Starke Währung Schweden leidet unter starker Krone

Die schwedische Krone steigt und steigt und vermiest den Unternehmen das Exportgeschäft. Regierung und Notenbank wollen nicht eingreifen. Die großen Exporteure müssen sich damit arrangieren – zu Lasten der Beschäftigten.

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Lkw mit Autos von Volvo: Die schwedische Firme hat bereits tausende Stellen gestrichen. Quelle: dpa

Stockholm Die schwedische Exportwirtschaft warnt vor zusätzlichen Stellenstreichungen, wenn die Krone weiter so stark bleibt. Zentralbank und Regierung sehen dagegen keine Notwendigkeit, sich gegen die Stärke der Währung zu stemmen. Wer wird am Ende die Oberhand behalten?

Die Schwedenkrone hat seit dem Höhepunkt der weltweiten Finanzkrise im März 2009 rund 40 Prozent gegenüber dem Euro zugelegt. Dadurch verteuern sich die schwedischen Exporte in den Euroraum. Einige schwedische Unternehmen sagen, sie könnten auf dem Niveau nicht mehr kostendeckend wirtschaften.

„Dies ist ein Phänomen, das sich auf die gesamte schwedische Exportwirtschaft auswirkt“, sagt Jan Johansson, Vorstandsvorsitzender von Svenska Cellulosa, Europas größtem Hersteller von Papiertaschentüchern, in Stockholm. „Die Folge ist nun, dass wir die Kosten senken und die Mitarbeiterzahl verringern müssen, so stark wir können. Es trifft also die Beschäftigten.“

In diesem Jahr hat sich die schwedische Krone unter allen Weltwährungen mit am stärksten entwickelt, das zeigen Daten von Bloomberg. Sie stieg gegenüber dem Euro um 2,7 Prozent. Experten der Danske Bank schätzen, dass der Kurs weiter zulegen wird, da Notenbankchef Stefan Ingves und Finanzminister Anders Borg den Investoren versichert haben, sie würden sich auf keinen Währungskrieg einlassen, um die Wettbewerbsfähigkeit im Außenhandel zu stärken. Die Exportwirtschaft muss dieses Problem nun selbst lösen.

Auf Exporte entfällt die Hälfte der volkswirtschaftlichen Leistung Schwedens; 70 Prozent der Exporte gehen in europäische Länder. Die Arbeitslosigkeit in der größten skandinavischen Volkswirtschaft wird nach Angaben der Zentralbank auf 8,1 Prozent (nach 7,7 Prozent im Jahr zuvor) steigen. Zum Vergleich: Im Nachbarland Norwegen ist die Quote nur halb so hoch. Einige der größten Unternehmen des Landes haben wegen des starken Wechselkurses bereits tausende Stellen gestrichen, darunter Ericsson, der weltgrößte Netzwerkausrüster, sowie der Autobauer Volvo.


Unternehmen suchen nach alternativen Märkten

Notenbankchef Ingves verteidigt die nahezu gleichgültige Haltung der Zentralbank. Die Riksbank sei „glücklich“ mit der Stärke der Krone. Die schwedische Wirtschaft habe in der Vergangenheit gezeigt, dass sie mit ziemlich vielen Wechselkursschwankungen zurechtkomme.

Finanzminister Borg erklärte, die Regierung werde den Exporteuren helfen, mit dem schwierigen Handelsklima zurechtzukommen, in dem die Steuern gesenkt und die Infrastruktur verbessert würden.

Schweden ist von der Rezession verschont geblieben und wurde im Zuge der Schuldenkrise in der Eurozone – das Land genießt bei allen Ratingagenturen Top-Bonität – zu einem Zufluchtsort für Investoren. In der Folge stieg die Krone im August auf ein Zwölf-Jahres-Hoch zum Euro.

Die Riksbank schätzt, dass die schwedische Volkswirtschaft in diesem Jahr um 1,2 Prozent und 2014 um 2,7 Prozent wachsen wird. Die Wirtschaft in der Eurozone dagegen wird nach Prognosen der Europäischen Zentralbank (EZB) 2013 um 0,5 Prozent schrumpfen. Der Leitzins in der Eurozone liegt bei 0,75 Prozent, 25 Basispunkte niedriger als der Zins der Riksbank.

„Wir meinen, dass der Wechselkurs fundamental die Produktivität und die langfristigen Wachstumsaussichten der Volkswirtschaft widerspiegeln sollte“, sagte Borg. Die Geldpolitik sei ebenfalls wichtig, aber das sei ein Thema, bei dem die Hauptverantwortung grundsätzlich bei der Riksbank liege, ergänzte er.

Die Unternehmen müssen sich damit arrangieren. Die Papierhersteller Billerud Korsnas und Holmen kämpften damit, dass ihre in Kronen anfallenden Kosten stiegen, während die in Euro erzielten Erlöse sanken. Jetzt versuchen sie, verstärkt in Schwellenländer zu exportieren.

„Wir versuchen so schnell wie wir können, Umsatz außerhalb Europas zu erzielen“, sagte der Vorstandschef von Billerud Korsnas, Per Lindberg. „Es braucht Zeit, es geht nicht innerhalb von einem Quartal. Aber wir werden schrittweise Umsatz auf Wachstumsmärkte, vor allem in Asien, verlagern.“

Auch bei Holmen studiere man intensiv das Exportpotenzial anderer Märkte, berichtete Vorstandschef Magnus Hall. Das Unternehmen exportiert 85 Prozent seiner Waren, 90 Prozent der Ausfuhren gehen in europäische Länder.

Schwedens Handelsministerin Ewa Bjoerling hat die Großexporteure wiederholt aufgefordert, ihre Abhängigkeit von Europa zu verringern. Es würde das Land weniger anfällig für wirtschaftliche Schocks machen, argumentiert sie und möchte, dass die Unternehmen Märkte wie China, Indien und Brasilien ins Visier nehmen.

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