Die politisch getriebenen Börsen dürften uns also noch eine Weile erhalten bleiben.
Zulauf: Die letzten zehn Jahre waren für die Schwellenländer wunderbar, ruhig und harmonisch. Jetzt sehen wir mit dem Ende der zehnjährigen Boomgeschichte, dass es auch wieder innenpolitische Spannungen in diesen Ländern gibt. Die Ukraine, Thailand und Venezuela etwa stehen am Rande eines Bürgerkriegs. Die Unruhen in der Türkei nehmen wieder zu. In Brasilien demonstriert mittlerweile der Mittelstand gegen die Regierung. In Argentinien gibt es Unruhen. Diese Fakten sind meiner Meinung nach noch zu wenig bei den Risikoprämien an den globalen Aktienmärkten berücksichtigt.
Ist Russland der nächste Krisenherd für die Weltwirtschaft?
Zulauf: Wenn man es nüchtern betrachtet, ist das eigentlich nur ein kurzfristiges Störfeuer des Westens. Das Verhalten des Westens ist an Naivität ja nicht zu überbieten. Putin agiert noch souverän. Wer sich da nicht souverän verhält, sind vielmehr die Entscheidungsträger in Brüssel oder Washington. An einem Krieg in der Ukraine hat aber niemand Interesse. Also werden die politischen Spannungen zwischen dem Westen und Russland zunehmen. Die politische Harmonie, die zehn Jahre lang die Globalisierung begünstigt hat, erleidet einen Rückschlag. Das wird entsprechende wirtschaftliche Konsequenzen für alle Beteiligten haben.
Franc: Schon bevor es zum Streit mit der Ukraine kam, stand der Rubel unter großem Druck, ebenso die Moskauer Börse. Auch da hat Russlands Notenbank lange versucht, die Märkte stabil zu halten. Aber wie im Falle Chinas hat die Stabilisierung des Rubels eine Liquiditätskrise im Inland provoziert. Die russische Zentralbank wirft teilweise massiv Dollarreserven auf den Markt um den Rubel zu stützen. In den Medien hört man nichts davon, dass in Russland in den vergangenen drei Monaten bereits 800 kleinere Banken schließen mussten. Irgendwann wird die Notenbank eine Abwertung des Rubels nicht mehr verhindern können, weil sie Liquidität im Interbankenmarkt einschießen muss.
Wann lässt sich Anlegern in dieser Gemengelage empfehlen?
Zulauf: Wenn jemand in der glücklichen Lage war, die Aktienhausse mitzumachen, wäre jetzt sicher ein guter Rat, Gewinne mitzunehmen, die Aktienquote zu reduzieren und mehr Cash zu halten. Wer etwas wagemutiger handeln will, kann mal versuchen, erstklassige Staatsanleihen wie US-Treasuries oder Bundesanleihen zu spielen. Ebenfalls attraktiv erscheint uns den Renminbi zu shorten und auf steigende Zinsen in Hong Kong zu setzen. Wenn die Korrektur an den Aktienmärkten ein gewisses Panikniveau erreicht hat, können Anleger dann auch wieder über den Aufbau der Aktienquote nachdenken.
Franc: Es hängt natürlich immer davon ab, welchen Zeithorizont der Anleger hat und wie viele Verluste er verkraften kann. Um das Beispiel Japan nochmals aufzugreifen: Kurzfristig kann es beim Nikkei schon deutliche Rücksetzer geben. Auf Sicht von drei oder fünf Jahren bleibt der Nikkei aber sicher eine gute Anlage. Optimistisch sind wir unter anderem bei den Edelmetallen, insbesondere setzen wir seit Jahresbeginn auf Edelmetallaktien größerer Minengesellschaften. In dem Sektor ist in den vergangenen Jahren viel passiert, die meisten Titel sind um 70 bis 80 Prozent gefallen. In einigen Gesellschaften wurde das Management ausgewechselt, es wird vermehrt auf Rentabilität und Cashflow geachtet. Diese Aktien haben sich vom Tief schon etwas erholt, aber wir glauben, dass kann noch eine Weile so weitergehen.