Stelter strategisch

Die EZB ist noch lange nicht am Ende

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Konjunkturprogramme lösen Grundproblem nicht

Wie immer kann man auch hiervon als Investor profitieren. Konjunkturprogramme nutzen erfahrungsgemäß Infrastruktur- und Baufirmen und mit etwas Abstrichen dem Konsumgütersektor. Werden die Maßnahmen mit einem bestimmten politischen Ziel verknüpft, wie zum Beispiel dem Umweltschutz (zum Beispiel Elektromobilität) oder der Digitalisierung (etwa Breitbandnetze), ergeben sich wunderbare Sonderkonjunkturen, auf die es sich immer noch lohnt aufzuspringen, wenn sie verkündet werden. Um das ganze vor dem Wähler zu verstecken, tippe ich darauf, dass sich Brüssel direkt Geld leihen wird, und die EZB zeichnet dann einfach die 100jährige Negativzins-Anleihe von Herrn Juncker.

Banken: Erst Rally, dann Realwirtschaft

Da solche Konjunkturprogramme jedoch das Grundproblem nicht lösen, wird Europa auch dann – wie Japan in den vergangenen Jahrzehnten – in einer Stagnation verharren, vor allem auch angesichts der demografischen Entwicklung. Deshalb wird die EZB den Banken helfen, ihre Bilanzen zu bereinigen. Zum Beispiel indem sie staatlich garantierte (ja, was ist so eine Garantie schon wert....) Asset Backed Securities kauft, deren „Asset“ der Restmüll der Banken ist. Zu diesem Zeitpunkt wird es sich lohnen, die Rally in den Bankwerten mitzunehmen. Langfristig gehören Banken dennoch nicht in das Depot, werden sie doch zu dem zurückgestutzt, was sie eigentlich sind: zu Versorgern und Dienern der Realwirtschaft. Überkapazitäten und technologischer Wandel (Fintechs) tun ein weiteres.

Um Pensionsfonds- und Lebensversicherungen bei der beabsichtigten Inflationierung nicht völlig unter die Räder kommen zu lassen, wäre es dringend geboten, die Regulierung zu ändern. Da die EZB ohnehin die Staatsanleihen aufkauft, ist es zur Sicherung der Staatsfinanzierung nicht mehr erforderlich die Versicherungen in diese Anlageklasse zu zwingen. Stattdessen sollten Versicherungen massiv in Sachwerte diversifizieren. Jedes Signal einer Regulierungsänderung sollte auch hier für eine deutliche Outperformance sorgen.

Am Ende Annullierung der Staatschulden

Doch machen wir uns nichts vor. Nur durch  Beseitigung der faulen Schulden endet die Dauerkrise. Deshalb steht am Ende das große monetäre Experiment: die Annullierung der Staatsschulden auf den Bilanzen der Notenbanken. Es kann gut sein, dass noch Jahre vergehen, bis es soweit ist. Es wird spannend sein zu sehen, ob die Optimisten dann Recht behalten, die mit Blick auf die Tatsache, dass das Geld ja bereits im Umlauf ist, keine Inflation erwarten. Oder ob die Pessimisten (denen ich mich zurechne), die eine massive Inflation aufgrund eines weitgehenden Vertrauensverlustes in Geld erwarten, richtig liegen.

Für den Investor ist aber klar: der Krieg gegen Vermögen und Ersparnisse ist im vollem Gange. Natürlich kann man mit der einen oder anderen Spekulation von den Maßnahmen der Notenbanken und Staaten profitieren. Am Ende geht es aber um Vermögenserhalt. Deshalb erneut mein Appell: diversifizieren, global anlegen und nicht nur vor Ort und vor allem Gold. An dieser Stelle immer wieder empfohlen, bleibt Gold die ultimative Währung und Versicherung. Verglichen mit den Bilanzsummen der Notenbanken ist es immer noch recht preiswert. Trotz der Rally seit Jahresanfang.

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