Spotify, Amazon, Apple, Google Wie kreative Zerstörer die Medien-Branche aufmischen

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Börsengänge wahrscheinlich

Derzeit ist Spotify in der Poleposition. Die Schweden haben mit ihren zehn Millionen zahlenden Kunden etwa doppelt so viele wie die Nummer zwei, Deezer. Die kostenfreie Version, mit der man keine Musik offline auf dem Handy hören kann und Werbung über sich ergehen lassen muss, nutzen weitere 31 Millionen registrierte Kunden. Spotify, das bisher keine Umsatz- und Gewinnzahlen veröffentlicht, hat laut einem beteiligten Finanzinvestor 2013 seinen Umsatz aus Abos und Werbung grob auf eine Milliarde Euro verdoppelt, aber noch Verluste „in erheblichem Umfang“ geschrieben. 2012 fielen bei 435 Millionen Euro Umsatz 59 Millionen Euro Verlust an. „Der Fokus liegt auf globaler Expansion, noch nicht auf Profitabilität“, sagt der Insider. Spotify will seinen Service in diesem Jahr in 18 weiteren Ländern starten, darunter in Japan, nach den USA zweitgrößter Musikmarkt; derzeit sind es 56. Die drei Majorlabels Warner, Sony und Universal haben sich an Spotify beteiligt, auch Goldman Sachs, Fidelity und Coca-Cola sowie Multimilliardär Li Ka-Shing.

Die Streaming-Anbieter im Internet

Es gibt überraschende Profiteure des Booms. Zu ihnen gehört Peter Grundig. Seine Firma Greatech betreibt der 58-Jährige in einem unscheinbaren Wohnhaus in Mülheim/ Ruhr; dort baut er mit einer Handvoll Mitarbeitern Funksysteme zusammen. „Alles made in Germany“, sagt Grundig, der mit der fränkischen Elektronik-Dynastie weitläufig verwandt ist, „sogar die Gehäuse.“ Die kleinen schwarzen Kästchen – so groß wie eine Zigarettenschachtel – kommen an die Stereoanlage oder an aktive Lautsprecherboxen, ein kleiner Sender in den USB-Anschluss von Laptop, PC oder iPad – fertig ist die drahtlose Verbindung von der neuen Welt des Web-Streamings auf die alte der Hi-Fi-Anlage. Grundig rüstet Profis wie DJs aus. Auf Privatkunden, die mit den Audiofly genannten Kästchen ihr Spotify oder Deezer-Abo in guter Qualität auf die Stereoanlage übertragen wollen, war er gar nicht eingestellt, derzeit kann er die Nachfrage kaum befriedigen. „Normalerweise verkaufe ich knapp 1000 Stück im Jahr; jetzt kommen fast jeden Tag Anfragen für ein paar Dutzend rein.“ Sein Sohn sei gerade in Saudi-Arabien, sagt er, „für die Saudis machen wir die Gehäuse vielleicht golden statt schwarz, aber der Klang überzeugt auch die“.

Übernahmekandidaten

Fast jede Woche wird irgendwo auf der Welt ein neuer Musik- oder Film-Streamer gegründet. „Klar ist, dass nicht alle überleben werden“, sagt Burchart von Capnamic, der für seine Kunden – Vermögensverwaltungen reicher Familien, Verlage und Stiftungen – auch in Streaming-Dienste investiert, darunter in den Spotify-Konkurrenten Simfy und Video-Streamer Moving Image 24. Burchart erwartet „Übernahmen und Börsengänge“ in dem noch jungen Geschäft. US-Musik-Marktführer Pandora ging im Januar 2011 an die Börse, ist dort knapp vier Milliarden Dollar wert. In den vergangenen Tagen gab es Übernahmegerüchte: Ein großes Internet-Unternehmen wie Yahoo oder Google interessiere sich für den Streamer, heißt es.

Der Suchmaschinen-Hersteller geht weiter auf Shopping-Tour. Kaum ein Konzern akquiriert so gezielt Unternehmen, um am Ende vor allem eines zu ergattern: unsere Daten.
von Meike Lorenzen

Auch die Berliner Soundcloud sowie Deezer aus Paris gelten als heiße Kandidaten für einen Aufkauf oder einen Börsengang. Spotify wird von Investmentbankern auf bis zu elf Milliarden Dollar Börsenwert geschätzt. Google soll Ende 2013 versucht haben, die Schweden zu kaufen, scheiterte aber. Twitter soll einen Kauf von Soundcloud erwogen haben.

Spotify hat seit 2005 in sieben Finanzierungsrunden insgesamt 538 Millionen Dollar Investorengelder eingesammelt. „Das schreit alles nach Börsengang“, sagt Viva-Gründer Gorny. Oder nach einem großen Verkauf: Womöglich kauft Facebook die Schweden. Schon jetzt arbeiten die beiden Unternehmen intensiv zusammen: Kunden können sich über Facebook bei Spotify einloggen und dann die Playlisten und Aktivitäten anderer Spotify-Nutzer mit Facebook-Account nachverfolgen. „Für Facebook wäre Musik-Streaming ein interessanter Inhalt“, sagt ein Investor.

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