anlagemärkte. In der Geschichte der Bundesrepublik gab es bisher nur einmal eine knappe Phase, in der die Börsen in der öffentlichen Diskussion eine zentrale Rolle gespielt haben: In den Jahren um 2000. Noch nie vorher – nicht in den Goldenen Fünfzigerjahren und auch nicht mehr nach der Jahrtausendwende – wurde öffentlich so intensiv über Börsen und Geldanlage diskutiert.
So gesehen leidet Deutschland immer noch unter den Folgen der High-Tech-Baisse 2003 und der Finanzkrise 2008, die der Börsenbegeisterung hierzulande den Garaus machten. Immer mehr Privatanleger ziehen sich seitdem von der Aktie zurück, Börse wird wieder zu einer Veranstaltung von wenigen Eingeweihten. Damit schwindet auch das Verständnis dafür, warum Aktien steigen und warum nicht.
3. Politische Ereignisse spielen für Aktien kaum eine Rolle, solange das Umfeld stimmt
Wenn man sich den Verlauf der wichtigsten Börsenkurve der Welt seit Ende des 19. Jahrhunderts vor Augen hält, den amerikanischen Börsendurchschnitt Dow Jones, dann sieht man einen säkularen Anstieg, gekennzeichnet von zwischenzeitlichen Schwankungsphasen und kurzen, zum Teil tiefen Einschnitten.
Den tiefsten Einschnitt gab es Ende der Zwanzigerjahre in der Weltwirtschaftskrise, als der Dow in drei Jahren neun Zehntel seines Werts verlor. Kein politischer Einschnitt, weder die beiden Weltkriege, die Kuba-Krise oder die Golfkriege, hatten einen so großen Einfluss auf die Börsen. Hier kam es zwar zu Kursrückschlägen über viele Monate hinweg, die großen, mehrjährigen Aufwärtstrends aber blieben intakt.