Seit Monaten geht es an den Börsen munter rauf und runter, ein klarer Trend ist noch nicht auszumachen. Anleger, die trotz schwankungsanfälliger Seitwärtsbörse Orientierung suchen, werden vielleicht im Stock Trader's Almanac 2012 fündig, herausgegeben von Jeffrey A. Hirsch und erschienen im US-Verlag Wiley. Der Almanach ist nicht nur ein Börsenkalender, sondern auch ein Quell der Zahlen und Informationen für Anleger. Vor allem verfolgen und analysieren die Autoren alle möglichen Kennzahlen rund um die Börse über sehr lange Zeiträume. Berühmt ist das seit 1968 jährlich erscheinende Ringbuch daher auch für seine Analysen zu saisonalen Kursmustern.
Die Zahlenreihen sind zwar zunächst nichts weiter als Statistik, aber die Erkenntnisse, die Hirsch daraus extrahiert, verdienen durchaus Beachtung. Auf der Suche nach dem besten Börsenmonat lassen sich aus der Betrachtung der US-Indizes Dow Jones Industrial Average, S&P 500 und dem Nasdaq-Index interessante Schlüsse ziehen. Da der Kurs des deutschen Börsenindex Dax an der Frankfurter Börse grundsätzlich mit der US-Börse schwingt, lassen sich die Aussagen leicht abgeschwächt auf die hiesigen Aktienmärkte übertragen.
Im Rückblick auf die vergangenen 61 Jahre wird deutlich, welche Monate im langjährigen Mittel die beste Aktienperformance versprechen: Von 1950 bis 2011 stieg der US-Standardwerte-Index S&P 500 Hirsch zufolge im jeweils ersten Monat der ersten drei Quartale im Schnitt um 1,2 Prozent. Nur der erste Monat im vierten Quartal passt nicht so recht ins Bild (0,6 Prozent). Beim jeweils zweiten Monat lag das Plus dagegen bei durchschnittlich nur 0,1 Prozent, im dritten Monat bei 0,2 Prozent. Anleger, die solche Saisonalitäten bei ihren Anlageentscheidungen berücksichtigen wollen, sollten also ab August ihre Aktienquote senken. Oder anders ausgedrückt: Nach diesem Kursmuster steht mit dem Juli einer der besseren Börsenmonate bevor. Am besten schneidet der April mit einem durchschnittlichen Plus im S&P 500 von 1,5 Prozent ab.
Das Bild für den schwergewichtigen Industrieindex Dow Jones bestätigt dieses Muster: Im April legte der US-Leitindex im Durchschnitt 2,0 Prozent zu. Der Juli ist der zweitbeste Monat mit einem Kursanstieg von 1,2 Prozent. Lediglich an der Nasdaq ist der Juli mit nur 0,04 Prozent Plus eher schwach. Der April ist mit einem Kursanstieg von 1,6 Prozent hier der zweitbeste Monat nach dem Januar mit einem durchschnittlich Anstieg von 2,8 Prozent. Die Technologiebörse, für die es Zahlen erst ab 1971 gibt, tickt eben ein wenig anders. Eines aber ist in allen drei Indizes gleich: Der schwächste Monat ist im langjährigen Durchschnitt immer der September - auch wenn der August sich im Durchschnitt der vergangenen zwanzig Jahre anschickt, dem September diesen Negativrekord streitig zu machen.
Die besten Wochentage an der Börse
Weniger eindeutig fallen die saisonalen Muster bei Betrachtung der einzelnen Wochentage aus. Bis 1989 wies die Statistik den Montag als schlechtesten Tag für den Dow Jones aus. Seit 1990 hat sich das allerdings deutlich gewandelt. Ihre Papiere verkaufen sollten Anleger lieber nicht an einem Donnerstag oder am Freitag, denn diese sind seitdem regelmäßig schwache Börsentage. Hirsch erklärt das so: Die meisten Händler seien dann schon im Wochenende. Über die komplette Zeitreihe von 1953 bis 2011 gerechnet, hat der Wochenanfang die Nase vorn: Gute Tage für den Aktienverkauf sind demzufolge Montag bis Mittwoch, an diesen Tagen steigen die Kurse häufig. Der Dow Jones Index legte allein seit 1989 an den drei Tagen zusammen 13.108 Punkte zu, während er Donnerstag und Freitag insgesamt 3051 Punkte verlor.
Saisonale Kursmuster gibt es viele, aber nur wenige sind wirklich nachhaltig zu erklären, bemängeln Kritiker. Dazu gehört vielleicht das Schon-im-Wochenende-Muster. Ob auch die schwachen Sommermonate ("Sell in May", "Verkaufe im Mai") ein solches Muster sind, ist fraglich. Zuletzt trat der Kursverfall nur wegen der Angst um Griechenland ein, und nicht, weil die Anleger in den Ferien sind – die sonst übliche Erklärung des Musters.
Für ein weiteres Muster gibt es jedoch eine gute Begründung: Wahljahre sind in der Regel gute Börsenjahre. Die amtierende US-Regierung um Präsident Barack Obama tue alles, damit es der Wirtschaft gut geht, und seine Wiederwahl nicht gefährdet ist, so die Theorie der Musterdeuter. Das spricht dann für steigende Aktienkurse. Und dann gibt es ja auch noch die berüchtigte Jahresendrally oder den guten Januar, der für ein gutes Jahr spricht und dieses Jahr auch zu den guten Januar-Monaten gezählt werden durfte.
Am 2. Januar eröffnete der Dax den Handel übrigens bei 5900 Punkten – wir sind also mit aktuell rund 6130 Punkten immer noch deutlich im Plus und das trotz zwischenzeitlichem Auf und Ab, Griechenland-Turbulenzen, Banken-Misere in Spanien und gefühlter Baisse. Wer sich von den Schwankungen nicht verrückt machen lässt, tut also etwas für die Statistik.