Schwere Entscheidungen Schuldenkrise macht Börsengänge riskant

Aufgrund der Schuldenkrise werden Börsengänge zunehmend zum Vabanque-Spiel. Den Börsengang von Facebook halten viele für verpatzt. Die Nervosität der Anleger ist hoch - und Unsicherheit ist Gift für Börsenpläne.

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Facebook patzte, auch in Deutschland sind Erstplatzierungen hart. Quelle: dpa

Frankfurt Facebook nicht hat den erhofften Durchbruch gebracht: Weiter hängen die Börsengänge vieler Unternehmen am seidenen Faden. Hauptgrund hierfür ist die europäische Schuldenkrise mit ihren unabsehbaren Folgen. „Der Markt macht anstehende Entscheidungen extrem schwer", sagt ein auf Börsengänge spezialisierter Banker. „Da gehören starke Nerven dazu, jetzt rauszugehen." Ein Kollege einer anderen Großbank warnt aber vor Schwarzmalerei: „Das Marktumfeld ist zwar nicht wahnsinnig einfach, aber für gute Firmen findet man durchaus Investoren."

Den weltweit beachteten Börsengang des Online-Kontaktnetzes Facebook halten viele für verpatzt. Die Aktien konnten trotz des Wirbels der vergangenen Wochen nach Aussagen von Insidern bei ihrem Debüt am Freitag nur dank massiver Stützungskäufe davor bewahrt werden, unter den Ausgabepreis von 38 Dollar zu fallen.

Und am deutschen Aktienmarkt stehen die Ampeln für Erstplatzierungen auch nicht auf grün: Mit einem Verlust von mehr als sechs Prozent seit Monatsbeginn steuert der Dax auf die schwärzeste Mai-Bilanz seiner Geschichte zu. Im Vergleich zu seinem Hoch vom März hat der deutsche Leitindex rund 800 Punkte verloren und liegt derzeit bei etwas über 6300 Zählern.

Zur Beruhigung der Nerven von Investoren habe auch der G8-Gipfel kaum etwas beigetragen, moniert Volkswirt Savanth Sabastian vom Brokerhaus CommSec. „Es gibt eine Menge Gerede, aber keine Substanz. So lange es keine Gewissheit um Griechenland gibt und die Furcht vor einer Ansteckung nicht nachlässt, werden uns die Kursschwankungen erhalten bleiben." Die Staats- und Regierungschefs der führenden Industriestaaten und Russlands bekannten sich bei ihrem Treffen am Wochenende zu einem Dreiklang aus Haushaltskonsolidierung, Strukturreformen und Wachstumsimpulsen, ohne jedoch Konkretes anzukündigen.


Evonik ist heißer Kandidat

Die Unsicherheit - der größte Feind der Investoren - lässt sich auch an VDax und VStoxx ablesen. Je höher der Stand dieser Volatilitätsindizes, desto nervöser ist der Markt. Wegen der gescheiterten Regierungsbildung in Griechenland stiegen die Indizes in der vergangenen Woche jeweils auf den höchsten Stand seit Dezember. Damals hatte die Europäische Zentralbank (EZB) mit einer ersten, rund 500 Milliarden Euro schweren Geldspritze die Furcht vor einer Kettenreaktion in der Schuldenkrise gedämpft.

Aktuell liegen VDax und VStoxx über der wichtigen Marke von 25 Punkten. Sie ist der Richtwert, oberhalb derer ein Börsengang als fast unmöglich gilt. Denn die Märkte sollten in den Wochen, in denen um die Investoren gebuhlt wird, nicht allzu stark schwanken, weil sich sonst keine Preisspanne für die Aktien festlegen lässt.

Als heiße Kandidaten für einen baldigen Börsengang gilt unter anderem Evonik. Der RAG-Chemiekonzern könnte bei seinem Initial Public Offering (IPO) dabei mehr als eine Milliarde Euro erlösen. Es wäre der erste deutsche Börsengang in dieser Liga seit der Erstnotiz des Hafenbetreibers HHLA im Herbst 2007.

Ein ähnlich hohes Emissionsvolumen könnte auch der IPO von Talanx erreichen. Insider gehen davon aus, dass der drittgrößte deutsche Versicherer Ende Mai den offiziellen Startschuss für den Börsengang geben wird.

Siemens peilt für seine Lichttechnik-Tochter Osram eine Erstnotiz im Herbst an. An Rheinmetall sind die Kursschwankungen der vergangenen Wochen dagegen offenbar nicht spurlos vorbeigegangen. Der Rüstungskonzern zögert, seine Autozuliefer-Sparte KSPG an die Börse zu bringen.

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