Rohstoffe Warum Ölinvestoren so optimistisch sind

Am Ölmarkt macht sich Hoffnung breit. In den USA haben sich die Lager in den vergangenen Tagen so stark wie noch nie in diesem Jahr geleert. Goldman Sachs spricht schon von Einstiegsmöglichkeiten.

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Die hohen Vorräte in „schwimmenden Lagern“, die Produzenten einst Sorgen bereiteten, werden allmählich abgebaut. Quelle: dpa

Frankfurt Egal ob Aktien oder Rohstoffe – an den Börsen wird die Zukunft gehandelt, heißt es. So einfach lässt sich wohl auch der jüngste Preisanstieg beim Öl erklären. Denn obwohl die Lagerbestände weiter prall gefüllt sind, sickern die Botschaften der langsam sinkenden Bestände allmählich bei den Investoren durch.

Das beste Beispiel sind die am Mittwoch veröffentlichten Daten aus den USA. Dort haben sich die Lager binnen einer Woche um 5,2 Millionen auf 523 Millionen Barrel (à 159 Liter) geleert. Das entspricht dem stärksten Rückgang der Bestände bislang in diesem Jahr. Die Preise für den Rohstoff hat das am Donnerstag kräftig angetrieben: Ein Barrel der Nordseesorte Brent hat sich im Vergleich zum Vortag um mehr als einen Dollar auf zuletzt 50,82 Dollar verteuert. Der Preis für ein Barrel des nordamerikanischen Leichtöls WTI ist ähnlich stark auf knapp 48 Dollar gestiegen.

Laut amerikanischer Großbank Goldman Sachs gleichen sich Angebot und Nachfrage am Ölmarkt weiter an, wie Jeffrie Currie, der Leiter der Rohstoffanalysen, am Mittwoch auf dem Global Crude Oil Summit von Platts in London sagte. Natürlich würde er auf anziehende Preise wetten, erklärte Currie, „weil wir vor einem Defizit-Markt stehen“.

Zuspruch bekam er vom Öl-Experten der nInternationale Energieagentur (IEA) Neil Atkinson. Die IEA ist eine Organisation innerhalb der OECD und berät die Regierungen der Mitgliedsländer in Energiefragen. Wenn die Organisation erdölexportierender Staaten – kurz Opec – ihr Ende Juni ablaufendes Förderkürzungsabkommen verlängert, werde die Nachfrage das Angebot „bedeutend“ übertreffen, erklärte Atkinson.

Die angesprochene Verlängerung scheint zwei Wochen vor dem entscheidenden Opec-Treffen schon eine ausgemachte Sache. Auch das Nicht-Opec-Mitglied Russland hat sich schon dazu bereit erklärt. Derweil wird bereits über eine Ausweitung bis ins Jahr 2018 spekuliert.

Die große Frage jedoch lautet: Braucht das der Ölmarkt überhaupt? Die Meinungen dazu gehen auseinander. Denn während sich in den ersten Monaten der Opec-Kürzung noch keine Effekte bei den Lagerbeständen zeigten, häufen sich aktuell die Anzeichen dafür, dass sich die Ölbestände reduzieren. Und dies nicht nur in den USA. So sind zuletzt ebenfalls die Niveaus der sogenannten „schwimmenden Lager“ gesunken, also Rohöl, das in Tankern auf See gehalten wird.

Die Experten der amerikanischen Schiffsanalysefirma Clipper Data machen vor allem die Bestände vor Singapur als richtungsweisend aus – dem bedeutendsten Zugang zum asiatischen Markt. Dort würden aktuell noch etwa 50 Millionen Barrel gehalten, 14 Millionen weniger als noch auf dem Höhepunkt im Februar.

Eigentlich sollte die Opec sich über diese Zahlen freuen. Schließlich ist es ihr erklärtes Ziel, die globalen Lagerbestände auf den Fünf-Jahres-Durchschnitt zu senken. An manchen Orten wie etwa Singapur, Japan und im Amsterdam-Rotterdam-Antwerpen-Raum seien die Bestände sogar schon unter das Niveau der Drei-Jahres-Durchschnittswerte gefallen, erkennt der Ölanalyst Jan Edelmann von der HSH Nordbank. Dennoch hält das Ölkartell an seinem Vorhaben fest, auch über Juni hinaus weniger Öl an den Markt zu bringen. Die Mitgliedsstaaten möchten offenbar auf Nummer sicher gehen.


Weniger Öl von der Opec gefragt

Der aktuelle Ölmarktbericht der Opec wird wohl keine großen Überraschungen bringen. Die Mitglieder des Kartells halten sich weiterhin an ihre zugesagten Kürzungen. Gleichwohl verzeichnet auch die Opec in ihren Statistiken den Anstieg aus Nicht-Mitgliedsländern. Das Angebot aus diesen Ländern werde im Jahr 2017 um fast eine Million Barrel pro Tag steigen, allen voran durch Steigerungen in den USA und in Kanada.

Die Opec geht zwar davon aus, dass der Bedarf nach seinem Öl mit der steigenden Nachfrage in der Welt anziehen wird. Allerdings gesteht sie in ihren Prognosen die anziehende Förderung anderer Nationen ein: Die Analysten des Kartells haben die Nachfrage nach Opec-Öl in diesem Jahr um 0,3 Millionen Barrel pro Tag nach unten korrigiert.

Experten hegen indes Zweifel, ob die Opec und ihre elf Nicht-Opec-Abkommenspartner sich auch bei der Verlängerung des Kürzungsabkommens derart eng an die Vorgaben halten wie bisher. „Für Russland, Irak und Iran, drei der größten im Abkommen eingebundenen Produzenten, war es relativ einfach, die Einschnitte in den ersten drei Monaten des Jahres umzusetzen“, sagt David Fyfe, Chefökonom des Ölhändlers Gunvor. Dies sei etwa saisonal bedingten Produktionsrückgängen, etwa durch Wartungsarbeiten, geschuldet. Zudem entstehe innerhalb der Opec weiterer Druck. Libyen und Nigeria erhöhten schon ihre Produktion.

Aktuell fördert die Opec 31,7 Millionen Barrel pro Tag und kann damit knapp ein Drittel der weltweiten Nachfrage befriedigen. Die USA haben infolge der gestiegenen Preise ihre Produktion seit Ende November 2016, als das Opec-Abkommen bekannt wurde, um sieben Prozent auf 9,3 Millionen Barrel pro Tag gesteigert. Zum Vergleich: Saudi-Arabien ist mit 9,9 Millionen Barrel derzeit das mit Abstand produktionsstärkste Opec-Land.

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