Die Papiere der Reederei Carnival, Eigentümerin des vor Italiens Küste verunglückten Kreuzfahrtschiffs „Costa Concordia“ gehört, sind an der Londoner Börse eingebrochen. Die Titel fielen in der Spitze um knapp 29 Prozent auf ein Zweieinhalb-Jahrestief. Dabei wechselten binnen der ersten Handelsstunde fast vier Mal so viele Aktien den Besitzer wie an einem gesamten Durchschnittstag. Die Titel notierten im Verlauf noch knapp 18 Prozent im Minus. Der Börsenwert von Carnival Cruise Lines, dem zweitgrößten Kreuzfahrtanbieter der Welt, fielen im Vergleich zur Vorwoche von 5,8 Milliarden Euro auf aktuell 4,9 Milliarden Euro.
Auch die Nummer zwei der Kreuzfahrtbranche, Roval Caribbean, geriet an der Börse unter Druck. Die Aktien verlor am Vormittag rund 7,5 Prozent. Damit sinkt der Börsenwert von Royal Caribbean von 4,92 Milliarden Euro auf 4,56 Milliarden Euro.
Carnival bleibt nach eigenen Angaben auf einem Schaden von rund 85 bis 95 Millionen Dollar sitzen, allein schon weil das vor der italienischen Küste havarierte Schiff voraussichtlich das ganze Jahr nicht einsetzbar sein wird. Auf andere Aktien der Branche hatte die Flucht aus Carnival-Aktien kaum Auswirkungen: TUI-Aktien notierten 0,4 Prozent leichter, TUI-Travel-Papiere legten 1,7 Prozent zu.
Dafür gerät nach dem Schiffsunglück auch die Aktie des drittgrößten Rückversicherers auf die Verkaufsliste: Die Aktie von Hannover Rück verlor am Vormittag 1,7 Prozent und notierte bei 38 Euro. Das Unternehmen geht davon aus, dass das Schiffsunglück der „Costa Concordia“ vor der italienischen Küste den Rückversicherer mit mindestens zehn Millionen Euro treffen wird. „Wir gehen derzeit davon aus, dass es sich um einen Großschaden handelt“, sagte eine Sprecherin der Hannover Rück. Als Großschaden würden Belastungen von mindestens zehn Millionen Euro gelten. Es sei aber noch zu früh für eine konkrete Einschätzung.
Das Schiff ist nach Angaben der Reederei Carnival mit einem Selbstbehalt von 30 Millionen Dollar versichert. Die Herstellungskosten für die Costa Concordia sollen bei 450 Millionen Euro gelegen haben. Neue Kreuzfahrtschiffe gleichen Typs, die derzeit noch im Bau sind, kosten 510 Millionen Euro.
Beim Konkurrenten Munich Re hieß es, man wisse derzeit noch nicht, ob man betroffen sei. Die Aktien der Versicherer standen am Montagvormittag an der Börse unter Druck. Papiere der Munich Re gaben um 0,86 Prozent auf 94,11 Euro nach. Allianz-Aktien verbilligten sich um 1,41 Prozent auf 76,95 Euro.
Derzeit hat die Suche noch Vermissten vor der toskanischen Küste höchste Priorität. Nach Abschluss der Sucharbeiten wird es nach Worten von Italiens Umweltminister Corrado Clini vor allem darum gehen, eine große Umweltkatastrophe zu verhindern. Er warnt vor einem Umweltdesaster´: Die „Costa Concordia“ habe 2400 Tonnen Dieselkraftstoff an Bord. Sollte es nicht bald gelingen, den Treibstoff abzupumpen, droht ein Verseuchung der toskanischen Küste mit langfristigen Folgen. Im Fall einer Ölkatastrophe vor der Insel Giglio, wo das Schiff am Freitag einen Felsen gerammt hatte und havariert war, werde sofort eingegriffen, sagte Clini der Nachrichtenagentur AFP. Ein solches Unglück dürfte die Schadenersatzzahlungen der Versicherungen nochmals deutlich nach oben treiben.
Kurzfristig drohen der gesamten Kreuzfahrtbranche rückläufige Buchungszahlen, mittelfristig rechnen Fachleute jedoch nicht mit einem größeren Einbruch: "Tendenziell haben solche Unglücke einen eher kurzfristigen Effekt auf das Buchungsverhalten der Kreuzfahrer", sagte Alexis Papathanassis, Professor für Kreuzfahrtmanagement an der Universität Bremerhaven, dem Handelsblatt. Auch der Deutsche Reiseverband befürchtet keine großen Auswirkungen auf die seit Jahren wachsende Branche.