Totalverlust mit Kryptowährung Britische Finanzaufsicht warnt vor Bitcoin-Derivaten

Die Kursrally beim Bitcoin verführt zur Spekulation: Immer mehr Anleger wetten mit Derivaten auf die stark schwankenden Kurse von Kryptowährungen. Dabei könnten sie alles verlieren, warnt die britische Finanzaufsicht.

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Bitcoin-News: Neuste Nachrichten von heute zur Kryptowährung Quelle: Photographer's Choice/Getty Images

Düsseldorf/Frankfurt Kryptowährungen werden unter Anlegern immer beliebter – was auch an den auf den ersten Blick unglaublichen Kursgewinnen liegt. Der Kurs der wichtigsten Digitalwährung Bitcoin zum Beispiel stieg von knapp 250 Dollar Ende 2015 auf zuletzt rund 5800 Dollar. Zahlreiche Privatanleger hoffen, von den Kurssprüngen zu profitieren – und setzen dabei auch auf hochspekulative Derivate, sogenannte Differenzkontrakte (CFDs).

Online-Broker haben die Nachfrage erkannt. So bietet der größte britische Online-Anbieter IG Group zahlreiche Differenzkontrakte auf den Bitcoin und die Digitalwährung Ethereum an. Auch der Anbieter CMC Markets überprüft gerade, in den kommenden Monaten Krypto-Derivate aufzulegen. Andere Broker haben im Lauf des Sommers bereits CFDs auf Bitcoin und Co. aufgesetzt.

Die Differenzkontrakte auf die hochvolatilen Kryptowährungen haben nun die Aufmerksamkeit der britischen Finanzaufsicht FCA erregt. Das berichtet die „Financial Times“. „Wir sind besorgt über das Wachstum des CFD-Handels durch Anleger, insbesondere bei jenen, die als Asset eine Kryptowährung abbilden“, erklärte die Behörde demnach. „Die Preisvolatilität des Assets bringt ein signifikantes Risiko für Privatanleger mit sich.“

CFD-Investoren geht es meist nicht um die langfristige Anlage von Vermögen, sondern darum, in kurzer Zeit viel Geld zu gewinnen. Ähnlich wie bei anderen Hebelprodukten wie Optionsscheinen kann man damit Kursbewegungen an den Finanzmärkten überproportional in Depotgewinne ummünzen und auch auf sinkende Notierungen setzen. Üblich sind Wetten auf Basiswerte wie Börsenindizes, Aktien, Rohstoffe oder Währungen. CFD zählen aber nicht zu herkömmlichen, über Börsen handelbare Wertpapieren, sondern sind Geschäfte, die direkt mit einem CFD-Broker abgewickelt werden. Dazu eröffnen Anleger beim CFD-Anbieter ein Konto, auf das sie Geld einzahlen.

Investieren sie in einen Differenzkontrakt, kommt die Hebelwirkung durch einen Kredit zustande, den der CFD-Anbieter seinen Kunden gewährt. Statt des gesamten Preises für den Basiswert müssen sie lediglich eine Sicherheitsleistung – „Margin“ genannt – hinterlegen. Die liegt oft bei wenigen Prozent des eigentlichen Preises. Die Folge: Anleger können mit ihrem Geld ein wesentlich größeres Kapitalvolumen bewegen.

Müssen etwa nur fünf Prozent Margin hinterlegt werden, beträgt der Hebel 20. Bei einem Prozent sogar 100. Kostet dann zum Beispiel das erworbene Aktien-Paket 500.000 Euro, muss der CFD-Investor nur 5000 Euro als Einsatz beisteuern. Den Rest finanziert der CFD-Broker. Steigt die Aktien-Position im Beispiel um ein Prozent, macht der Anleger also hundert Prozent Gewinn. Aus den 5.000 Euro werden dann 10.000 Euro. Erfüllt sich die Markterwartung des CFD-Spekulanten jedoch nicht, kann es zu extremen Verlusten kommen: Rutscht der Aktien-Kurs um ein Prozent, ist der gesamte Einsatz futsch.


So schätzt die Deutsche Aufsichtsbehörde die Lage ein

Wer statt auf Aktien auf Kryptowährungen spekuliert, geht bei Differenzkontrakten ein extrem hohes Risiko ein. Schließlich schwanken die Kurse von Bitcoin und Co. besonders stark. Wie heftig die Kursbewegungen sein können, zeigt das Auf und Ab des Bitcoins im September: Sein Preis fiel um ein Fünftel, nachdem sich Top-Banker wie JP-Morgan-Chef Jamie Dimon und UBS-Verwaltungsratspräsident Axel Weber kritisch zu der Digitalwährung geäußert hatten.

Nicht nur in Großbritannien sehen die Aufseher die Spekulation auf Digitalwährungen kritisch. Auch die zypriotische Finanzaufsicht CySEC hat eine Warnung vor Krypto-Derivaten veröffentlicht. Die Produkte bringen demnach „ein hohes Risiko“ mit sich, „alles eingesetzte Kapital“ zu verlieren. Auf der Mittelmeerinsel sind viele Online-Derivatehändler registriert.

In Deutschland gibt es bisher keine Warnung der Aufsichtsbehörden. Diese tun sich beim Umgang mit Kryptowährungen schwer. Während sich etwa die Schweizer Finanzaufsicht Finma wiederholt zu den Währungen geäußert hat, ist in Deutschland lediglich Bundesbank-Vorstand Carl-Ludwig Thiele als Warner aufgetreten.

Immerhin hat die Finanzaufsicht Bafin seit August den Vertrieb der riskantesten CFDs an Privatanleger in Deutschland verboten. Dabei handelt es sich um Varianten mit einer „Nachschusspflicht“. Hier sind selbst nach einem Totalverlust des Geldeinsatzes noch weitere Vermögenseinbußen möglich. Denn solange der Investor nicht die Notbremse zieht und seine Wette stoppt, muss er immer mehr Geld nachschießen. Fällt der Aktienkurs im obigen Beispiel um fünf Prozent, lösen sich nicht nur die eingesetzten 5000 Euro in Luft auf, der Anleger schuldet dem Broker darüber hinaus noch 20.000 Euro. „In CFDs mit Nachschusspflicht zu investieren ist wie Glücksspiel“, hatte Bafin-Exekutivdirektorin Elisabeth Roegele das im Mai beschlossene Verbot begründet.

Global stehen neben den Differenzkontrakten vor allem die sogenannten Krypto-Börsengänge im Fokus der Aufseher. Anfang September hatte die chinesische Zentralbank solche ICOs für illegal erklärt. Dabei geben digitale Start-ups ihren Anlegern keine Aktien aus, sondern lediglich Gutscheine, die eine Beteiligung an möglichen künftigen Gewinnen versprechen. Auf dem Markt tummeln sich viele Betrüger, so die Befürchtung der Aufsichtsbehörden. Südkorea zog nach, auch in der Schweiz und in Russland wollen die Regulierer stärker eingreifen.

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