Rohstoffe Politik bestimmt den Ölpreis

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan droht erneut mit einer Blockade der kurdischen Öl-Exporte durch sein Land. Hintergrund ist die sich abzeichnende Mehrheit unter den nordirakischen Kurden, die bei einem Referendum für die Unabhängigkeit gestimmt haben.

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Die Politik der Türkei ist derzeit einer der Einflussfaktoren für den Ölpreis. Quelle: dpa

Wien Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan treibt den Ölpreis. Er drohte den Kurden, kein Öl mehr aus dem nach Unabhängigkeit strebenden irakischen Kurdengebiet abnehmen zu wollen. In der Folge stieg der Preis für die Nordseesorte Brent am Dienstag mit zwischenzeitlich 59,49 Dollar pro Barrel (159 Liter) auf ein Zweijahreshoch. In den vergangenen drei Monaten war der Ölpreis um fast ein Drittel gestiegen.

Von einer grundsätzlichen Trendwende beim Ölpreis wollen Marktteilnehmer aber noch nicht sprechen. „Die Haupttreiber für den Preisanstieg sind nicht wirtschaftlicher, sondern geopolitischer Natur. Aus diesem Grund hängt die Länge des leichten Anstiegs von der Dauer des regionalen militärischen Konflikts ab“, sagte Agnes Horvath, Chefökonomin des ungarischen Ölkonzerns Mol, dem Handelsblatt. Bis zum Abend gab der Ölpreis rund ein Prozent nach und fiel auf rund 58 Dollar pro Barrel.

Ein Preisauftrieb käme für die Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) in Wien wie gerufen. Das Ölkartell hatte zusammen mit Russland und einigen weiteren Ölländern zuletzt seine Produktionskürzung verlängert. Manche Analysten erwarten, dass die Rechnung des von Saudi-Arabien beherrschten Ölkartells am Ende aufgehen wird. „Bis zur Jahresmitte wurde von vielen Marktteilnehmern angeprangert, dass die Opec-Kürzungen bei der Förderung nicht funktionieren würden.

Entgegen dieser Annahme wirkten sie sich nun aber sehr wohl aus. Der Überschuss der globalen Ölläger geht deutlich zurück“, sagte Hannes Loacker, Ölexperte der österreichischen Bank Raiffeisen. Zuletzt zeigte sich auch die globale Ölnachfrage sehr robust.

Die Internationale Energieagentur (IAE) hatte vor kurzem ihre Prognose angehoben angesichts einer weltweit höheren Nachfrage. Loacker beurteilt die Drohung Erdogans, eine wichtige Pipeline vom nordirakischen Kurdistan in die Türkei zu schließen, nur als „zusätzliche Preisunterstützung“. Seine Preisprognose von 60 Dollar bis Ende des Jahres sieht er bestätigt.

Allerdings erscheinen die Chancen für weitere Preissteigerungen gering. Experten verweisen darauf, dass sich die Nachfrage in der zweiten Jahreshälfte saisonal abschwächt. Zudem ist das weitere Verhalten der Opec ein Unsicherheitsfaktor. Analysten in Wien erwarten, dass die Opec-Länder und Russland die Produktionskürzung verlängern.

Offen sind allerdings Umfang und Zeitraum. „Wir glauben, dass die Maßnahmen der Opec-Staaten und Nicht-Opec-Staaten im gesamten Jahr 2018 und voraussichtlich auch 2019 weiter nötig sein werden, um einen deutlichen Preisfall zu verhindern“, sagte David Wech, Chef der renommierten Marktforschungsfirma JBC Energy, dem Handelsblatt. Hinzu komme, dass jeder kurzfristige Preisanstieg die Förderung von US-Schieferöl ankurbele. Daraus ergebe sich ein „Korrektur-Automatismus“, so der langjährige Ölexperte.

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