Stelter strategisch

Die EZB entfacht bestenfalls ein Strohfeuer

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Die EZB könnte ein Strohfeuer entfachen

Um es mit aller Deutlichkeit zu wiederholen (meine Stammleser kennen es): die Schulden sind untragbar und müssen aus der Welt geschafft werden. Entweder die Notenbanken agieren als letzte Gläubiger und monetarisieren die Schulden oder es kommt zu mehr oder weniger elegant organisierten Schuldenschnitten. Erklärt die EZB nun, im großen Stile Bankanleihen und Schulden von Bad Banks zu kaufen, wäre dies das von vielen so sehnlichst erwartete Signal, dass es ernst wird mit der Monetarisierung. Aktien wären angesichts der dann zu erwartenden deutlichen Inflation ein Muss für jedes Portfolio. Schreckt die EZB hingegen – wie zu erwarten ist - davor noch zurück, spricht viel für ein Strohfeuer. Und es spricht einiges dafür, dass die  Erholung der vergangenen Wochen dieses Strohfeuer bereits vorweg genommen hat. Dann werden die Märkte als nächstes ein dauerhaftes Siechtum in der Euro-Zone, verbunden mit deflationären Tendenzen, vorwegnehmen und die Kurse drohen zu fallen. So verquer die Logik der Börsen auch manchmal erscheint – es geht halt immer um die Erwartungen für die Zukunft.

Seit dem Jahr 2000 haben sich US-Staatsanleihen besser entwickelt als der US-Aktienmarkt. Sicherlich zurecht sehen viele Beobachter die Anleihemärkte in einer großen Blase. Das bedeutet aber nicht automatisch, dass Aktien billig sind und auch nicht, dass die Anleihekurse schon bald kollabieren müssen. Fallen wir tiefer in Rezession und Deflation, sind selbst Negativzinsen auf Anleihen solider Schuldner ein gutes Investment. Am Ende wird die Monetarisierung stehen. Bis dahin dürfte es aber noch eine Weile dauern. Realisieren dies die Finanzmärkte, dürfte der Dax nach der EZB-Entscheidung keine großen Sprünge machen. Realisieren sie es nicht, so mag es ein schönes Strohfeuer geben.

Anleger, die in Aktien übergewichtet sind, sollten dies zur Reduktion ihrer Bestände nutzen. Alle anderen sollten sich vom Medien-Hype um die EZB-Beschlüsse nicht verunsichern lassen. Mit dem hier immer wieder postulierten diversifizierten Portfolio bleiben wir für alle Szenarien gerüstet. Denn eines ist gewiss: das mit dem besten Ein- und Ausstiegspunkt ist reine Theorie. Und wie heißt es so schön: in der Theorie unterscheiden sich Praxis und Theorie nicht. In der Praxis schon.

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