Rohstoffe Wohin drehen die Rohstoffpreise?

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Spekulation habe es auf den Rohstoffmärkten immer gegeben; „aber diese neuen Teilnehmer haben ein ganz anderes Volumen im Kreuz“, sagt der Rohstoffhändler. „Im Unterschied zu klassischen Rohstoffspekulanten wie Hedgefonds gehen diese neuen Investoren strategisch vor; sie halten ihre Positionen sehr langfristig“, so Masters. Auf längere Sicht würden diese Anleger die Preise also oben halten – was nichts daran ändert, dass Spekulanten kurzfristig gewaltige Schwankungen verursachen. Auch private Anleger sollten das Rohstoffthema langfristig angehen. Der jüngste Preiseinbruch ist kaum mehr als eine flache Delle, wenn man die Rohstoffpreise über mehrere Jahre verfolgt. Anleger müssen allerdings mit Rohstoffaktien auch größere Schwankungen aushalten können.

Langfristig Investieren

Trotz des immer noch hohen Niveaus spricht einiges dafür, dass die Rohstoffpreise auf lange Sicht noch erheblich steigen werden:

Bevölkerungswachstum: Laut einer aktuellen Schätzung der Weltbank leben 6,8 Milliarden Menschen auf der Erde; die UNO geht in einem kürzlich veröffentlichten Bericht bis 2100 von rund zehn Milliarden Köpfen auf der Erde aus.Urbanisierung der Schwellenländer: Gerade am Beginn der Industrialisierung eines Landes wächst die Wirtschaftsleistung rapide, es werden überproportional viele Rohstoffe verbraucht, etwa für den Aufbau der Infrastruktur. Das trieb die Rohstoffpreise weltweit in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts (USA) und von 1950 bis 1970 (Japan). Das derzeit explosive Wachstum in großen Entwicklungsländern wie China, Indien und Brasilien führe erneut zu einem „rapiden Abbau von begrenzten Ressourcen, etwa Kohlenwasserstoffen und Metallen“, warnt Jeremy Grantham vom US-Fondsgiganten GMO.Strategische Käufer: Chinas Wirtschaftsleistung hat sich seit 1990 grob verachtzehnfacht, sein Rohstoffhunger ist immens. Dies erklärt, warum die Preise – anders als früher – heute selbst in Weltwirtschaftskrisen kaum noch fallen. „China nutzt solche Preisdellen, um seine strategischen Reserven aufzufüllen“, sagt Hitzfeld. So wie 2009, als die weltweite Nachfrage nach vielen Rohstoffen trotz der Finanz- und Wirtschaftskrise kaum nachgab. Bei Rohstoffen wie Kohle oder Stahl verbraucht China mittlerweile die Hälfte der Weltproduktion.Erschöpfungstendenzen: Zunehmend angespannt scheint auch die Angebotssituation, vor allem bei einigen Agrarrohstoffen und bei Öl. Während etwa hohe Kupfer- oder Nickelpreise immer auch zur Erschließung neuer Minen und damit zeitverzögert zu mehr Angebot führen, zeichnen sich bei Nahrungsmitteln beunruhigende Tendenzen ab: Trotz des ständig steigenden Einsatzes von Kunstdüngern wachsen die Ernteerträge immer langsamer. In den Sechzigern stiegen sie jährlich um 3,5 Prozent pro Hektar; heute nur noch um 1,2 Prozent. Hinzu kommt, dass Ackerland weltweit knapp wird, weil die Verstädterung zunimmt und wegen des Klimawandels immer mehr Flächen veröden. Auch Wasserknappheit bedroht Ernten-Nicht zuletzt haben Rohstoffe eine wichtige Funktion im Depot als Inflationsschutz. „Gerade die Rohstoffpreise trieben zuletzt die Teuerung“, beobachtet Eberhard Unger, Analyst bei Fairesearch. Bis in die Neunziger galt die Faustformel, dass ein Anstieg des Ölpreises um zehn Prozent binnen eines Jahres eine um einen Prozentpunkt höhere Inflationsrate nach sich zieht. Zur Erinnerung: Der Rohölpreis stieg seit 2008 um 120 Prozent. Das bedeutet freilich keinen Inflationsschub um 12 Prozentpunkte, „heute braucht der Mechanismus länger, und er hat sich abgeschwächt, aber er ist nicht außer Kraft“, meint Unger. Inzwischen steigen die Preise von Benzin, Heizöl, Baumaterial und Nahrungsmitteln zweistellig.

Inflation kommt über die Rohstoffpreise

Noch liegt die allgemeine Teuerung nur bei 2,4 Prozent; doch die Inflation könne „trotz Arbeitslosigkeit und Überkapazitäten in den Industriestaaten anziehen, weil sie nicht hausgemacht, sondern über die Rohstoffpreise importiert ist“, sagt Mihir Worah, vom US-Fondsgiganten Pimco.

Weil die Preise für Rohstoffe überproportional – also stärker als die durchschnittliche Inflationsrate – steigen, „sind Investitionen dort als Inflationsschutz für Anleger prinzipiell eine gute Idee“, sagt Max Schott vom Anlagemanager Sand & Schott. Das Problem liegt in der praktischen Umsetzung. Die meisten Rohstoff-anlageprodukte der Finanzindustrie für Privatanleger, etwa Zertifikate auf Rohstoffindizes, sind „kompliziert, teuer und intransparent“, kritisiert Schott.

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