Trump-Unsicherheit Anleger schrecken vor US-Aktien zurück

US-Fonds spüren mit hohen Abflüssen die Nervosität der Investoren wegen der politischen Unsicherheit und den hohen Bewertungen der Papiere. Auch Hochzinsanleihen sind betroffen.

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Kapitalabflüsse haben die laufende Woche geprägt. Quelle: dapd

New York Wie ein Krimi spielt sich der Streit um Obamacare ab, die Gesundheitsreform des Vorgängers von US-Präsident Donald Trump. Der Präsident drängt und droht, setzt quasi ein Ultimatum. Seine republikanischen Parteifreunde im Parlament zögern, weil sie Tausende von Anrufen besorgter Bürger erhalten, die ihren Versicherungsschutz nicht verlieren wollen.

Aus Sicht von Anlegern ist es ein schlechter Krimi. Sie haben auf den neuen Präsidenten gesetzt – sogar solche, die mit vielen Facetten seiner Politik gar nicht einverstanden sind. Weniger Auflagen für die Industrie, niedrigere Steuern, bessere Infrastruktur: Diese Themen haben seit der Wahl 100 Milliarden Dollar zusätzlich in Fonds mit US-Aktien gespült. Aber allein in den sieben Tagen bis Mitte der Woche sind davon neun Milliarden wieder abgeflossen, wie die „Financial Times“ unter Berufung auf den Datenanbieter EPFR schreibt. Es handelt sich um den größten Verlust dieser Art seit dem Brexit, dem Entschluss der Briten, die Europäische Union zu verlassen. Großbanken wie Bank of America (BofA) registrieren schon seit mehreren Wochen den Rückzug der Kunden aus Aktien.

Die hohen Bewertungen der Papiere, auch die Unsicherheit über den künftigen Kurs der US-Notenbank (Fed), vor allem aber das politische Theater in Washington verunsichern die Anleger. Das geht über den Aktienbereich hinaus. Die Risikoaufschläge für Hochzinsanleihen, die 2016 bis Anfang 2017 dramatisch auf fast 3,5 Prozentpunkte geschrumpft waren, haben sich zuletzt wieder auf über vier Prozentpunkte erhöht, wie ein Blick auf den entsprechenden Index von BofA Merrill Lynch zeigt. Diese Spreads zeigen an, wie viel mehr an Rendite Anleger bei Anleihen niedriger Bonität im Vergleich mit US-Staatsanleihen bekommen. Diese Anlageklasse bewegt sich häufig ähnlich wie Aktien.

Die hohe Abhängigkeit der Börsen ist auch für Analysten ein Problem. Statt wie gewohnt mit dem Blick auf Kennzahlen und große, wirtschaftliche Trends zurecht zu kommen, sind sie jetzt auf die Analyse politischer Vorgänge angewiesen. Goldman Sachs hatte vor einigen Wochen vorausgesagt, dass der breite US-Aktienindex Standard & Poor’s sich zunächst auf 2400 Punkte erhöhen und dann wieder auf 2300 fallen wird. Bisher liegen die Analysten dort damit ganz gut. Barclays rät in einer neuen Studie, nicht zu vorsichtig zu sein. „Das Hauptproblem sind die erhöhten Bewertungen“, heißt es, „aber sie haben nach unserer Meinung bisher kein Niveau erreicht, das einen Rückzug aus Risiken nahelegt“. Die Experten empfehlen „ein leichtes Übergewicht“ von Aktien gegenüber Anleihen. Ähnlich wie die meisten Experten bevorzugen sie jetzt aber Aktien aus Europa und Schwellenländern gegenüber den teuren US-Papieren.

Die Investoren werden weiter den Washington-Krimi verfolgen. Sollte Trump seine Pläne mit Obamacare durchbringen, wäre das ein Aufatmen an der Börse wert. Aber es sind auch andere Überraschungen möglich. Wenn er etwa, wie angedroht, die Rücknahme von Obamacare erst einmal verschiebt und sich auf andere Projekte konzentriert, könnte sich das sogar positiv auswirken . Die Anleger werden dann sehr genau beobachten, ob er sich, wie erhofft, der Steuerreform zuwendet, oder eher seine umstrittene Handelspolitik voran treibt.

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