Roman Zulauf im Interview Deutsche Aktien werden besonders leiden

Die Börsen in Tokio, New York und Frankfurt rauschten vergangene Woche kräftig ins Minus. Das könnte aber nur ein Vorgeschmack auf das sein, was Aktionären noch bevorsteht, erklären Roman Zulauf, Sohn von Börsenlegende Felix Zulauf, und sein Kollege Daniel Franc im Gespräch. Das Hauptproblem sei China, sagen sie.

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Roman Zulauf ist der Sohn des berühmten Schweizer Vermögensverwalters Felix Zulauf. Vor einem Jahr gründete er zusammen mit seinem Vater die Vermögensverwaltung Vicenda Asset Management, deren Anlagestrategie sich an gesamtwirtschaftlichen Trends ausrichtet. Die beiden Zulaufs teilen sich die Rolle des CIO (Chief Investment Officer). Quelle: Christian Grund für WirtschaftsWoche

Die Börsen sind momentan auf Talfahrt. Wie beurteilen Sie die Lage am Aktienmarkt?

Roman Zulauf: Wir befinden uns offenbar am Ende eines zyklischen Bullenmarktes, der im Frühjahr 2009 seinen Anfang nahm. Die Hausse geht bereits in ihr sechstes Jahr. Dass mit der Euphorie, die in der Endphase eines solch langjährigen Bullenmarktes vorhanden ist, auch die Nervosität steigt, ist vollkommen normal. Die politische Lage in der Ukraine und Russland und das Gezanke mit EU und USA sind aus unserer Sicht eigentlich nur ein kurzfristiges Problem.

Wo liegen denn die langfristigen Probleme?

Daniel Franc: Viel wichtiger ist, was sich mittlerweile in China abspielt. Das Land hat sich gerade in eine negative Abwärtsspirale begeben. Das dürfte die Aktienmärkte mittelfristig viel stärker belasten.

Daniel Franc

Ist Chinas Problem mehr als eine vorübergehende Schwäche?

Zulauf: Nach einer zehn Jahre andauernden Boomphase in den Schwellenländern sehen wir dort definitiv eine Trendumkehr. Die Kapitalzuflüsse der vergangenen zehn Jahre müssen erst bereinigt werden. Dabei handelt es sich nicht um eine zyklische Bereinigung, die nach ein paar Quartalen beendet sein dürfte, sondern es handelt sich um einen strukturellen Wechsel, der uns noch mehrere Jahre begleiten wird. Angefangen hat diese Entwicklung in den schwächsten Schwellenländern mit den größten Zahlungsbilanzschwierigkeiten. Zuerst war das in Ländern wie der Türkei, Indien, Brasilien, Südafrika oder Indonesien zu sehen. Die Probleme werden nach unserer Auffassung immer mehr Schwellenländer erreichen, schließlich auch China im Zentrum dieser Entwicklung.
Was geschieht dann?

Zulauf: Das Land hat lange von den immensen Kapitalzuflüssen im Zuge der Globalisierung profitiert, vor allem seit der Finanzkrise. Die Konjunkturpakete nach 2008 zur Stimulierung der Wirtschaft haben zu großem Kreditwachstum geführt, ausländisches Kapital angelockt und die Immobilienpreise sowie die Löhne stark steigen lassen. Das hat der Wettbewerbsfähigkeit Chinas geschadet und das Produktivitätswachstum gebremst. Hinzu kommt, dass Japan als wichtiger Konkurrent auf dem Exportmarkt den Yen um rund 30 Prozent abgewertet hat in den letzten 15 Monaten. Der chinesische Unternehmenssektor bekundet größere Rentabilitäts- und Cash Flow-Probleme. In der Folge sind die Renditen auf das eingesetzte Kapital gesunken. Ich glaube daher, dass wir uns am Anfang einer Zahlungsbilanzkrise in China befinden. Weil die strukturell bedingt ist, wird deren Überwindung auch nicht so schnell gehen.

Was hat China so in die Bredouille gebracht?

Zulauf: Bis Anfang Februar gelang es China noch, die eigene Währung stabil zu halten. Dass im Februar die Exporte Chinas deutlich eingebrochen sind, ist ein Indiz dafür, dass die Kapitalströme vollends versiegt sind. Dass trotzdem Kapital importiert wird, deutet auf eine Kreditklemme im Inland hin. Aber jetzt versiegen die Kapitalzuflüsse aus dem Ausland nicht nur, sondern es fließt Kapital aus China ab. Dann muss die Zentralbank Dollar verkaufen und Renminbi kaufen, um die Währung stabil zu halten. Das hat in der Konsequenz zu Verwerfungen am Interbankenmarkt geführt, weil es de facto zu einer Verknappung der Geldmenge führt. Mitte Februar musste China die Renminbi-Aufwertung stoppen, weil die Kreditklemme immer offensichtlicher wurde. Also hat sich Chinas Zentralbank darauf konzentriert, den Zinsmarkt zu beruhigen, indem sie mehr Liquidität zur Verfügung stellte, Dollar gegen Renminbi kaufte und eine Abwertung der eigenen Währung als kleineres Übel akzeptierte. Das treibt auch den Dollar- und den Euro-Kurs nach oben. In der Konsequenz sind die Renditen für ausländische Kapitalgeber in China nicht mehr attraktiv.

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