Rohstoffe Ölpreis fällt unter 50 Dollar

Obwohl die Opec offen darüber spekuliert, ihre Förderkürzung zu verlängern, fällt der Preis. Der Markt fürchtet das Überangebot und eine schwächere Nachfrage mehr, als dass er der Opec vertraut.

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Obwohl das Ölkartell Opec und elf weitere Staaten täglich 1,8 Millionen Barrel Öl vom Markt nehmen, bleiben die Lager weltweit weiter gut gefüllt. Quelle: dpa

Frankfurt So günstig wie heute war Öl seit einem halben Jahr nicht mehr: Aufgrund weiter voller Öllager bricht der Ölpreis am Donnerstag um knapp vier Prozent ein. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete zuletzt nur noch 48,88 Dollar und damit fast zwei Dollar weniger als noch vor einem Tag.

Dabei hatte zuletzt die Opec, allen voran der saudische Energieminister Khalid Al-Falih, offen über eine Verlängerung des noch bis Ende Juni laufenden Kürzungsabkommens diskutiert. Die Absprache hatte in den vergangenen Monaten zwar für relativ stabile Ölpreise zwischen 50 und 55 Dollar gesorgt. Nun aber kommt ein dramatischer Fall. Kostete Brent vor drei Wochen noch fast 57 Dollar, sind es heute 13 Prozent weniger.

Ausgelöst wurde der aktuelle Einbruch offenbar von den offiziellen Lagermeldungen der USA. Zwar fielen die Rohöllagerbestände laut offiziellen Zahlen der US-Energiestatistikbehörde EIA um 900.000 Fass auf 527 Millionen Barrel. Das war allerdings weniger als tags zuvor von der Interessenvereinigung API der Branche erwartet und liegt darüber hinaus weiterhin deutlich über dem Fünf-Jahres-Durchschnitt. Hinzu kommt, dass die Benzinvorräte in den USA um fast 200.000 Barrel deutlich stiegen, was auch auf eine schwächere Benzinnachfrage zurückzuführen ist.

„Die Marktteilnehmer beobachten, ob sich Lager entleeren und somit den Beweis dafür liefert, dass das Opec-Kürzungsabkommen auch Angebot und Nachfrage wieder in eine Balance bringt. Die aktuellen Zahlen aus den USA haben den Beweis dafür nicht geliefert“, urteilt Analyst Michael Wittner von der Société Générale.

Gerade der Blick auf die Benzinnachfrage sei nicht zu unterschätzen. Schließlich stehe die Nachfrage nach Benzin in den USA für rund ein Zehntel aller raffinierten Ölprodukte der Welt, merkt Wittner an.

Hinzu kommt, dass die Schieferölunternehmen in den USA dank der stabilen Preise der vergangenen Monate ihre Produktion wieder massiv gesteigert haben und sich schon heute am Terminmarkt für die kommenden Jahre abgesichert haben. Die Folge: Auch bei den aktuell fallenden Preisen ist nicht mit einer baldigen Trendumkehr zu rechnen. Die Rohölproduktion steigt nun schon seit elf Wochen in Folge und liegt derzeit bei 9,3 Millionen Barrel pro Tag. Zum Vergleich: Auf dem Tiefpunkt vergangenen Jahres, Anfang Juli, produzierten die USA noch 8,4 Millionen Barrel.

Im aktuellen Umfeld helfen selbst Erfolgsmeldungen der Opec nicht aus. Das Ölkartell selbst verkündete zuletzt, dass sich seine Mitglieder schon zu 98 Prozent an die vereinbarte Kürzung hielten. Laut Daten von Bloomberg übererfüllt die Opec diese Quote sogar schon mit 102 Prozent. Die Mitglieder des Kartells haben sich Ende 2016 darauf verständigt, täglich 1,2 Millionen Fass Öl vom Markt zu nehmen. Elf weitere Ölförderländer, darunter Russland, wollen ihrerseits täglich 600.000 Barrel vom Markt nehmen. Das sollte die zwischen 2014 und 2016 von mehr als 110 auf zeitweise unter 30 Dollar gefallenen Ölpreise stabilisieren.

Auf den ersten Blick hat das in den vergangenen Monaten durchaus funktioniert. Die Ölpreise haben sich merklich stabilisiert. Das Abkommen hatte eine unsichtbare Untergrenze bei 50 Dollar eingezogen. Doch auf den zweiten Blick wird klar: Noch verfehlt das Abkommen sein Hauptziel, nämlich die hohen Lagerbestände auf den Fünf-Jahres-Durchschnitt zu senken. Die Vorräte der OECD, also der wichtigsten Industriestaaten, lagen Ende Februar noch deutlich über diesem Niveau. Die Internationale Energieagentur (IEA) rechnet auch für März nur mit moderaten Rückgängen.


Nachfrage schwächer als erwartet

Sorgen macht den Marktteilnehmern aber nicht nur das Angebot, sondern zuletzt immer mehr die Nachfrage. Darauf lassen unter anderem auch die gestiegenen Vorräte in den USA schließen. Noch stärker dürfte die Händler allerdings das große Bild beunruhigen. So hatte etwa die IEA jüngst das Nachfragewachstum von 1,4 auf 1,3 Millionen Barrel pro Tag reduziert. „Neue Daten zeigen in einer Reihe von Ländern eine schwächere Nachfrage als erwartet. Dazu zählen Russland, Indien, einige Länder aus dem Mittleren Osten, Südkorea und die USA, wo die Nachfrage in den vergangenen Monaten stagniert“, heißt es im aktuellsten Monatsreport vom April.

Angesichts der beunruhigenden Preisrutsche der vergangenen Tage und den Spekulationen über eine Verlängerung der Ende Juni auslaufenden Förderkürzung von Opec- und Nicht-Opec-Staaten hänge viel von der Kommunikation des Ölkartells ab, findet der Analyst Jan Edelmann von der HSH Nordbank. „Die Opec muss eine klare Strategie beschließen und diese dem Markt glaubhaft machen“, erklärt er. Eine Verlängerung müsse zudem flexibel gestaltet werden. Das Kartell müsse sich Spielraum behalten, die Kürzung dann zu beenden, wenn der Markt ausgeglichen sei. Einschränkungen darüber hinaus könnten den Preis nach oben treiben und so noch mehr Produktion aus unkonventionellen Quellen wie dem Schieferöl anreizen, das Angebot weiter steigern.

Zuletzt kamen indes widersprüchliche Signale aus der Opec. Zwar hatte der saudische Ölminister Khalid Al-Falih schon erklärt, dass sich einige große Produzenten auf eine Verlängerung geeinigt hätten. Doch am Dienstag hatte der saudische Kronprinz Mohammed bin-Salman in einem Fernsehinterview erklärt, die „aggressive“ Rhetorik gegenüber dem Iran, dem Erzfeind im Kampf um Marktanteile innerhalb der Opec, auszubauen. „Dies dürfte bei einigen Marktteilnehmern Verunsicherung über eine mögliche Verlängerung der OPEC-Kürzungen über Ende Juni hinaus, verursacht haben“, sagt Edelmann.

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