TecDax-Aktie RIB verliert über 300 Millionen Euro Börsenwert

RIB verliert an Börsenwert Quelle: imago images

Das Stuttgarter Softwarehaus will neue Aktien emittieren – deutlich unterhalb des Marktpreises. Der Anteilsschein bricht daraufhin heute um mehr als ein Fünftel ein.

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Mit dieser Nachricht hat das Stuttgarter TecDax-Unternehmen RIB Software Anleger offenbar vollkommen überrascht. Gestern nach Börsenschluss gab es bekannt, bis zu 4,7 Millionen neue Aktien emittieren zu wollen. Kaufen sollen institutionelle Investoren, Altaktionäre haben kein Bezugsrecht für neue Aktien. Die Nachricht kam aus dem Nichts, weil RIB im jüngsten Quartalsbericht noch 148 Millionen Euro Barreserven ausgewiesen hatte. Das entsprach knapp 42 Prozent der Bilanzsumme. Auch die Eigenkapitalquote der Stuttgarter liegt seit Jahren jenseits von 80 Prozent und bietet vordergründig keinen Anlass, durch Ausgabe neuer Aktien Eigenmittel zu beschaffen. 

Dass nun trotz der prall gefüllten Kasse frisches Geld her muss, erklären die Stuttgarter mit Investitionen in die Cloud-Infrastruktur. Weil die diese Ausgaben stemmen und gleichzeitig mindestens 100 Millionen Euro bar vorhalten wolle, um das Image als „glaubwürdige, zuverlässige und langfristige Technologieanbieterin“ zu unterstreichen. Die neuen Investoren konnte RIB damit offenbar nicht restlos überzeugen. Denn die waren lediglich bereit, 28 Euro je neuer Aktie zu bezahlen und bescherten RIB so immerhin noch Bruttoerlöse von 131 Millionen Euro. Noch zu Wochenbeginn hatte der Börsenkurs aber bei 36 Euro gelegen. Einen so deutlichen Abschlag bei einer Kapitalerhöhung hinzunehmen, ist ungewöhnlich. 

Entsprechend heftig fiel die Reaktion des Kapitalmarkts heute aus. Die im TecDax notierte Aktie verlor in der Spitze 23 Prozent, über 300 Millionen Euro Börsenwert sind futsch. Die Skepsis vieler Aktionäre erklärt sich wohl auch aus der Historie von RIB. Denn die aktuelle Kapitalerhöhung ist bereits die dritte binnen vier Jahren. Und das, obwohl das Unternehmen stets hervorragende Bilanzkennzahlen auswies und eigentlich kein Geld zu brauchen schien. 

Bereits 2014 und 2015 nahmen die Stuttgarter zweimal je 48 Millionen Euro von Anlegern ein. Das Geld sollte in die eigene Bausoftware iTWO und die internationale Expansion gesteckt werden. Doch die einzige große Investition blieb bisher ein umstrittenes Joint Venture auf den Cayman Islands. Im Gegenteil: Statt das Geld in Zukäufe oder die eigene Software zu stecken, haben die Stuttgarter im Jahr 2016, nur ein gutes halbes Jahr nachdem sie mit neuen Aktien weitere 48 Millionen Euro eingenommen hatten, damit begonnen, eigene Anteilsscheine über die Börse wieder zurückzukaufen. Dieses seltsame Hin und Her findet nun mit der neuerlichen Volte seine Fortsetzung. 

Eine wichtige Rolle spielt dabei die Hamburger Privatbank Berenberg. Sie hatte bereits die beiden Kapitalerhöhungen 2014 und 2015 federführend begleitet. Auch bei der nun abgeschlossenen Transaktion waren die Hamburger die verantwortliche Bank. Pikant: Berenberg veröffentlicht auch Analysteneinschätzungen zur RIB-Aktie. Erst am vergangenen Montag hatte der Berenberg-Analyst Gal Munda das Kursziel der Aktie massiv erhöht, von 28 auf 40 Euro. Drei Tage später dann kam die Kapitalerhöhung und nun der Kursabsturz. Ob die Aktie, die in den vergangenen Wochen gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis einer der teuersten Titel des TecDax war, solche Ziele in Zukunft wieder rechtfertigen kann, ist nach dem Kurssturz von heute zumindest infrage gestellt. 

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