Rohstoffe Preisverfall bei Seltenen Erden

Die sogenannten Seltenen Erden gelten als Schlüsselrohstoffe für moderne Technologien. Nach Exportbegrenzungen des Hauptlieferanten China stiegen die Preise rasant an. Inzwischen hat ein Preisverfall eingesetzt.

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Die Preise für Seltene Erden sind gefallen. Quelle: dpa

Bonn Aufatmen bei Nutzern von Seltenen Erden: Die Preise für solche metallische Rohstoffe sind von Rekordhöhen wieder stark gefallen. Das ist für die nachfragende deutsche Industrie eine positive Entwicklung. Vor allem Stoffe für die chemische Industrie sind deutlich billiger als noch vor einem halben Jahr.

China versucht derzeit, den Trend zu niedrigeren Preisen mit verschiedenen Maßnahmen zu stoppen. Für die deutsche Wirtschaft bleibt wegen der einseitigen Abhängigkeit vom Hauptförderland China neben der Preisentwicklung auf mittlere Sicht das Problem der Versorgung.

Seltene Erden - in der Regel werden dazu 17 chemische Elemente gezählt - haben außergewöhnliche Eigenschaften und kommen in vielen modernen Hochtechnologieprodukten wie Handys, Computer-Chips, Bildschirmen, Katalysatoren, Windkraftanlagen, Photovoltaik, Batterien oder auch in Elektrofahrzeugen zum Einsatz. China stellt in einem Fastmonopol rund 97 Prozent des weltweiten Angebots dieser Hightech-Metalle.

Die Preise für viele Seltene Erden waren rund ein Jahr lang, bis Mitte 2011, stark gestiegen - teilweise bis auf das Siebenfache und mehr. Seit August habe aber „ein bis heute anhaltender Preisverfall eingesetzt“, sagte Experte Harald Elsner von der Deutschen Rohstoffagentur (DERA) der Nachrichtenagentur dpa. „Die Preise für leichte Seltene Erden sind seit ihrem Höchststand um über 60 Prozent, für schwere Seltene Erden um bis zu 30 Prozent eingebrochen.“ Die Nutzer, insbesondere die chemische Industrie, könnten nun bei niedrigeren Preisen aufatmen.

Der Bonner Händler Gunther Maassen, der direkt mit chinesischen Anbietern im Geschäft ist, sieht als Grund auch den Rückgang der weltweiten Nachfrage im Zuge der Konjunkturabkühlung. Noch immer lägen die Preise aber weit über denjenigen von vor zwei Jahren, sagte er der dpa. Einen „Rückfall“ zu solch niedrigen Preisen werde es voraussichtlich nicht mehr geben. „Mittelfristig ist mit weniger Ausschlägen und einer eher moderaten Preisentwicklung zu rechnen.“

Derzeit fallen die Preise Elsner zufolge weiter. Daran habe auch ein Produktionsstopp des weltgrößten Produzenten von Seltenen Erden, der staatlichen chinesischen Gesellschaft Inner Mongolia Baotou Rare-Earth Hi-Tech, nichts geändert. Auch andere Stabilisierungsversuche der Chinesen - so kaufte das Baotou-Unternehmen Seltene Erden zu einem erhöhten Preis auf - seien bislang ohne Wirkung geblieben. Dazu komme nun ein Verkaufsdruck. „Zum Jahresende müssen jetzt die in China bereits produzierten Seltenen Erden zu welchen Preisen auch immer, abgestoßen werden.“ Offenbar gibt es einen Überhang an nicht genutzten Exportquoten.


Chinesische Exportquoten entscheidend für den Preis

Der Grund für den starken Preisrückgang sei vor allem die bis Sommer 2011 ausufernde Spekulation mit Seltenen Erden gewesen, erklärte Elsner. Bei westlichen Unternehmen habe dies zu Bemühungen um Ersatzstoffe und mehr Materialeffizienz geführt. Insgesamt könnte sich durch solche Anstrengungen der westlichen Industrie die Nachfrage 2011 um rund 20 Prozent gegenüber 2010 verringern.

China hatte zu dem Preishype beigetragen, als es bei steigender Nachfrage Ausfuhrbeschränkungen erließ und weitere Restriktionen ankündigte. Die deutsche Wirtschaft und auch die Bundesregierung hatten ihre Besorgnisse über mögliche Engpässe geäußert. Bei ihren Bemühungen um eine insgesamt sichere Rohstoffversorgung geht es auch um einen sicheren Nachschub bei Seltenen Erden.

Bei einigen schweren Seltenen Erden wie Dysprosium, das für die Magnetherstellung benötigt wird, bleibe die Lage weiter angespannt, berichtete Elsner. Bei Dysprosium gingen Experten deshalb nicht von einem nachhaltigen Preisverfall aus. Das betrifft vor allem auch die Zulieferindustrie in der Autobranche.

Wie es mit den Preisen weitergeht, wird auch von der weiteren Exportpolitik der Chinesen abhängen. „Nur eine deutliche Reduzierung der Exportquoten wird möglicherweise ein Ende der Preisspirale nach unten einleiten“, sagte Elsner. Nach aktuellen - offiziell nicht bestätigten - Informationen von Maassen wollen die Chinesen „die Exportquoten für nächstes Jahr massiv reduzieren“.

Auch in den nächsten Jahren wird bei Angebot und Nachfrage noch alles an China hängen. Zwar gibt es weltweit viele Lagerstätten, auch führte der Preisanstieg zu einer Vielzahl von neuen Erkundungen. Ob sich allerdings ein Abbau wirtschaftlich lohnt, ist eine andere Frage. Erste Förderungen sind 2012 von Lynas (Australien) und 2013 von Molycorp (Mountain Pass/USA) zu erwarten.

Investoren stecken viel Geld in Erkundungsprojekte außerhalb Chinas. Elsner bezweifelt, dass viele Projekte erfolgreich sein werden. „Die Rechnung könnte nicht aufgehen.“ Analysten gingen davon aus, dass bei den derzeit knapp 400 Projekten nur eine Handvoll Firmen überleben würden.

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