Robert Kiyosaki "Ich rechne mit weiteren Lawinen an den Märkten"

Bestseller-Autor und Investment-Guru Robert Kiyosaki hat sich von den Aktienmärkten zurückgezogen. Über seine Gründe und alternativen Anlagestrategien.

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Broker Quelle: dpa

WirtschaftsWoche Online: Mr. Kiyosaki, die Börsen schlagen heftig aus. Wie nervös sind Sie?

Robert Kiyosaki: Ich bin total entspannt (lacht laut). Ich habe mich zu 100 Prozent aus den Aktienmärkten zurückgezogen. Ich habe gegen Ende Mai die Reißleine gezogen und meine Papiere mit Gewinn verkauft.

Komplett? Wo ist Ihre Risikobereitschaft hin, die Sie in Ihren Büchern von den Lesern einfordern?

Ein Anfängerfehler ist es, Risikobereitschaft mit Übermut zu verwechseln. Natürlich braucht jeder Investor einen gewissen Mut; selbst der beste Anleger kann nicht zu 100 Prozent sagen, ob sich sein finanzielles Engagement auszahlt. Dafür gibt es – in jeder Anlageklasse – einfach zu viele Variablen. Aber: Man kann das Risiko und damit mögliche Verluste minimieren. Etwa, indem man nicht auf unsinnige Ratschläge von Brokern und Bankern hört und erkennt, wann die Luft dünn wird.

Hintergrund

Die Aktienmärkte befinden sich seit sechs Jahren im Hausse-Modus. Noch hält der Trend. Wie lange noch?

Ich bin kein Experte in Aktien. Ich lege breit an und würde sagen, dass ich überdurchschnittlich viel von den Kapitalmärkten verstehe. Aber es gibt Bessere. Dafür bin ich im Immobilien- und Private-Equity-Geschäft sehr gut, würde ich behaupten. Ich vergleiche die derzeitige Situation an den Aktienmärkten gerne mit dem Skifahren. Fahren Sie Ski?

Stichwort: Die schwärzesten Tage für den Dax seit 1987

Nein. Aber ich snowboarde.

Dann werden Sie meine Analogie verstehen. Ich bin ein mittelmäßiger Aktienkenner. So wie ich ein mittelmäßiger Skifahrer bin. Also fahre ich nicht auf den schwarzen Pisten oder stürme die größten Gipfel. Und schauen Sie sich bitte die Charts vom Dow Jones oder Dax an. Die sehen aus wie Schweizer Alpen! Wir müssen mit weiteren Lawinen rechnen. Da habe ich zu mir gesagt: Ich schnalle die Ski ab und setze mich an die Bar.

In seinem neuen Buch

Sie sind nicht der einzige, der sich sorgt. Die Märkte sind unruhig, die Kurse schlagen teils heftig aus. Hilft es nicht, sein Geld breit anzulegen: also branchen- und länderübergreifend zu investieren – statt sich komplett rauszuziehen?

Auch hier gilt: aufpassen! Broker sprechen oft von „diversifizieren“, ich weiß. Aber sie sprechen dann meist nur von Aktien. Ich verstehe unter Vielfalt, in verschiedene Anlageklassen zu investieren. Davon gibt es fünf: Aktien, Anleihen, Immobilien, Unternehmen, Private Equity. Wer das macht, schließt wirklich viele Risiken aus. Dazu rufe ich meine Leser ja auch auf. Hört nicht auf das Geschwätz von Bankern, die oft gar nicht wissen, was die Wörter, die sie verwenden, wirklich bedeuten.

"Die Risiken sind größer als die Chancen"

Haben Sie keine Angst, Chancen zu verpassen und von einer weiteren Kursrallye ausgeschlossen zu sein?

Es ist eine Risikoabwägung. Ich stelle zwei Fragen gegenüber: Wie hoch ist die Chance, dass die Kurse noch weiter steigen? Und: Wie groß ist die Chance, dass es einen Ausverkauf an den Börsen gibt? Ich denke, die Risiken sind größer als die Chancen. Ob ich jetzt einen zehn- oder 20-prozentigen Anstieg von Aktienkursen - das wäre wohl das höchste der Gefühle - verpasse, ist egal. Was mich ärgert: Ich bin ein Apple-Jünger. Ich liebe Steve Jobs und alle Produkte, die er erschaffen hat. Und zwar seit etlichen Jahren. Damals waren Apple-Aktien nur 20 US-Dollar wert. Hier nicht zugeschlagen zu haben, ärgert mich.

Werden Sie an die Aktienmärkte zurückkehren?

Aber sicher doch. Ich warte die richtige Gelegenheit ab und dann komme ich zurück. Aktuell schaue ich mich anderweitig – in den anderen Anlageklassen – um. Denn auch das ist ein Unterschied zwischen normalen Anlegern und Profis: Viele suchen nach den Spitzenwerten und bekannten Top-Unternehmen. Ich suche nach den Tiefwerten. Da sind die wahren Chancen.

Welche Anlageklasse ist die derzeit spannendste?

Im Immobilienbereich tut sich viel. Sowohl in Deutschland, wie ich das aus der Ferne sehe, wie auch in den USA. Aber auch hier sollten nur Anleger mit guten Kenntnissen einsteigen. Ich appelliere, sich  immer die Marktentwicklungen anschauen. In den Vereinigten Staaten ist es so, dass sehr viel Geld, auch von reichen Investoren aus dem Ausland, etwa China oder Russland, nach San Francisco oder New York fließt. In anderen Städten kühlt sich der Markt, insbesondere bei teuren Immobilien, ab.

Ein Beispiel: In Phoenix, wo ich wohne, stehen in dem teuersten und besten Viertel der Stadt viele Häuser zum Verkauf. Einzig: Es finden sich keine Käufer. Wir haben ein Demografieproblem. Die Kriegs- und Nachkriegsgeneration verstirbt, zieht in den Süden oder ins Pflegeheim; die Generationen Millennial und die Generation Y haben andere Prioritäten als das Geldverdienen gesetzt und haben – jedenfalls im Durchschnitt – keine Mittel für teure Immobilien. Das ist in Deutschland ähnlich.

Was also ist zu tun? Welches ist der wichtigste Rat, den Sie für Kleinanleger haben?

Entscheiden Sie sich, ob Sie bei der Party der Großen mitspielen wollen. Die Sache ist riskant. Wenn Sie es wollen, eignen Sie sich Finanzwissen an. Von nichts kommt nichts. Gute Bildung ist die Voraussetzung dafür, ein guter Investor zu sein. Erst dann kommen die Faktoren Erfahrung und der freie Kapitalfluss.

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