Skandal um Ultrasonic Herr Wu und sein verlorenes Handy

Der Chef des chinesischen Schuhherstellers Ultrasonic soll mit der Firmenkasse durchgebrannt sein. Jetzt meldet er sich überraschend zurück. Er habe nur sein Handy verloren. In Frankfurt spielt die Aktie verrückt.

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Ein Bild vom Börsengang: Ultrasonic ist seit Dezember 2011 in Frankfurt gelistet. Quelle: Reuters

Shanghai, Frankfurt Chinesische Unternehmen haben schon für einige Verwunderung an der Frankfurter Börse gesorgt. Aber dieser Skandal übertrifft noch einmal alles, was bisher gelaufen ist: Erst heißt es, der Chef des chinesischen Schuhherstellers Ultrasonic AG habe sich aus dem Staub gemacht und dabei gleich einen großen Teil des Firmenvermögens mitgenommen. Der Firma drohte die unmittelbare Insolvenz. Die in Frankfurt gelistete Aktie stürzte ab. Das allein wäre schon ein bemerkenswerter Vorfall. Doch die Geschichte wird noch skurriler.
Heute meldete sich Qingyong Wu, der vermisste Chef, überraschend zu Wort. In einem Video-Interview, das auf der Internetseite der chinesischen Nachrichtenseite Sina veröffentlicht wurde, sprach er nun von einem großen Missverständnis. Er sei im Urlaub gewesen und habe sein Handy verloren. Alle anderen Gerüchte seien falsch. „Ich bin nicht weggerannt“, sagte Wu. „Die finanzielle Situation des Unternehmens ist weiter normal.“
Auch das Unternehmen ließ am Montag mitteilen: Ja, Wu wolle zurückkehren und auch die verschwundenen Finanzmittel wiederbeschaffen. Der Versuch einer persönlichen Kontaktaufnahme durch einen Vertreter des Aufsichtsrats in Xiamen sei bislang jedoch erfolglos geblieben.

In der vergangenen Woche hatte es noch geheißen, Wu und sein für das operative Geschäft zuständiger Sohn seien nicht mehr auffindbar. Einen 60 Millionen Dollar schweren Kredit von Nomura hätten beide „in zwei Tranchen abgerufen und den Großteil der Gelder kurz vor ihrer Flucht von Hongkong nach China transferiert“. Ultrasonic könne auf die Gelder nicht mehr zugreifen. Nomura stellte den Kredit nach den Vorfällen fällig, Ultrasonic droht deshalb nach eigenen Angaben die Insolvenz. Der Aufsichtsrat berief Firmenchef Wu und sein Sohn ab.

Jetzt kündigte Wu an, baldmöglichst nach China zurückzukehren. Dann wolle er herausfinden, wer die Gerüchte gestreut und das Image von Ultrasonic beschädigt habe. Anleger fassten nach den Aussagen Wus wieder Hoffnung. Der Kurs der Ultrasonic-Aktie schoss um 120 Prozent nach oben auf 2,20 Euro nach oben.


Reihenweise Skandale

Die Ultrasonic AG ist die deutsche börsennotierte Holdinggesellschaft der chinesischen Ultrasonic Gruppe. Der Konzern produziert und vertreibt selbst Schuhe. Die Produktionsanlagen befinden sich in der chinesischen Provinz Fujian. Im Jahr 2013 erzielte die Gruppe einen Vorsteuergewinn von 47,5 Millionen Euro bei einem Umsatz von 163,8 Millionen Euro.

Der Fall Ultrasonic ist bereits der dritte Skandal bei chinesischen Firmen mit Frankfurter Börsennotiz innerhalb weniger Monate. Im Sommer verschwand der Chef des Verpackungs-Herstellers Youbisheng Green Paper, weniger später meldete das Unternehmen Insolvenz an. Ende 2013 setze der Modehersteller Kinghero seinen Chef vor die Tür, weil er nach Erkenntnissen des Aufsichtsrats Firmenvermögen für persönliche Geschäfte verwendet hatte. Im Februar wurde das Unternehmen von der Börse genommen.

„Anlegern kann man nur raten, von Investments in unbekannte Aktien aus China Abstand zu nehmen“, sagte Daniel Bauer, Vorstandsmitglieder des Aktionärsschützer-Verbands SdK, am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters.

„Ich tue mich schwer, das zu verstehen“, erklärte Jens Hecht von der Hamburger Firma Kirchhoff Consult, die chinesische Unternehmen bei Börsengängen beraten hat. „Aber gegen Betrug kann man nichts machen.“ Der SdK sieht dagegen eine Mitschuld bei Wirtschaftsprüfern, die den Wert des operativen Geschäfts von chinesischen Firmen vor einem prüfen. Das gleiche gelte für die Emissionshäusern, die die Börsengang begleiten. „Geschädigte müssen prüfen, inwieweit man die beteiligten Berater in Haftung nehmen kann“, rät SdK-Vorstand Bauer. „Denn in China die Hintermänner zu verklagen, erscheint aussichtslos.“

Die Deutsche Börse hat viele Jahre dafür geworben, dass chinesische Unternehmen in Frankfurt an die Börse gehen. Zahlreiche Firmen sind diesem Ruf gefolgt, aktuell sind im regulierten Markt 25 chinesische Unternehmen notiert. Die Hoffnung, dass sich mit der Zeit auch chinesische Schwergewichte für ein Initial Public Offering (IPO) in Frankfurt entscheiden, hat sich jedoch nicht erfüllt. Chinas führender Online-Händler Alibaba feierte am Freitag in New York den größten Börsengang aller Zeiten. Die Deutsche Börse hat deshalb bereits im Sommer 2013 entschieden, nicht mehr aktiv um Börsenkandidaten aus China zu werben.

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