Der „smart move“ hat – wie sich heute zeigt – nur einen Haken. Aragon hat für ihren 15-Prozent-Anteil an der biw niemals zwölf Millionen Euro erhalten. Christ Capital zahlte damals nur 1,3 Millionen Euro in cash. Die restlichen 10,7 Millionen Euro verbuchte Aragon als Forderung – die niemals erfüllt wird. Es begann eine Kette von Anteilsverschiebungen, in deren Verlauf 2009 die Axa immerhin rund sieben Millionen Euro für den 15-Prozent-Anteil an der biw zahlte. Auf dem Papier hätten Aragon weitere 4,5 Millionen Euro zugestanden. Doch die musste das Unternehmen am Ende abschreiben. Die Forderung konnte „nicht geltend gemacht werden“, erklärt der Aragon-Vorstand, weil die Zahlung an einen Mehrerlös im Falle eines Verkaufs der Anteile gekoppelt und „der am Ende erzielte Kaufpreis nicht hoch genug war“.
Zahlungen verschleppt
Seit viele ABL-Unternehmen Verlust machen, brauchen sie die Silvia Quandt & Cie. kaum noch. 2011 mussten Mitarbeiter entlassen und Gehälter zeitweise gekürzt werden. Dieter Pfundt, Ex-Kapitalmarktchef von Sal. Oppenheim, 2010 als Berater zur Bank gekommen, musste nach nicht mal einem Jahr wieder gehen. Das Vorstands-Gastspiel von Wolfgang Jensen, früher Bereichsleiter bei Sal. Oppenheim, dauerte nur wenige Wochen. Im September 2011 schied auch Mitgründer Paech aus dem Quandt-Vorstand aus und ist seitdem nur noch Verwaltungsrat der Schweizer Tochter. Seit Angermayer in den Aufsichtsrat wechselte, leistet sich die Boutique mit Johann Ostermair nur noch einen Vorstand.
Sparen war offenbar dringend notwendig: Im Frühjahr 2012 schreibt Ostermair seinem Aufsichtsrat, dass Silvia Quandt & Cie. „in der derzeit schwierigen Liquiditätslage die Möglichkeit, Zahlungen zu verschieben, soweit wie möglich“ ausnutzt. Vertragspartner sind über dieses Gebaren wenig begeistert.
- Der Personalberater: Er hatte der Silvia Quandt AG den ehemaligen PwC-Berater Ralf Hafner vermittelt. Im Mai 2011 gab Silvia Quandt die Verpflichtung bekannt. Honorar wollte man dem Personalberater dennoch nicht zahlen, der klagte – und bekam recht: Am 8. August 2012 verdonnerte Richter Ralf Barthelmann in der dritten Etage des Frankfurter Landgerichts die Silvia Quandt & Cie. AG dazu, 35.700 Euro plus acht Prozent Zinsen und Anwaltskosten zu zahlen. Quandt-Vorstand Ostermair erklärt hierzu, dass es seiner Ansicht nach keine „rechtsverbindliche Vereinbarung über die Zahlung einer Vermittlungsgebühr gibt“. Ostermair hat Berufung eingelegt.
- Der Investorenberater: Einen ähnlichen Streit gibt es mit einem Finanzdienstleister aus München, mit dem Silvia Quandt eine Kapitalerhöhung platziert hatte. Das Honorar sollte aufgeteilt werden, doch Silvia Quandt zahlte nicht. Ostermair sagt hierzu, dass die Platzierung allein von der Silvia Quandt AG durchgeführt worden und man deshalb der Meinung sei, dass die „Verkaufsagenten keinen Anspruch auf eine Fee haben“. Der Berater hat inzwischen Klage eingereicht. Er habe mit der Quandt AG als Team zusammengearbeitet und seine „Kunden aufgefordert die Kapitalmaßnahme bei der Silvia Quandt AG zu zeichnen“. Dass man nun sein Honorar nicht zahle, „ist mir unbegreiflich und in meiner 25-jährigen Berufserfahrung“ noch nie passiert.
- Ein Banker, der der Silvia Quandt Geschäft vermittelt hatte, beschwerte sich im Juni bei Ostermair, dass die von ihm im Dezember eingeforderte Provision bis heute nicht bezahlt sei und Silvia Quandt auf seine Anschreiben nicht reagiere. Ostermair erklärt hierzu, dass „dritte Personen eine unterschiedliche Meinung darüber haben können, ob ein Anspruch gerechtfertigt ist“.
Auch die Schweizer Quandt-Tochter scheint Zahlungen zu verzögern. Ebenfalls im Juni weist die Revisionsstelle, eine Art Wirtschaftsprüfer für Schweizer Gesellschaften, den Aufsichtsrat der Mutter in Frankfurt darauf hin, dass sowohl Sozialversicherungsbeiträge als auch Quellensteuern „seit Monaten nicht bezahlt worden sind“. Ostermair erklärt hierzu, dass der Vorgang derzeit geprüft werde, und etwaige offene Zahlungen würden erst „mit Abschluss der Prüfung ausgeglichen“.