Schlag ins Kontor Hawesko leidet unter den Folgen des Übernahmekampfs

Hawesko muss noch die Folgen des Übernahmekampfs verdauen, da zeichnet sich neue Probleme mit jungen Konkurrenten ab. Der Weinhändler muss sich wappnen.

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Weinregal in einer Filiale von Jacques Wein-Depot, das zu Hawesko gehört. Quelle: dpa

Ihre Spitzenkunden umsorgt Deutschlands älteste Weinhandlung Carl Tesdorpf nach Kräften: Bei Bedarf schwärmen hauseigene Önologen zur Beratung von Weinsammlern aus. Gegen Gebühr lagert das 1678 gegründete Lübecker Traditionshaus, das zum Reich von Deutschlands größtem Weinhändler Hawesko gehört, den Edelstoff fachgerecht ein.

Demnächst sollen Sammler ihre Barolo- und Bordeaux-Bouteillen sogar auf einer eigens kreierten Online-Plattform untereinander handeln können. Die Idee: Wein kaufen, reifen lassen und nach ein paar Jahren steuerfreie Profite genießen – oder geschmackvolle Prozente.

Die Perspektiven des Mutterunternehmens Hawesko sind indes weit weniger verlockend. Die Übernahmeschlacht, die den Konzern in den vergangenen Monaten in Atem hielt, hat Spuren hinterlassen.

Wo die Deutschen ihren Wein kaufen

Im November hatte der frühere Textilunternehmer Detlev Meyer den langjährigen Hawesko-Chef Alexander Margaritoff mit einem feindlichen Übernahmeangebot überrascht. Zweieinhalb Monate trotzte Margaritoff der Offerte, bevor er im Januar kapitulierte, sein eigenes Aktienpaket verkaufte und den Rückzug vom Chefposten erklärte.

Der Übernahmekampf schlug ins Kontor: Beratungskosten von 4,8 Millionen Euro drücken Haweskos Gewinn (Ebit) 2014 auf 20,1 Millionen Euro bei einem Umsatz von 473 Millionen Euro.

Noch teurer wird der Abgang des Hawesko-Vorstehers. Bis Februar 2019 zahlen die Hanseaten Margaritoffs Vorstandsgehalt weiter. Insgesamt sechs Millionen Euro will Hawesko als Rückstellung zur Seite legen. Commerzbank-Analyst Jürgen Elfers rechnet daher damit, dass der Gewinn 2015 auf 19 Millionen Euro sinkt.

Der Klimawandel verändert den Weinanbau
Bei vier Grad Erwärmung lägen die Bedingungen der Champagne in England.
An der Südküste Australiens würde die Weinqualität leiden.
Auch in den USA würden sich die idealen Anbaugebiete verlagern.
Und in Neuseeland würde es für Weinanbau im Norden zu heiß.

Nicht nur finanziell reißt Margaritoffs Ausstieg Lücken. Bis ein Nachfolger den Chefposten übernimmt, dürften Monate vergehen. Dabei drängt die Zeit. Supermärkte und Discounter wildern immer stärker im Revier des klassischen Weinfachhandels und bauen ihre Sortimente sukzessive aus. Zugleich tummeln sich im Wachstumsmarkt E-Commerce mittlerweile mehr als 1000 Online-Shops und liefern sich einen ruinösen Preiskampf.

Der verschärfte Wettbewerb bedroht damit nicht nur Haweskos stationäres Flaggschiff, die Ladenkette Jaques’ Wein-Depot mit 284 Filialen. Sondern wird auch für das Versandgeschäft zum Risiko. Dabei galt die Sparte mit Marken wie Hanseatisches Wein- und Sekt-Kontor, Wein und Vinos und Carl Tesdorpf bislang als Wachstumsgarant der Gruppe.

Die Gruppe sei im Online-Handel gut aufgestellt, beteuert denn auch der zuständige Versandvorstand Nikolas von Haugwitz, „aber wir müssen aufpassen. Der Versandmarkt verändert sich radikal.“ So würden zum Beispiel immer mehr Kunden ihre Weine via Smartphone ordern. Zudem eröffne „fast jede Woche“ ein neuer Online-Weinhändler, sagt von Haugwitz. Von den Start-ups werde am Ende zwar „allenfalls ein Bruchteil überleben“, ist der Manager überzeugt. Doch bis dahin muss Hawesko kräftig in Preise und Marketing investieren, um die Rivalen auf Distanz zu halten.

Der Angriff der Nischenplayer ist allerdings nur ein Teil des Problems: „Amazon steht in den Startlöchern, um das eigene Weingeschäft massiv auszubauen“, erwartet von Haugwitz. Der Netzgigant will offenbar mit seinem Lebensmitteldienst Amazon Fresh mit extrem kurzen Lieferzeiten den Markt aufrollen.

Die Folge: Auch Hawesko müsste beim Lieferservice nachziehen. „Die Auslieferung von Bestellungen noch am gleichen Tag ist ein Thema für uns“, sagt von Haugwitz.

Um derlei Projekte zu finanzieren, könnte die jüngst bereits von 1,65 auf 1,30 Euro pro Aktie gestutzte Dividende in den kommenden Jahren weiter bröckeln. Mehrheitsaktionär Meyer hat bereits angekündigt, die Ausschüttungen deutlich zu reduzieren.

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