Shutdown Verrückte Börse: USA vor der Pleite, Kurse steigen

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Märkte blieben gelassen

US-Haushaltsstreit: Darauf haben sich die Parteien geeinigt
Amerikaner mit einem Jahreseinkommen von mehr als 400.000 Dollar (302.000 Euro) und Paare mit mehr als 450.000 Dollar Einkommen müssen künftig mehr Steuern zahlen. Der Spitzensatz steigt von 35 auf 39,6 Prozent. Auf Kapitalerträge und Dividenden müssen Großverdiener künftig 20 statt 15 Prozent abführen. US-Präsident Barack Obama wollte eigentlich Haushaltseinkommen von mehr als 250.000 Dollar höher besteuern, die Republikaner wollten gar keine Anhebungen. Quelle: dapd
Für alle anderen Einkommensgruppen werden die vor einem Jahrzehnt befristet gesenkten Steuersätze dauerhaft festgeschrieben. Dies war das erklärte Ziel beider Parteien, beide wollen Steuererhöhungen für die Mittelschicht vermeiden. Quelle: REUTERS
Allerdings fällt die vor zwei Jahren eingeführte temporäre Senkung der Sozialabgaben um zwei Prozentpunkte weg. Damit fehlen einer Durchschnittsfamilie rund 1000 Dollar pro Jahr. Quelle: rtr
Großverdiener wie oben definiert müssen auf eine Erbschaft von über 5 Millionen Dollar künftig 40 Prozent Steuern zahlen. Bislang lag der Satz bei 35 Prozent. Obama wollte, dass Erbschaften mit einem Wert von über 3,5 Millionen Dollar mit 45 Prozent besteuert werden. Quelle: dpa
Die zum Jahreswechsel gesetzlich vorgesehenen automatischen Haushaltskürzungen nach dem Rasenmäherprinzip, die niemand wirklich wollte, werden um zwei Monate verschoben. Als Ausgleich muss aber für diese Zeit zielgerichtet gespart werden. Höhere Steuereinnahmen dürfen dabei aufgerechnet werden, um die Kürzungen kleiner zu halten. Quelle: dpa
Alle Bundesbeamte und Kongressangehörigen müssen wie schon in den vergangenen Jahren auf Gehaltserhöhungen verzichten. Obama hatte diese Einkommenssperre gerade erst aufgehoben. Quelle: rtr
Arbeitslose erhalten weiterhin für einen verlängerten Zeitraum staatliche Zahlungen. Damit werden zwei Millionen Amerikaner ohne Job davor bewahrt, mit dem Neujahrstag die Unterstützung zu verlieren. Quelle: dpa

„Wird auch dieser Termin überschritten, wäre das etwas ganz Neues für die Märkte“, warnt Dekabank-Chefvolkswirt Kater. „Hier setzt dann große Unsicherheit ein. Es ginge ja nicht um eine ökonomische Insolvenz des US-Haushaltes, sondern um eine „politische“. So etwas hat es noch nicht gegeben.“ Die Folgen wären enorm. „Leistungsstörungen bei einzelnen Anleihen könnten vorkommen, je länger ein solcher Zustand anhält, umso wahrscheinlicher“, so Kater. Crash-Prophet und Bestseller-Autor Max Otte wird noch deutlicher: „Das erreichen der Schuldenobergrenze wäre die wahre Keule für die Märkte“, sagt er. Das es soweit kommt, schließt er nicht aus. „Die Gefahr ist da, bei der Tea-Party mischen ein paar sehr radikale Köpfe mit.“

Wissenswertes über die USA

Die Zahlungsunfähigkeit hätte verheerende Auswirkungen auf die amerikanische und die globale Konjunktur, die immer noch mit den Folgen der Finanzkrise kämpfen. Ratingagenturen könnten die Kreditwürdigkeit der  USA schlechter bewerten, so wie es Standard & Poor's (S&P) bereits beim letzten Showdown im Haushaltsstreit vor zwei Jahren getan hatte.

Vorerst rüttelt S&P aber nicht an der Kreditwürdigkeit der Vereinigten Staaten. „Die Debatte um die Schuldenobergrenze wird wahrscheinlich nichts an der Bonitätsnote ändern“, teilten die Kreditwächter in der Nacht zum Dienstag mit. Allerdings schickte die Agentur eine klare Warnung in Richtung Washington: Wird die Schuldenobergrenze nicht rechtzeitig angehoben, wird das Rating radikal abgestuft.

Die Nervosität bleibt

Derzeit halten die USA bei S&P die Bonitätsnote „AA+“. Das ist die zweithöchste Bewertung. S&P ist die einzige der drei großen Ratingagenturen, bei der die USA ihre Spitzenbewertung bereits eingebüßt haben. Grund für den „AAA“-Verlust war 2011 der Streit um die Schuldenobergrenze, der nun wieder entflammt ist.

Auch wenn sich die Ausschläge unmittelbar nach dem Showdown in Grenzen halten, werden Börsianer weiter gebannt in die USA schauen. Die Unsicherheit ist groß, die Nervosität auch. „Unsicherheit bedeutet für die Märkte immer Flucht in die Sicherheit“, sagt Kater. „Aber was ist noch sicher, wenn der bislang sicherste Hafen gerade geschlossen worden ist? Wahrscheinlich würde Euro-Land hiervon profitieren, auch asiatische Märkte. Risikoklassen wie Aktien würden leiden.“

Traditionell flüchten Anleger in unsicheren Zeiten in Gold. Während die US-Börsen in den Notstandswochen 1995/1996 noch nicht mal um ein Prozent vom Fleck kamen, legte der Preis für das gelbe Edelmetall um knapp drei Prozent zu. Auch am Dienstagmorgen verteuerte sich der Goldpreis 0,4 Prozent. Auch hier könnte sich die Geschichte wiederholen. „Für die kommenden Tage erwarten wir einen großen Ansturm auf Gold und auch Silber“, sagt Daniel Marburger von Jewellers Trade Services Limited mit Blick auf den US-Haushaltstreit.

Noch ist es aber nicht so weit, dass Anleger in sogenannte sichere Häfen flüchten. „Die gelassene Reaktion der Märkte zur Zeit zeigt, dass mit einer solchen extremen Zuspitzung kaum jemand rechnet“, sagt Kater. „Die wahrscheinlichste Interpretation der gegenwärtigen Lage ist, dass mit der Regierungsschließung Drohkulissen und Handlungszwänge aufgebaut werden. Auch die Republikaner haben kein Interesse am finanziellen Selbstmord der USA.“ Das wahrscheinlichste Ergebnis sei eine weitere Vertagung der Probleme. Vielleicht werden in ein oder zwei Jahren also wieder Erinnerungen geweckt – an das Jahr 1995 und an das Jahr 2013.

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