Stelter strategisch

Die Fed-Entscheidung schützt nur vorgezogene Gewinne

Daniel Stelter Quelle: Presse
Daniel Stelter Unternehmensberater, Gründer Beyond the Obvious, Kolumnist Zur Kolumnen-Übersicht: Stelter strategisch

Tiefe Zinsen sollten die Wirtschaft ankurbeln, haben aber nur die Finanzmärkte aufgebläht. Kein Wunder, dass die Notenbanken davor zurückschrecken, die Blase, die sie aufgepumpt haben, zum Platzen zu bringen.

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Sicherheitsbeamter vor einem Bilder der US-Notenbank Federal Reserve Quelle: REUTERS

Nun hat die Fed doch die Mahnungen erhört und die Zinsen nicht angehoben. Fast schon verzweifelt waren die Rufe aus den Finanzmärkten, doch bitte nicht an der Zinsschraube zu drehen. Zu schwach sei die Erholung, zu groß die Risiken.

Bekanntlich bin auch ich der Überzeugung, dass es nicht gut um die Weltwirtschaft steht und nur noch mehr, noch billigeres Geld unser Ponzi-Schema eine Runde weiter bringt – allerdings zum Preis weitaus größerer Probleme morgen. Das Jammern der Kapitalmärkte hat aber einen noch profaneren Grund: es geht um die Sicherung der erzielten Gewinne. Denn – anders als die Realwirtschaft – haben sich die Finanzmärkte seit 2009 prächtig entwickelt. Mit fast allen Assetklassen konnte man schöne Gewinne realisieren. Sonderlich intelligent musste man sich dabei nicht anstellen.

Notenbanken haben zukünftige Erträge in die Gegenwart geholt

Das verwundert zunächst, ist doch ein Umfeld von geringem Wachstum, schwachen Produktivitätsfortschritten, stagnierender bzw. schrumpfender Erwerbsbevölkerung und hoher Verschuldung per Definition auch ein Umfeld geringer Kapitalerträge. Trotzdem sind alle Finanzassets zur "Perfektion" bepreist. Es gibt nicht mehr viel Luft nach oben.

Wir müssen uns immer in Erinnerung rufen, dass die Notenbanken alles daran gesetzt haben, zukünftige Erträge in die Gegenwart zu holen. Mit diesem Wohlstandseffekt sollte der Konsum angeregt werden und damit am Ende die Realwirtschaft. Dass die Sparneigung mit steigendem Einkommen und Vermögen höher ist und damit der Nachfrageeffekt geringer, wurde geflissentlich übersehen.

Unabhängig davon ist auch der Vermögenseffekt endlich. Wenn alle zukünftigen Gewinne bereits vorweggenommen wurden, bleibt einfach nicht mehr viel übrig. Wie beim Konsum auf Kredit kommt auch beim Wohlstandseffekt irgendwann der Zeitpunkt, an dem zurück gezahlt werden muss. Die Frage ist nur, gelingt es diesen Prozess über einen längeren Zeitraum zu strecken oder kommt es zu einer drastischen Anpassung?

Die Vermögenswerte, die in den letzten sieben Jahren am stärksten gestiegen sind, haben etwas gemein: sie haben relativ sicher vorhersagbare Cash Flows, also Erträge. Anleihen, Aktien, Immobilien aber auch Private Equity und Venture Capital – bei letzteren sind die Cash Flows allerdings nicht so sicher – waren die großen Gewinner dieser Entwicklung. Ausnahme waren die Rohstoffe, die unter den Folgen der massiven Überinvestitionen im Zuge des schuldenfinanzierten Booms in China leiden.

Je länger der Zeithorizont, über den die Erträge zu erwarten sind, desto größer die Kursgewinne. Dies liegt an der Wirkung der tieferen Zinsen bei der Bewertung von künftigen Cash-flows. Je tiefer der Zins, desto größer ist der Gegenwartswert der Erträge die erst in weiter Zukunft anfallen.

Das Problem ist jedoch, dass fallende Zinssätze zwar den heutigen Wert dieser Assets erhöhen, nicht jedoch die entsprechenden zukünftigen Cash-flows. Wir zahlen einfach mehr für etwas, was es schon gibt. Konsequenter Weise fallen damit jedoch die für die Zukunft zu erwartenden Renditen dieser Vermögenswerten und zwar genau in der Höhe der schon realisierten Gewinne. Der heutige Wert der Assets ist gestiegen, nicht jedoch der zukünftige.

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