Nun sind die Forderungen der Banken längst nicht mehr so werthaltig, wie ursprünglich gedacht. Übersetzt bedeutet dies, dass das Bankensystem als Ganzes bei normalen Zinsen und einer ordnungsgemäßen Bewertung der Forderungen insolvent wäre. Hierin liegt der eigentliche Grund für die tiefen Zinsen. Sie helfen den Banken die Illusion aufrecht zu erhalten, die Forderungen seien noch werthaltig. Knapp gesagt: Zombie-Banken stützen Zombie-Schuldner.
Damit kommt naturgemäß auch die Kreditschöpfungsmaschine ins Stocken. Diejenigen, die schon Schulden haben, können nicht mehr Schulden verkraften. Diejenigen, die noch Verschuldungskapazität haben, nutzen diese nicht angesichts der unsicheren Wirtschaftsaussichten. Und die Banken können keine weiteren Kredite vergeben, weil sie eigentlich insolvent sind. Deshalb wächst die Kreditvergabe langsamer als in den Jahren bis 2007.
Ausnahme Deutschland
Wir in Deutschland sind die Ausnahme, weil bei uns noch genügend Verschuldungskapazität und -bereitschaft vorhanden ist. Die vielen Ersparnisse sind dabei nichts anderes als das Spiegelbild der Schulden des Auslands bei uns. Von Schulden, die eigentlich nicht mehr bedient werden können.
Natürlich spielt die EZB eine wichtige Rolle dabei, die Zinsen unten zu halten. Sie hilft den Banken dadurch, dass sie die Zinsen für vermeintlich risikofreie Anlagen so tief drückt, dass es zu keiner Flucht aus dem Bankensystem kommt. Doch auch ohne EZB würde das Bankensystem die Zinsen nach unten manipulieren. So können die Banken ihren Zombie-Status verfestigen und darauf hoffen, dass das Problem sich mit der Zeit löst. Ein Blick nach Japan zeigt uns, dass diese Hoffnung trügen dürfte!
Kritiker der EZB, wie Torsten Polleit an dieser Stelle, fordern eine Abkehr von der Politik des billigen Geldes der EZB. Doch sie verweigern eine klare Antwort bezüglich der Konsequenzen: „Das wäre zweifelsohne ein schmerzlicher Prozess für die Verschuldeten und alle sonstigen Schuldgeldprofiteure“ schreibt er lapidar.
Es wäre eine große Depression, vergleichbar mit den 1930er Jahren, ist die wahre Antwort. Nur wenn Schulden und Forderungen im gleichen Maße reduziert werden, können wir zu normalen Zinsen zurückkehren. Da der politische Wille dazu fehlt, müssen wir uns noch auf viele Jahre tiefer Zinsen einstellen. Ursache sind nicht zu viele Ersparnisse, sondern zu viele faule Schulden.
Das sagen Ökonomen zur EZB-Entscheidung
"Die Beschleunigung der Anleihekäufe unter dem 'Quantitative Easing' erhöht die Dosis des Gifts. Die Notenbanken werden zu den größten Gläubigern ihrer Staaten, das ankaufbare Material wird immer knapper. Die Maßnahmen sind Ausdruck einer verzweifelten Suche der EZB nach immer mehr Stimulanz für die Märkte. Dabei sind diese gar nicht mehr nötig. Besser wäre gewesen, erst die Wirkung der ohnehin schon expansiven Schritte vom Dezember abzuwarten."
"Die EZB-Entscheidung stellt die Banken auch in Zukunft vor massive Probleme und ist ein Risiko für die Finanzmarktstabilität in Europa. Gerade die kleinen und mittelgroßen Banken sowie Sparkassen, die von Fristentransformationen leben, werden durch die Entscheidung benachteiligt. Sie werden in Zukunft Probleme haben, profitabel zu arbeiten. Zudem ist nicht klar, ob die Strategie der EZB aufgeht. Die Banken könnten gezwungen sein, die Zinsen zu erhöhen, um profitabel zu arbeiten. Dies würde der Strategie der EZB widersprechen. Es ist unwahrscheinlich, dass die Maßnahmen der EZB mittelfristig zu nachhaltigem Wachstum führen."
"Die Kritik an der Linie der Notenbank sollte nicht überzogen werden. Denn solange für deutsche Finanzanlagen eine Sicherheitsprämie gezahlt wird, ist das extrem niedrige Zinsniveau hierzulande eben auch und vor allem ein Ergebnis der hohen Unsicherheit über die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Europa."
"Das ist eine gute Nachricht für die Börsianer und für die Schuldenländer im Süden. Für die deutsche Bevölkerung ist das katastrophal. Die Sparer werden enteignet. Das ist eine gigantische Umverteilung von Norden nach Süden. Politisch birgt das einen großen Sprengsatz, wenn man das mit der Flüchtlingskrise zusammentut. Das ist brandgefährlich.
Im Ergebnis wird das nichts bringen. Man lullt die Schuldenstaaten ein. Sie machen keine Reformen, die Produktivität steigt nicht. Nord und Süd driften so noch weiter auseinander. Die deutschen Exporteure können vielleicht kurzfristig ein bisschen profitieren, weil der Euro weiter geschwächt wird. Auf der anderen Seite ist es aber schlecht für die Importeure."
"Die EZB hat die von ihr selbst geschürten Erwartungen noch übertroffen und den geldpolitischen Expansionsgrad mit zahlreichen Instrumenten weiter ausgeweitet. Allerdings ist dies nicht positiv zu beurteilen. Sobald die Kapitalmärkte etwas mehr Volatilität zeigen, 'verspricht' Mario Draghi, dass er 'etwas tun werde'. Die EZB 'tut' tatsächlich sehr viel. Aber es ist nicht Aufgabe der EZB, für dauerhaft steigende Kurse zu sorgen. Auch bewegt sich die EZB mittlerweile außerhalb ihres Mandats. Die Grenzen zur direkten Staatsfinanzierung werden fließend. Die Entscheidung von heute war ein weiterer Schritt in die falsche Richtung."
"Die EZB hat mit der Verkündung ihrer Maßnahmen massiv überrascht und im Prinzip alles auf den Markt geworfen, was sie kann. Dabei geht sie technische und politische Risiken ein. Mit diesen Maßnahmen nimmt die EZB in Kauf, Marktblasen zu erzeugen, wenn die Liquidität in der blutleeren konjunkturellen Entwicklung nicht in die Realwirtschaft findet."
"Die heute vom EZB-Rat beschlossenen Maßnahmen zur Ausweitung der Liquidität werden nicht die gewünschte Wirkung zeigen. Noch mehr billiges Geld und noch niedrigere Zinsen führen nicht zu mehr Investitionen. Im Gegenteil: Die bizarre Welt der negativen Zinsen verunsichert Unternehmen und Verbraucher, belastet die Altersvorsorge und erhöht die Anreize zur Verschuldung, sowohl der Unternehmen und Privathaushalte, als auch der Staaten. Ohnehin malt die EZB mit ihrer Konjunktureinschätzung unnötig schwarz."
"Die EZB sendet mit ihrer Entscheidung ein starkes Signal, dass sie alle ihre Instrumente entschieden nutzen wird, um ihrem Mandat der Preisstabilität wieder gerecht zu werden. Die weitere Expansion der Geldpolitik ist massiv und überraschend. Das anhaltende Risiko der Deflation und die sich abschwächende europäische Wirtschaft lassen der EZB keine andere Wahl, als ihre Geldpolitik weiter zu lockern. Es sollte nicht vergessen werden - bei allen Sorgen in Deutschland über die Nebenwirkungen der expansiven Geldpolitik -, dass es Aufgabe der EZB ist, Geldpolitik für die Eurozone und nicht nur für Deutschland zu machen. Die Entscheidung der EZB bedeutet eine noch längere Phase der Nullzinspolitik in Europa."
"Die EZB hat sich noch tiefer in die Sackgasse manövriert. Mit größter Sorge sieht die Versicherungswirtschaft, dass die Notenbank ihre schon extrem expansive Geldpolitik noch weiter signifikant gelockert hat. Denn immer mehr Anzeichen deuten darauf hin, dass diese monetären Anreize ihr Ziel nicht erreichen. Besonders deutlich wurde das seit Jahresbeginn auf den Aktienmärkten oder beim Euro-Wechselkurs, wo Verluste beziehungsweise eine Aufwertung im krassen Gegensatz zur Haltung der Geldpolitik standen.
Schlimmer noch: Mittlerweile ist sogar zu befürchten, dass diese unorthodoxe Geldpolitik das Gegenteil von dem bewirkt, was eigentlich beabsichtigt ist - nämlich mehr Wachstum und eine höhere Inflation. Die Notenbank läuft daher zunehmend Gefahr, von den Risiken und Nebenwirkungen ihres Tuns eingeholt zu werden."
"Doktor Draghi hat die Dosis deutlich erhöht. Wie von uns befürchtet, hat er die Geldpolitik der EZB leider deutlicher gelockert als die meisten erwartet hatten. Diese Geldpolitik wird kaum in der Realwirtschaft ankommen. Denn die Nebenwirkungen sind massiv. Das Produktivitätswachstum lässt nach, weil auch unrentable Investitionen wegen der niedrigen Zinsen attraktiv erscheinen. Es steigt das Risiko, dass es in Deutschland am Immobilienmarkt zu Überhitzungen kommt. Außerdem wird der Anreiz für Euro-Länder gesenkt, notwendige Reformen durchzusetzen. Alles in allem verschlechtert diese lockere Geldpolitik langfristig die Rahmenbedingungen für die Unternehmen, so dass sie sich heute schon zurückhalten. Die Medizin wird nicht wirken, auch wenn man die Dosis erhöht."
"Die EZB hat heute abermals ein umfangreiches Maßnahmenbündel auf den Weg gebracht und setzt ihren immer expansiveren Kurs fort. So wurden die Zinssätze zurückgenommen und die QE-Maßnahmen ausgeweitet. Wir gehen davon aus, dass eine Abkehr von diesem Pfad - zumindest bis auf weiteres - nicht in Sicht ist."
"Es handelt sich um eine weitere massive geldpolitische Lockerung. Angesichts der bisherigen Erfahrungen mit QE (geldpolitische Lockerung) halte ich es für unwahrscheinlich, dass die Ausweitung der Anleihekäufe die Inflation nachhaltig erhöhen wird. Der Markt für Unternehmensanleihen ist in Europa zu klein, als dass sich aus deren Einbeziehung ein großer Effekt ergeben dürfte. Gleichzeitig setzt die weitere Senkung der Einlagenzinsen die Erträge der Banken noch stärker unter Druck.
Ich halte Instrumente wie die langfristigen Kreditlinien (TLTROs), die direkt an der Kreditvergabe ansetzen, für sinnvoller als den weiteren Ankauf von Anleihen. Allerdings hängt auch hier die Wirksamkeit davon ab, ob es überhaupt eine Kreditnachfrage gibt, die zu befriedigen ist."
"Die EZB beschleunigt ihre geldpolitische Irrfahrt. Die heutige Zinsentscheidung der EZB verstärkt den Abwärtsstrudel für die Sparer. Langfristige Altersvorsorgekonzepte werden ebenso entwertet, wie zinsabhängige Institute in risikoreichere Geschäfte gedrängt werden. Es ist absolut unnötig, die deutsche Kreditwirtschaft zu einer umfangreicheren Kreditvergabe zu nötigen."
"Mit ihren heute verkündeten Maßnahmen ist die EZB ihrem monetären Kurs extrem treu geblieben. Allerdings zeugt das große Bündel an Maßnahmen von einer enormen Nervosität seitens der obersten Währungshüter. Denn auch sie müssen sich eingestehen, dass ihre Geldpolitik bislang die Wirkung verfehlt hat. Die Bilanz ist ernüchternd: So ist es der EZB nicht einmal gelungen, die am leichtesten von ihr zu beeinflussenden Indikatoren in die gewünschte Richtung zu drehen."
"Es ist vollkommen unnötig, dass die Europäische Zentralbank (EZB) den Geldhahn heute noch weiter aufgedreht hat. Die Notenbank überzeichnet die Deflationsrisiken. Der Geldmarkt im Euro-Raum ist durch die EZB-Politik faktisch stillgelegt. Wirtschaftsreformen sowie die Sanierung von Bankbilanzen werden verschleppt. Doch auf all diesen Feldern hat die EZB heute noch einmal eine Schippe draufgelegt."
Die heutige Entscheidung der europäischen Zentralbank, den Leitzins auf Null Prozent zu senken, hat gravierende Folgen für sämtliche Formen der kapitalgedeckten Vorsorge. Nach Ansicht des Bund der Versicherten e. V. (BdV) steht die private Versicherungswirtschaft vor einem Wendepunkt. Alle Formen der privaten Vorsorge basieren darauf, dass an den Kapitalmärkten Zinsen erwirtschaftet werden können. „Sowohl die private Krankenversicherung als auch die private Altersvorsorge haben bei dauerhaftem Null-Zins keine Zukunft“, erklärt Axel Kleinlein, Vorstandssprecher des BdV.
Was tun also als Investor? Strategisch – gerade auch mit Blick auf die Eiszeit mit zunehmender Unfallgefahr und Volatilität – bleibt es bei unserem Standardportfolio aus Cash, Qualitätsaktien, Immobilien und physischem Gold. Taktisch lässt man natürlich die Finger von Banken in jeder Form. Wer darauf setzt, dass die Notenbanken uns weiter helfen, den Weg der japanischen Zombifizierung zu gehen, ist mit Langläufern der USA gut bedient. Diese bringen zur Zeit mehr als die italienischen Pendants. Was daran liegt, dass die USA in der Tat weniger "geleveraged" sind als Europa. Noch.